USA in der Coronakrise Trumps Angst um die US-Wirtschaft – und seine Wiederwahl

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Ein hochriskanter Schritt

Trump hat bereits mehrere Kurswechsel hinter sich. Zunächst bemühte sich der Präsident, die Coronakrise kleinzureden. Noch vor einem Monat sagte er mit Blick auf das Virus: „Eines Tages – es ist wie ein Wunder – wird es verschwinden.“ Als der Ernst der Lage unverkennbar wurde, gab er sich dann als resoluter Krisenmanager. In einer denkwürdigen Ansprache an die Nation verkündete er unter anderem einen Einreisestopp für Menschen und Güter aus Europa. Das Weiße Haus musste danach klarstellen, dass Waren nicht betroffen sind, dass Trump nur die Schengen-Staaten meinte und dass Amerikaner weiterhin zurückkehren dürfen. Nun hat die nächste Phase begonnen: Trump will, dass die Amerikaner trotz des Virus wieder zum Alltag übergehen.

Der Präsident argumentiert, dass die Folgen der Schutzmaßnahmen verheerender würden als die Auswirkungen der Pandemie. „Diese Medizin ist schlimmer als das Problem“, sagt er am Dienstag dem Sender Fox News. „Man wird mehr Menschen verlieren, indem man das Land in eine massive Rezession oder Depression stürzt. Mehr Menschen werden sterben. Man wird Tausende Selbstmorde haben. Alles mögliche wird passieren. Man wird Instabilität haben. Man kann nicht einfach reinkommen und sagen, lasst uns die Vereinigten Staaten von Amerika schließen, das mit Abstand größte, erfolgreichste Land der Welt.“

Es ist allerdings ohne Frage ein hochriskantes Manöver: Eine Studie des Imperial College in London aus der vergangenen Woche geht von geschätzten 2,2 Millionen Toten in den USA aus, würden keinerlei Maßnahmen zur Eindämmung des Virus ergriffen. Trump argumentiert, Schutzmaßnahmen wie Händewaschen oder Abstand halten seien auch am Arbeitsplatz möglich.

Die britische Regierung hat viel zu lange damit gewartet, konsequente Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus zu ergreifen. Verschärft wird die Krise noch von Versäumnissen aus der Vergangenheit.
von Sascha Zastiral

Trump bemüht – wie zu Beginn der Krise – auch wieder fragwürdige Vergleiche mit der Grippe, inzwischen zieht er sogar Parallelen zu Verkehrstoten. Sowohl an Influenza (wogegen man sich impfen lassen kann) als auch bei Unfällen (die mit Krankheiten nichts zu tun haben) stürben viel mehr Menschen als an Covid-19, sagt er. Deswegen würden die USA aber weder ihre Geschäfte schließen, noch würden Automobilfirmen aufgefordert, die Produktion einzustellen.

Trump weiß, dass das ein umstrittener Kurs ist. Sicherlich gebe es Ärzte, die sich dafür aussprechen würden, die USA zwei Jahre lang zu schließen, sagt er. Die Vereinigten Staaten müssten aber offen für Geschäfte bleiben. „So ist dieses Land aufgebaut worden.“ Mit Blick auf Ostern schränkt der Direktor des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten, Anthony Fauci, während der täglichen Coronavirus-Pressekonferenz mit Trump in Weißen Haus am Dienstagabend allerdings diplomatisch ein: „Man kann ein Datum ins Auge fassen, aber man muss sehr flexibel sein.“

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