Venezuela Mehr als 50 Verletzte bei Anti-Regierungsdemo in Caracas

In Caracas liegen die Nerven blank: Die Opposition und tausende Demonstranten fordern den Abtritt von Präsident Maduro und die Entlassung zahlreicher Richter. Die Regierung spricht von einem Umsturzversuch.

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Bei Protesten gegen die Venezuelanische Regierung sind zahlreiche Demonstranten und Polizisten verletzt worden. Quelle: Reuters

Caracas Bei einer Demonstration gegen Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro sind nach Oppositionsangaben über 50 Menschen verletzt worden. Mehrere Menschen hätten Knochenbrüchen erlitten und eine Person sei angeschossen worden, sagte Parlamentspräsident Julio Borges am Dienstag. Er selbst und mehrere Abgeordnete seien von den Sicherheitskräften mit Tränengas angegriffen worden.

Tausende Menschen wollten am Dienstag zum Sitz der Nationalversammlung in der Hauptstadt Caracas marschieren. Dort sollte die erste Parlamentssitzung nach der zwischenzeitlichen Entmachtung stattfinden. Aber ein massives Polizeiaufgebot versperrte viele Straßen, es kam zum Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern.

„In Venezuela wurde mit der Demokratie und der Verfassung gebrochen“, sagte Parlamentschef Borges. „Diese Unterdrückung ist der klare Beweis, dass in Venezuela ein Staatsstreich stattfindet.“

Nach einem Bericht des Portals „El Nacional“ warfen Demonstranten Steine und traten auf Polizisten ein. Die Opposition säe Gewalt, sagte der Vizepräsident der Sozialistischen Partei, Diosdado Cabello. Allerdings sei es den Regierungsanhängern gelungen, den Umsturzversuch zu verhindern.

Nun soll am Mittwoch die Sitzung stattfinden, in der erklärt werden soll, in Venezuela sei ein Staatsstreich der Regierung im Gange. Zudem soll die Entlassung der Richter des Obersten Gerichtshofs beschlossen werden, die für das anschließend wieder zurückgenommene Urteil zur Parlamentsentmachtung verantwortlich seien. Das dürfte den Konflikt mit der Regierung weiter verschärfen. Viele Metrostationen in Caracas waren geschlossen und viele Straßen in der Stadt gesperrt.

Die Opposition sieht einen Staatsstreich auf Raten und warnt vor der Errichtung einer Diktatur. Die Justiz werde von den Sozialisten kontrolliert. Maduro habe auch vor der Entmachtung schon mit Hilfe einer parteiischen Justiz und Notdekreten am Parlament vorbei regiert. Er ist bis 2018 gewählt, Vorbereitungen für ein Referendum zu seiner Abwahl wurden von Gerichten bisher gestoppt. Seit 1999 regieren die Sozialisten das Land, das von einer dramatischen Versorgungskrise und der höchsten Inflation der Welt gebeutelt wird.

Maduro macht für die Probleme einen „ökonomischen Krieg“ des Auslands verantwortlich. Die Gewalt gerade in Caracas lässt immer mehr Menschen flüchten. Auch tausende Anhänger der Regierung gingen am Dienstag auf die Straße. Sie skandierten: „Nein zur Einmischung des Auslands.“

Maduro rief zu einem „heroischen April“ auf. Zuvor hatte er der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) vorgeworfen, sich in ein „Inquisitionsgericht“ gegen sein Land zu verwandeln. Es sei eine Kampagne „einiger rechter Regierungen“ im Gange, um die Beziehungen zu Venezuela abzubrechen. Die meisten der 35 Mitgliedsstaaten zwischen Alaska und Feuerland hatten die Vorgänge in Venezuela scharf verurteilt.

Das eigene Parlament in Caracas hatte die Verurteilung unterstützt – daraufhin erfolgte das Urteil zur Absetzung vergangene Woche. Bei der Kundgebung der Opposition am Dienstag wurde auch Ex-Parlamentspräsident Henry Ramos Allup angegriffen und musste in einer Klinik behandelt werden.

Wegen Barrieren mit hunderten Polizisten an der Avenida Bolívar konnten sich die Demonstranten nicht zu einem Zug zusammenschließen. „Sie wollen nicht, dass sich die Leute vereinen können“, sagte Lilian Tintori, Ehefrau des zu fast 14 Jahren Gefängnis verurteilten Oppositionsführers Leopoldo López. „Das ist ein verzweifeltes Regime“, meinte Tintori. „Wir wollen Demokratie und Freiheit.“ Venezuela dürfe nicht zur Diktatur werden. López war in einem umstrittenen Prozess Anstachelung zur Gewalt bei Protesten vorgeworfen worden, bei denen 2014 insgesamt 43 Menschen ums Leben kamen.

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