Die USA wollen sich aus dem weltweiten Klimaschutzabkommen von Paris zurückziehen. Das gab US-Präsident Donald Trump am Donnerstag in Washington bekannt. Trump begründete die Kündigung des Weltklimavertrags mit den Kosten des Abkommens für die USA. Er erfülle mit dem Schritt ein Wahlkampfversprechen, wonach er die amerikanischen Arbeiter an erste Stelle setze. China dürfe nach dem Abkommen seine Emissionen bis 2030 weiter steigern, argumentierte er weiter. Das Abkommen sei "auf höchster Ebene ungerecht für die USA". Es gehe gar nicht um Umweltschutz, sondern darum, "dass andere Länder einen finanziellen Vorteil gegenüber den USA bekommen“, teilte Trump aus. „Dieselben Nationen, die uns bitten, im Abkommen zu bleiben, sind die Nationen, die Amerika kollektiv Milliarden kosten“.
Träten die USA nicht aus, drohten Arbeitsplatz- und Wohlstandsverluste für die amerikanische Bevölkerung. Die Wirtschaft der Vereinigten Staaten werde durch den Klimavertrag beeinträchtig. „Also ziehen wir uns zurück, aber wir werden neue Verhandlungen beginnen und sehen, ob wir einen Deal hinbekommen, der fair ist. Wenn uns das gelingt, ist das großartig. Wenn nicht, ist es auch Ok", sagte Trump.
Die USA würden trotz des Austritts aus dem Pariser Vertrag das "sauberste Land der Erde" sein, verkündete er. „Als jemand, dem die Umwelt sehr am Herzen liegt, kann ich nicht guten Gewissens einen Deal unterstützen, der die USA abstraft.“
Der Rückzug ist ein bedeutender Sieg für die Nationalisten im Weißen Haus. Trump und große Teile seiner republikanischen Partei bezweifeln, dass der Klimawandel vom Menschen beeinflusst ist. Sie halten den Klimadeal für wirtschaftlich nachteilig für die USA. Trump setzt damit die harte Linie „Amerika zuerst“ fort. Er verspricht sich davon innenpolitischen Rückenwind. Man müsse den amerikanischen Arbeiter wieder in den Mittelpunkt stellen, sagte Trump. „Wir halten uns an unsere Versprechen. Niemand wird uns in den Weg kommen.“
Obama wirft Trump vor, sich der Zukunft zu verweigern
Der Rückzug aus dem Abkommen soll am 4. November 2020 wirksam werden - das ist einen Tag nach der nächsten Präsidentenwahl in den USA.
Das ist der Klimavertrag von Paris
Es ist 25 Seiten lang und eine historische diplomatische Leistung: 195 Staaten einigen sich im Dezember 2015 auf das Pariser Klimaabkommen. Darin setzen sie sich das Ziel, die Erderwärmung durch den Treibhauseffekt auf „deutlich unter zwei Grad“ im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Die zwei Grad sind nicht zufällig gewählt. Nach der 1994 in Kraft getretenen Klimarahmenkonvention von Rio de Janeiro darf der Ausstoß der Treibhausgase nur so weit steigen, dass sich „die Ökosysteme auf natürliche Weise den Klimaänderungen anpassen können“ und „die Nahrungsmittelerzeugung nicht gefährdet wird“. Die meisten Experten gehen davon aus, dass diese Grenze bei einem Temperaturanstieg von durchschnittlich 1,5 bis 2 Grad liegt.
Am 4. November 2016 tritt das Abkommen in Kraft. Jedes Land soll eigene Ziele zur Reduzierung der Treibhausgase setzen, regelmäßig wird geprüft, wie weit man ist und ob es schon reicht. Wie das im Detail ablaufen soll, darüber wird noch verhandelt.
Ex-Präsident Barack Obama wirft Trump vor, sich der Zukunft zu verweigern. Er sei überzeugt, dass die US-Bundesstaaten, die Städte und Unternehmen sogar mehr tun würden, um den Planeten zu schützen, heißt es in einer Erklärung.
