
Athen. Papandreou glaubte ein Ass aus dem Ärmel zu ziehen, als er am vergangenen Montag völlig überraschend eine Volksabstimmung über das erst in der Woche zuvor nach mühsamen Beratungen beim EU-Gipfel geschnürte Rettungspaket ankündigte. Spätestens, als Angela Merkel und Nicholas Sarkozy Papandreou am Mittwoch nach Cannes zitierten, um ihm die Leviten zu lesen, muss der Grieche begriffen haben: er hatte sich verzockt. Die Finanzmärkte reagierten mit Hysterie, Griechenlands europäische Partner waren entsetzt, und auch in der eigenen Partei erhobt sich Widerspruch: „Unsinn“ sei die geplante Volksabstimmung, und „das letzte, was Griechenland jetzt braucht“, donnerte Finanzminister und Vizepremier Evangelos Venizelos.
Merkel und Sarkozy stellten klar: weitere Hilfsgelder fließen erst, wenn die Athener Regierung ihre Verpflichtungen erfüllt und die Griechen entschieden haben, ob sie überhaupt in der EU und der Währungsunion bleiben wollen. Die Idee mit dem Referendum sei „ein Fehler“ gewesen, musste Papandreou tags darauf in einer eilig anberaumten Krisensitzung seines Kabinetts einräumen. Bei diesem siebenstündigen Ministertreffen wurde klar: Papandreous Zeit ist abgelaufen. Viel mehr als einen ehrenvollen Abgang, nämlich ein letztes Vertrauensvotum, konnte er nicht mehr erwarten.
Nun sondiert Papandreou die Bildung einer Koalitionsregierung, der er selbst nicht mehr angehören wird. Als neuer Premier hält sich Finanzminister Evangelos Venizelos bereit. Er mahnte bereits am Freitagabend im Parlament: die Zeit drängt, Griechenland kann sich kein politisches Vakuum leisten. Denn wenn die nächste Acht-Milliarden-Tranche der Hilfskredite nicht fließt, ist das Land spätestens Weihnachten zahlungsunfähig. Um die Auszahlung der Gelder zu sichern, muss die neue Regierung jetzt schnellstens die parlamentarische Verabschiedung und die Umsetzung des neuen Rettungspakets auf den Weg bringen.
Je breiter die parlamentarische Basis der neuen Regierung ist und je größer die Mehrheit, mit der die Athener Volksvertretung den Schuldenschnitt, die neuen Hilfskredite und die damit verbundenen Reformauflagen annimmt, desto besser. Eine klare Mehrheitsentscheidung wäre nicht nur ein gutes Signal an die internationalen Geldgeber Griechenlands, die bisher vergeblich einen politischen Konsens in Athen anmahnten. Es wäre auch eine Antwort an alle jene Interessengruppen in Griechenland, die sich bisher gegen die notwendigen Strukturreformen sträuben, um ihre Privilegien und Klientelinteressen zu verteidigen.