Venezuela Im sozialistischen Paradies werden die Lebensmittel knapp

In Venezuela werden Nahrungsmittel knapp, viele Dinge des alltäglichen Lebens sind kaum noch bezahlbar. Die Regierung versucht, von sich abzulenken und verdächtigt Schmuggler als die Verursacher der Engpässe.

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Quelle: Bloomberg

Die Karibikinsel Isla Margarita ist eines der schönsten Tropenparadiese der Welt. Die kleine Antilleninsel mit den weißen Sand und blau-grünen Meer zog im Winter traditionell Scharen von Touristen aus den USA und Europa an. Der Abstieg begann vor etwa einer Dekade, als Isla Maragrita zur Partyinsel der Drogenmafias aus Venezuela und Kolumbien wurde. Die Verstaatlichung von Hotelanlagen durch den linkspopulistischen Präsidenten Hugo Chávez verscheuchte weitere Touristen. Heute herrscht auf der Insel außerhalb der All-inclusive-Ressorts eine Mangelwirtschaft -  wie sonst nur auf dem tausend Kilometer nordwestlich gelegenen Kuba.

Auf Isla Margarita reicht ein Gerücht, dass die lokalen Supermärkte mit dem begehrten Maismehl oder Reis beliefert würden – da versammeln sich frühmorgens ab fünf Uhr Menschen in kilometerlangen Schlangen vor den wenigen Supermärkten, in denen staatlich subventionierte Produkte zu bekommen sind. Vier Pakete Maismehl gibt es nach stundenlangem Warten für jeden einzelnen Käufer.

Möhren Quelle: REUTERS

Jeder Kunde muss seinen Personalausweis den kontrollierenden Militärpolizisten vorzeigen, um sich nicht mehrfach zu versorgen. Manchmal weigern sich Kunden, als Beleg für einen erfolgten Kauf einen Code auf den Arm stempeln zu lassen. Dann kommt es immer wieder zu Pöbeleien in den Supermärkten der Tropeninsel.

Traditionell eines der reichsten Länder Lateinamerikas

Doch die Insel ist keine Ausnahme: In Venezuela, dem Staat mit den größten Erdölvorräten weltweit, eines der traditionell reichsten Länder in Lateinamerika, herrscht heute Mangelwirtschaft. Für 21.000 Produkte und Dienstleistungen gibt es staatlich festgesetzte Preise. Doch 23 Produkte werden staatlich subventioniert verkauft: Dazu gehört Reis, Bohnen, Zucker, Hühnerfleisch, Butter und Öl – aber auch Toilettenpapier oder Waschmittel. Der Verkauf dieser Produkte für den Grundbedarf wird streng kontrolliert – denn die Regierung verdächtigt Schmuggler und Spekulanten, dass sie die billigeren Produkte hamstern, um sie dann teurer weiter zu verkaufen.

Was den Ölpreis bestimmt

Ins benachbarte Ausland etwa nach Kolumbien und Brasilien, oder eben an Venezolaner, die sich nicht in den Schlangen anstellen brauchen, weil sie die Aufschläge bezahlen können. Denn wer in Venezuela über Dollars verfügt, kann sich vieles leisten, was für die Mehrheit der Bevölkerung Luxus ist.

Um den Schwarzmarkt auszutrocknen, zeigt sich die Regierung erfinderisch: So wird in einigen Landesteilen mit Barcodes an der Windsschutzscheibe kontrollier, dass Autofahrer nicht mehr als zweimal die Woche ihren Wagen volltanken – denn im Ölstaat Venezuela wird inzwischen auch das Benzin knapp. Die letzte Ziffer der Karteinummer bei den staatlichen Lebensmittelläden regelt, wer dort wann einkaufen darf. Entweder nur Montags und Dienstags, Mittwochs und Donnerstags, oder eben Freitags bis Sonntag. Mitte August verkündete die Regierung, dass sie landesweit Scanner einsetzen werde, um die Fingerabdrücke der Kunden biometrisch kontrollieren zu können.

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