Die Europäer hatten sich zuvor trotzig versichert, das wegweisende Abkommen von 2015 wäre auch ohne die USA nicht tot. EU-Spitzenpolitiker hatten den US-Präsidenten noch einmal so eindringlich wie vergeblich vor einem Ausstieg gewarnt.
Kanzlerin Angela Merkel suchte in Berlin den Schulterschluss mit China auch beim Klimaschutz. Chinas Ministerpräsident Li Keqiang bekräftigte nach einem Treffen mit Merkel, sein Land stehe zu seiner internationalen Verantwortung.
Schulz: „Realität ist kein Staatsmann, den man wegschubst“
Russlands Präsident Wladimir Putin ließ über seinen Sprecher Dmitri Peskow erklären, Russland wolle auch im Falle eines US-Ausstiegs Teil des Abkommens bleiben. Allerdings werde es schwer, das Klimaschutzabkommen umzusetzen, wenn wichtige Länder fehlten, sagte Peskow laut Agentur Interfax.
Der Klimapakt von Paris sieht vor, die gefährliche Erderwärmung in einem weltweiten Kraftakt in den nächsten Jahrzehnten zu bremsen und so dramatische Folgen wie Dürren und einen Anstieg der Weltmeere zu mildern. Einzigartig ist der Pakt, weil sich erstmals fast alle Länder beteiligen wollen. Die USA hatten das Abkommen noch unter Trumps Vorgänger Barack Obama mit ausgehandelt und 2016 ratifiziert.
Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte Trump vor dem Ausstieg gewarnt. Es sei die „Pflicht Europas zu sagen: So geht das nicht“, sagte Juncker in Berlin. EU-Ratspräsident Donald Tusk legte am Donnerstag mit einem Tweet nach und appellierte an Trump: „Bitte verändern Sie das (politische) Klima nicht zum Schlimmeren.“
Große Unternehmen warnen vor Schäden
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat die Aufkündigung des Pariser Klimaschutzabkommens durch die USA kritisiert. „Sie können aus einem Klimaabkommen aussteigen, aber nicht aus dem Klimawandel, Mr. Trump“, schrieb Schulz am Donnerstagabend bei Twitter. „Realität ist kein Staatsmann, den man wegschubst.“
Befürworter des Pariser Abkommens argumentieren, die Ausrichtung der weltweiten Energieversorgung auf saubere Quellen sei unausweichlich. Es sei ein wirtschaftlicher Vorteil, so schnell wie möglich damit anzufangen. Ähnlich äußerten sich in Zeitungsanzeigen noch am Mittwoch auch große US-Unternehmen, darunter Facebook, Apple und Levi Strauss. Sie halten einen Ausstieg für nicht zukunftsweisend und langfristig wirtschaftsschädlich.
EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete twitterte, das Paris-Abkommen werde überleben, weil es eine Wachstumsmaschine sei und den Planeten schütze. „Wir stehen auf der richtigen Seite der Geschichte“, erklärte Cañete.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks äußerte sich ähnlich. „Paris ist nicht tot“, sagte die SPD-Politikerin im rbb-Inforadio. Den USA entstünden durch einen Ausstieg nur Nachteile. Unionsfraktionschef Volker Kauder meinte in der ARD, mit einer Entscheidung Trumps gegen das Abkommen entscheiden wüchse die Bedeutung Chinas. „Ob das wirklich im Interesse Amerikas ist, kann man wirklich bezweifeln.“
Ein Ausstieg aus dem Abkommen wäre wegen entsprechender Klauseln im Vertrag langwierig und träte erst 2020 in Kraft. Trump könnte aber auch aus der Klima-Rahmenkonvention der Vereinten Nationen austreten, die seit 1994 in Kraft ist. Letzteres wäre ein noch radikalerer Schritt.