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Vertragsverletzungsverfahren EU-Kommission geht gegen neues VW-Gesetz vor

Schlappe für die Bundesregierung: Die EU-Kommission greift auch das neue VW-Gesetz an. Sie beanstandet vor allem, dass VW-Großaktionär Niedersachsen auch künftig ein Vetorecht bei wichtigen Entscheidungen des Konzerns behalten soll. Der Bundesrepublik droht damit eine Geldbuße.

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Auch im neuen VW-Gesetz werden Quelle: dpa

Die Kommission teilte am Donnerstag in Brüssel mit, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzuleiten. Der Bundesrepublik droht damit eine Geldbuße, und der seit Monaten andauernde Streit zwischen Brüssel und Berlin erreicht damit einen Höhepunkt.

Kritik am Vorgehen der Kommission kam von der IG-Metall, dem VW-Betriebsrat und dem Land Niedersachsen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte in einem Urteil vom 23. Oktober 2007 das 1960 erlassene VW-Gesetz beanstandet, weil es dem Staat ungerechtfertigte Sonderrechte einräume. Damit verstoße Deutschland gegen die in der EU geltende Kapitalverkehrsfreiheit.

Die EU-Kommission kündigte nun ein „offizielles Anforderungsschreiben“ an, mit dem von der Bundesregierung Auskunft über die Umsetzung des EuGH-Urteils verlangt wird. Das Gericht hatte beanstandet, dass nach dem alten VW-Gesetz Niedersachsen und der Bund automatisch im Verwaltungsrat des Konzerns vertreten sind, dass die Stimmrechte eines einzelnen Anteilseigners auf maximal 20 Prozent begrenzt waren und dass die Sperrminorität bei VW auf 20 Prozent festgelegt war. Niedersachsen mit Vetorecht

Niedersachsen mit Vetorecht

Der vom Bundeskabinett Ende Mai verabschiedete Entwurf des neuen VW-Gesetzes schafft zwar die Stimmrechtsbegrenzung auf 20 Prozent ab. Auch bekommen Bund und Land Niedersachsen nicht mehr automatisch Sitze im Aufsichtsrat. Der Entwurf hält aber an der Sperrminorität von 20 Prozent fest, womit Niedersachsen mit seinen 20,3 Prozent der VW-Aktien ein Vetorecht behielte.

Die EU-Kommission erklärte, sie habe bislang „keine hinreichend detaillierten Informationen darüber erhalten, mit welchen Maßnahmen die deutsche Regierung das Urteil vom 23. Oktober 2007 umzusetzen gedenkt“. Sie sei daher der der Auffassung, dass Deutschland gegen seine Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag verstoßen habe. Kämen die deutschen Behörden dem Urteil nicht nach, könne der Gerichtshof eine Geldbuße verhängen.

Mit ihrem Vorgehen stützt die EU-Kommission die Position von VW-Großaktionär Porsche. Der Sportwagenhersteller besitzt mindestens 31 Prozent der Aktien und will seinen Anteil bis auf 50 Prozent aufstocken. „Unser Standpunkt in dieser Frage ist hinreichend bekannt“, sagte ein Porsche-Sprecher. „Wir sehen keine Notwendigkeit für ein VW-Gesetz.“ Volkswagen wollte sich zu der Entscheidung aus Brüssel nicht äußern. 

Wulff bedauert Vorgehen von Kommission

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff bezeichnete das Vertragsverletzungsverfahren als bedauerlich. Die EU-Kommission sei derzeit offenbar nicht bereit, den guten Argumenten der Bundesregierung zu folgen, erklärte der CDU-Politiker.

In den nächsten Wochen gelte es, „den Nachweis zu führen, dass das vom Bundeskabinett beschlossene VW-Gesetz die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs eins zu eins umsetzt“. Auch der Europäische VW-Konzernbetriebsrat bemängelte das Vorgehen Brüssels. „Wir haben alle EU-Kommissare angeschrieben und ihnen deutlich gemacht, dass die Beschäftigten von Volkswagen nicht nachvollziehen können, warum man wichtige Schutzfunktionen für Arbeitnehmer angreift“, sagte Präsident Bernd Osterloh: „Als direkt Betroffene erwarten wir, dass die Kommission uns anhört.“

IG-Metall-Chef Berthold Huber kritisierte das Vorgehen der EU-Kommission als ungerechtfertigt und unverständlich. „Das VW-Gesetz behindert weder den freien Kapitalverkehr noch wird die Verwirklichung des Binnenmarktes verzögert“, sagte Huber.

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