Doch: China verzerrt die Daten. So lebten 1990 mehr als 60 Prozent der chinesischen Bevölkerung von weniger als „einem“ Dollar pro Tag, 2010 waren es nur noch 12 Prozent. Allein dort gab es 2010 also rund 500 Millionen arme Menschen weniger als 1990. In den afrikanischen Ländern südlich der Sahara dagegen sank die Armut im gleichen Zeitraum nur um acht Prozentpunkte. „Die Entwicklung Chinas sorgt dafür, dass die Bilanz der Millenniumsziele deutlich besser aussieht, als sie tatsächlich ist“, sagt Markus Loewe vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik. Nach China ist in den vergangenen Jahren kaum noch Entwicklungshilfe geflossen. Wer das Land daher als Gradmesser für den Erfolg der internationalen Entwicklungshilfe verwendet, schummelt.
Was Flüchtlinge dürfen
Wer eine sogenannte Aufenthaltsgestattung bekommt, darf nach drei Monaten in Deutschland eine betriebliche Ausbildung beginnen. Wer geduldet ist, kann vom ersten Tag an eine Ausbildung machen. In beiden Fällen ist jedoch eine Erlaubnis durch die Ausländerbehörde nötig.
Gleiches gilt für Praktika oder den Bundesfreiwilligendienst beziehungsweise ein freiwilliges, soziales Jahr: Personen mit Aufenthaltsgestattung können nach drei Monaten ohne Zustimmung der ZAV damit beginnen, wer den Status „geduldet“ hat, darf das ab dem ersten Tag.
Wer studiert hat und eine Aufenthaltsgestattung besitzt, darf ohne Zustimmung der ZAV nach drei Monaten eine dem Abschluss entsprechende Beschäftigung aufnehmen, wenn sie einen anerkannten oder vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzen und mindestens 47.600 Euro brutto im Jahr verdienen werden oder einen deutschen Hochschulabschluss besitzen (unabhängig vom Einkommen).
Personen mit Duldung können dasselbe bereits ab dem ersten Tag des Aufenthalts.
Personen mit Aufenthaltsgestattung können nach vierjährigem Aufenthalt jede Beschäftigung ohne Zustimmung der ZAV aufnehmen.
Man wird ja wohl noch träumen dürfen. Bis 2015 sollte „jedes Kind, egal, ob Mädchen oder Junge, die Möglichkeit haben, eine vollständige Grundschulausbildung zu durchlaufen“. Zwischen 1990 und 2012 hat sich die Zahl der Kinder in Schulen denn auch offiziell deutlich verbessert: In den Staaten, die nach UN-Definition als Entwicklungsländer gelten, gingen 90 Prozent aller Kinder im entsprechenden Alter zur Schule, vor allem das Afrika südlich der Sahara weist besonders schöne Zahlen auf.
Gute Zahlen sind nicht gute Ergebnisse
Doch genau diese großen Erfolge lassen stutzen. Stephan Klasen, Volkswirt an der Universität Göttingen, sagt: „Hier wird nur die Bildungsbeteiligung, nicht aber der Bildungserfolg gemessen.“ In Liberia etwa stieg die Zahl der eingeschulten Kinder in den vergangenen Jahren von 67 auf 87 Prozent. Bloß: Die Alphabetisierungsrate der 15- bis 24-Jährigen sank von 60 Prozent im Jahr 1994 auf zuletzt 49 Prozent. Ob das UN-Ziel aber wirklich erreicht ist, wenn mehr Kinder zur Schule gehen, dort dann aber weniger lernen? Eine Ausnahme? Eine Weltbank-Studie in Uganda ergab, dass 27 Prozent der Lehrer in den dortigen Schulen gar nicht anwesend waren. Von den anderen befand sich die Hälfte zum Zeitpunkt des vorgesehenen Unterrichts nicht im Klassenraum. Einschulungsrate laut UN: 95,6 Prozent.
Ähnlich paradoxe Ergebnisse gab es auch auf anderen Feldern. So soll ein Indikator messen, ob sich die Zahl der Menschen verringert, die in Slums leben. Die Regierung von Vietnam pries schon nach wenigen Jahren in einem Fortschrittsbericht, sie habe „in 2000 Städten temporäre Behausungen eliminiert“ um den Millenniumszielen näher zu kommen. Entwicklungspolitik mit dem Bulldozer.
Erfolge auf Nebenpfaden werden überholt
Aus Sicht der Vereinten Nationen ist der Siegeszug der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen kaum noch aufzuhalten. Auf diesem Feld habe die Welt in den vergangenen Jahren „substanzielle Erfolge erzielt“, heißt es im jüngsten Fortschrittsbericht des Generalsekretärs Ban Ki-Moon. Doch was wurde hier gemessen? Die Einschulungsraten von Mädchen und Jungen und die Zahl weiblicher Parlamentsabgeordneter.
Entsprechend entlarvend liest sich dann auch die Liste der Vorbildregionen in diesem Sektor. So war die bis 2014 „erfolgreichste“ Region in Sachen Geschlechtergerechtigkeit ausgerechnet Nordafrika. Für besonders erwähnenswert hält die UN auch Saudi-Arabien: Innerhalb eines Jahres sei der Frauenanteil im Parlament um mehr als 15 Prozentpunkte gestiegen, besser war nur die Urzeit-Diktatur in Simbabwe.
Wir wissen nicht, wie sich die Welt entwickelt
„Es ist eines der größten Verdienste der Millenniumsziele, dass wir angefangen haben, uns über die Verfügbarkeit und Bedeutung von Daten Gedanken zu machen“, sagt Ingolf Dietrich, Abteilungsleiter im Entwicklungsministerium und dort für die Kontakte zu den Vereinten Nationen verantwortlich. Was er nicht sagt: Der Erfolg dieser Gedanken ist größtenteils sehr überschaubar. Das zeigt sich besonders deutlich am fünften Ziel der Millenniumsvereinbarung, die Müttersterblichkeit zu reduzieren.