Auf der anderen Seite: Das alte Amerika, der konservative Süden von Texas über Kentucky bis Georgia. Hier konnte Obama teilweise nicht mal ein Drittel der Wähler überzeugen. Der Präsident gilt hier weitläufig als „Sozialist“, der die Reichen ärmer macht und die Armen reicher. Und als „Verräter“, der die USA schwächt, indem er Einwanderer ins Land lässt und die Zahl der Massenvernichtungswaffen reduziert. „Noch vier Jahre Obama und wir können uns kaum noch verteidigen“, prognostiziert Rentner Robert Donnell.
Für Obama ist die Spaltung Amerikas eine Bürde. Er hat im Süden des Landes kein Mandat für seine Politik. Das ist vor allem auch die Interpretation des US-Repräsentantenhauses, das auch nach der Neuwahl einiger Sitz in republikanischer Hand bleibt. „Für Steuererhöhungen gibt es keinen Spielraum“, erklärte Obamas alter und neuer Gegenspieler, der Vorsitzende des Hauses, John Boehner, am Mittwoch.
Obamas Notenspiegel
Obama-Bilanz von Peter Hooper, USA-Chefökonom der Deutschen Bank in New York.
Sehr gut: Irak- und Afghanistankrieg beendet; Tötung von Terroristenführer Osama Bin Laden
Gut: hätte schlimmer kommen können
Gut: Stimuluspaket, Auto-Bail-out; Notenbankpolitik der Fed zeigte 2009 positive Wirkung
Befriedigend: nicht genug aktive Arbeitsmarktpolitik
Ausreichend: zu zögerlich, mehr Umschuldungsprogramme wären nötig gewesen
Durchgefallen: nicht genug für einen Kompromiss gekämpft; Aufgabe delegiert
Der US-Präsident muss nun einzelne Konservative überzeugen, für demokratische Initiativen zu stimmen, um etwa den Staatshaushalt sanieren zu können. Sollte es keine Einigung geben, drohen am 1. Januar automatische Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen in Milliardenhöhe, die die USA wieder in eine Rezession stürzen könnten. Die Ratingagentur Fitch warnte am Mittwoch, wenn es keine Einigung gebe, würden die USA nächstes Jahr ihre Bestnote „AAA“ verlieren.
Für einige Republikaner ist das Droh-Szenario längst kein Grund, einzulenken. Mehrere Abgeordnete sind bereit, so heißt es aus der US-Hauptstadt, einen Schock an den Märkten zu riskieren, wenn dies die „Kultur des Ausgebens“ ändern könnte. „Ich würde meine Hand dafür nicht ins Feuer legen, dass Republikaner und Demokraten vor Jahresende einen Deal hinbekommen“, sagt Josef Braml, US-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.