Verlegung der Botschaft US-Botschafter Friedman nimmt in Jerusalem die Pendeldiplomatie auf

Am Montag verlegen die USA offiziell ihre Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem. Zwei Parteien sind davon begeistert, der Rest der Welt erzürnt.

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Bei seiner Arbeit in der neuen US-Botschaft in Jerusalem bewegt sich David Friedman auf schwierigem diplomatischen Terrain. Quelle: Reuters

Washington Es ist ein ganz besonderes Geschenk, das US-Präsident Donald Trump seinem engsten Verbündeten im Nahen Osten macht. Pünktlich zum 70. Jahrestag der Gründung des Staates Israel verlegt die amerikanische Regierung ihre Botschaft offiziell von Tel Aviv nach Jerusalem – und erfüllt der israelischen Regierung damit einen lange gehegten Wunsch.

Zugesagt war der Umzug schon lange. Bereits in den 1990er-Jahren verabschiedete der US-Kongress ein Gesetz, das die Regierung zu dem Schritt aufforderte. Trotzdem schoben alle US-Präsidenten seitdem die Verlegung immer weiter hinaus. Aus Sicherheitsgründen, hieß es offiziell.

Tatsächlich wollten sie jedoch vor allem nicht eines der wichtigsten Druckmittel aus der Hand geben, bevor eine Lösung des langjährigen Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern nicht absehbar war. Die Verlegung der Botschaft und damit die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt sollte ein mögliches Verhandlungsangebot sein, um in anderen Bereichen Zugeständnisse von der israelischen Seite einzufordern.

Trump verabschiedete sich nun von dieser Strategie. „Wir haben diese Entscheidung gefällt, weil sie im besten Interesse der Vereinigten Staaten ist“, sagt David Friedman, US-Botschafter in Israel. Man habe von der israelischen Regierung im Gegenzug nichts bekommen.

Für Friedmans Alltag wird sich durch die Verlegung am Montag zunächst kaum etwas verändern. Die neue Botschaft wird in einem Teil des bisherigen US-Konsulats in Jerusalem eröffnet. 50 bis 60 Mitarbeiter werden dort künftig Dienst verrichten, der Rest bleibt vorerst in Tel Aviv. Dort arbeiten derzeit insgesamt 900 Menschen.

Zwar läuft derzeit die Suche nach einem Standort für eine permanente große Botschaft, bis diese jedoch errichtet ist, wird es noch Jahre dauern. Der Botschafter stellt sich deshalb schon auf längeres Pendeln ein. Schon jetzt fährt er regelmäßig von Tel Aviv nach Jerusalem und wieder zurück. Der größte Unterschied werde sein, „dass ich Besprechungen ab sofort in meinem Büro abhalten kann und dafür nicht mehr ein Zimmer im King David Hotel mieten muss“, so Friedman.

Für die Arbeit vor Ort bedeutet die Verlegung also keine allzu große Umwälzung. Trotzdem könnten die Auswirkungen des Schrittes auf die Region gewaltig sein. Nachdem Trump die Verlegung im Dezember angekündigt hatte, erntete er fast einhellige Kritik.

Die europäischen Partner der USA lehnten den Umzug ab, die Arabische Liga rief eine Notstandssitzung ein und forderte die Anerkennung eines Palästinenserstaats mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Wenige Tage später verurteilte die Vollversammlung der Vereinten Nationen mit überwältigender Mehrheit die Verlegung. 128 Staaten stimmten einer entsprechenden Resolution zu, darunter auch Deutschland. Die insgesamt neun Gegenstimmen kamen neben denen der USA und Israel aus Guatemala, Honduras, den Marshall Islands, Mikronesien, Nauru, Palau und Togo.

Dieses Abstimmungsergebnis zeigt: Der überwältigende Großteil der Welt glaubt, dass die Botschaftsverlegung den ohnehin kaum noch existenten Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern weiter belasten wird.

Die schwache palästinensische Führung dürfte eine Zwei-Staaten-Lösung ohne eine Hauptstadt Ost-Jerusalem kaum akzeptieren. Zwar beeilte sich das US-Außenministerium klarzustellen, dass man trotz des Umzugs „keine Position bezüglich des endgültigen Status, einschließlich spezifischer Grenzen israelischer Souveränität in Jerusalem“ einnehme, doch die Palästinenser glauben solche Bekenntnisse längst nicht mehr.

Zumal auch die Unterstützung der anderen arabischen Staaten in der Region für die Palästinenser spürbar nachlässt. Berichten zufolge soll Mohammed bin Salman, Kronprinz der sunnitischen Führungsmacht Saudi-Arabien, Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas dazu gedrängt haben, Trumps Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt zu akzeptieren.

Auch was einen Friedensplan für Nahost angeht, scheint er die Geduld zu verlieren. Die Palästinenser sollen „Trumps Plan akzeptieren und den Mund halten“, wird der Prinz zitiert. Sein Vater, König Salman, beeile sich klarzustellen, dass Riad weiterhin einen Palästinenserstaat mit Jerusalem als Hauptstadt unterstütze.

Trump hat seinen Lösungsplan für den israelisch-palästinensischen Konflikt noch nicht vorgelegt. Es wird jedoch gemeinhin erwartet, dass er vor allem den Interessen Israels Rechnung tragen wird.

Dass die arabischen Staaten mittlerweile bereit sind, dies zu akzeptieren, hängt mit den größeren Entwicklungen in der Region zusammen. Längst gilt in Riad und anderen arabischen Hauptstädten nicht mehr Israel als Hauptgegner, sondern Iran. Das sieht man umgekehrt in Jerusalem genauso – zumal iranische Truppen kürzlich Raketen auf israelisches Territorium abfeuerten.

Dies führte jüngst zu einer Neuorientierung in der Region. Israel und Saudi-Arabien mögen offiziell immer noch verfeindet sein, unter der Hand kooperieren die ehemaligen Kriegsgegner jedoch längst, um Iran einzudämmen. Als Trump in der vergangenen Woche ankündigte, gegen das Atomabkommen mit Teheran zu verstoßen, erntete er vor allem Applaus aus Jerusalem und Riad. Die meisten anderen Staaten kritisierten die Entscheidung hingegen.

Trump wiederum ist das egal – schließlich erfüllt er mit beiden Schritten seine Wahlversprechen. Vor allem die Verlegung der Botschaft nach Jerusalem ist seinen Anhängern traditionell sehr wichtig.

Kein Wunder also, dass er die Verlegung am Montag auch unter PR-Gesichtspunkten ordentlich ausschlachten will. Der Präsident schickt eine hochrangige Delegation nach Israel, um bei der Einweihung dabei zu sein – darunter Finanzminister Steven Mnuchin und Trump-Tochter Ivanka nebst Ehemann und Präsidentenberater Jared Kushner. Trump selbst wird per Videobotschaft zugeschaltet werden.

Außerhalb der Botschaftsmauern könnte es hingegen zu Protesten kommen. In Ramallah haben Palästinenserorganisationen zu Demonstrationen aufgerufen. Auch in Jerusalem selbst könnte es Widerstand geben. Das Auswärtige Amt warnte Touristen bereits vor dem Besuch der Altstadt.

Israel will sich die gute Laune dennoch nicht verderben lassen. In Jerusalem hängen bereits die israelische und die amerikanische Flagge an den Laternenpfählen. Auch die Vorbereitung für eine Umbenennung des Vorplatzes der neuen US-Botschaft laufen bereits. Er soll bald „Platz der Vereinigten Staaten zu Ehren von Präsident Donald Trump“ heißen.

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