USA Siegen lernen

Trump ist ein unpopulärer Populist. Doch Massendemos, wie derzeit landesweit stattfinden, werden den neuen US-Präsidenten Donald Trump nicht einschüchtern. Seine Gegner müssen das Erfolgsrezept der Tea-Party kopieren.

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Demonstranten marschieren am Weißen Haus in Washington vorbei: Doch Proteste gab es nicht nur in der Hauptstadt der USA. Landesweit sind einen Tag nach der Inauguration von Donald Trump zum 45. Präsidenten der USA Hundertausende Menschen auf die Straße gegangen. Quelle: Reuters

Washington Der Widerstand hat begonnen – energisch, lustig, laut und was das Wichtigste ist: friedlich. 500.000 Demonstranten in Washington, Zigtausende in New York, in Chicago und Seattle. Hier rebellieren nicht nur linke Grüppchen, die üblichen Verdächtigen aus dem autonomen Spektrum. Nein, hier macht die Mitte der Gesellschaft mobil: alt, jung, weiß, schwarz und alles, was dazwischen fällt.

Mit seiner düsterpopulistischen Antrittsrede, seinem nationalistischen Manifest, hat Donald Trump in ein Wespennest gestochen. Einen Präsidenten, der Amerika kaputt redet, will die Mehrheit des Landes nicht haben. Trump ist ein unpopulärer Populist. Für die Regierungen Europas, denen angst und bange wird, wenn sie die fremdenfeindlichen Tiraden des neuen Machthabers in Washington hören, ist das eine gute Nachricht. Der amerikanische Präsident hat zwar eine Mehrheit im Parlament, aber er führt eine Regierung ohne breites Mandat.

Und doch ist die Gefahr groß, dass der Widerstand versandet. Dass die Empörung abflaut, dass ein paralysierender Richtungsstreit ausbricht, und dass die anfängliche Motivation in Verdrossenheit und Resignation umschlägt. Massenbewegungen kommen und gehen, ihre Ziele erreichen sie oft nicht. Das Scheitern der Occupy-Bewegung muss den Trump-Gegnern eine Lehre sein. Trump hat die Früchte des Zorns auf das Establishment geerntet, nicht die Demonstranten, die aus Wut über die Gier der Banken und das „oberste ein Prozent“ durch Manhattan und Oakland gezogen sind. Occupy hatte Energie, aber kein Konzept.

Wie man Erfolg hat, zeigt dagegen die erzkonservative Tea-Party, die mit ihren hysterischen Parolen gegen Barack Obama Trumps Weg zur Macht geebnet hat. An ihr, ausgerechnet, muss sich die Trump-Opposition ein Beispiel nehmen. Den Linken erschien die Tea-Party blindwütig, doch das war eine Täuschung. Die rechten Rebellen zeichneten sich durch große strategische Raffinesse aus.

Erstens setzten sie nicht auf Großdemos in der Hauptstadt, sondern auf gezielte Protestaktionen in den Wahlkreisen der Abgeordneten, die Obama für seine progressive Agenda brauchte. Bei Bürgerfragestunden machten sie ihrem Ärger Luft – und setzten die Demokraten so viel stärker unter Druck. Kundgebungen lassen sich ignorieren, aufgebrachte Wähler nicht. „Think local“ schlägt „Think big“.

Zweitens zog die Tea-Party ihre Kraft aus ihrer Verweigerungshaltung. Nur, weil sie darauf verzichtete, eine eigene Agenda zu formulieren, und sich stattdessen damit begnügte, nein zu brüllen, gelang es ihr mit einer heterogenen Gruppe von Sozialstaatsgegnern, Rentnern und Evangelikalen eine einheitliche Front gegen Obama zu formen.

Die Tea-Party hat ihr Land nicht vorangebracht, trotzdem war sie ein Erfolg. Nach nur zwei Jahren verlor Obama seine Mehrheit im Parlament und musste sich fortan mit dem Klein-Klein administrativer Anordnungen begnügen.

Vor dem großen „Women’s March on Washington“ haben die Organisatoren der Anti-Trump-Proteste gezeigt, wie man es nicht macht. Sie luden Abtreibungsgegner aus, die sich dem Widerstand gegen Trump anschließen wollten. Das Recht, selbst über einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden zu können, ist eine wichtige Errungenschaft der Frauenbewegung, keine Frage. Doch muss es jetzt darum gehen, ein möglichst breites Bündnis zu schmieden. Nur, wenn die Trump-Gegner ihre ideologischen Differenzen überbrücken, können sie dem neuen Präsidenten die Grenzen seiner Macht aufzeigen.

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