Die Beurteilung der weltweiten Entwicklung scheitert immer da, wo sich die Politik einmischt. Besserung? Kaum in Sicht. Während die Weltgemeinschaft die verheerende Bilanz der Millenniumsziele am liebsten ausblendet, konzentriert sie sich derzeit auf den Nachfolgevertrag. Die „Sustainable Development Goals“ sollen im September verabschiedet werden, seit Mitte Juli sitzen die Unterhändler in New York zusammen. Der deutsche Verhandlungsvertreter Dietrich schwärmt: „Diesmal werden wir uns nicht nur auf soziale Aspekte konzentrieren, sondern auf alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit: die soziale, die ökonomische und die ökologische.“
Jan Vandemoortele ist da weniger optimistisch. Aus der UN hat er sich längst zurückgezogen, arbeitet heute als Dozent und Berater. „Die neuen Nachhaltigkeitsziele verursachen mir Kopfschmerzen“, sagt Vandemoortele. „Das hat nichts mehr mit unserer ursprünglichen Idee zu tun, einen unbestechlichen und nachvollziehbaren Gradmesser zu bestimmen.“ Am Ende wird wohl ein Katalog mit 14 Oberthemen und mehr als 100 einzelnen Zielen stehen. Vandemoortele hält, wie die meisten anderen Entwicklungsökonomen, eher das Gegenteil für notwendig: einen kürzeren Zielkatalog. „ Eine kritische Bilanz der Millenniumsziele hieße: Wir streichen die Ziele, die sich als nicht zielführend oder überprüfbar erwiesen haben“, sagt Vandemoortele.
Der Göttinger Forscher Klasen nennt vier Ziele, die dann übrig blieben: Einkommensarmut, Alphabetisierungsrate, Kindersterblichkeit und die Netto-Sparquote, also die Differenz zwischen realer Sparquote und Umweltschäden. Kriterien, die wie passgenaue Antworten auf die derzeitigen Katastrophen der Welt klingen: Flüchtlingsströme und Klimawandel.
Warum die Politik den Mut zur Knappheit dennoch wohl nicht aufbringen wird? Jeder kann sich genau das heraussuchen, was er braucht, um seinen Erfolg zu belegen. 2030 dürfte daher ein Jahr der Jubelfeiern werden: Die Ziele werden dann wieder alle irgendwie erfüllt sein. Und die Welt wieder kein bisschen besser aussehen.