Vietnamesischer Handelsminister „Wir wollen enger mit deutschen Unternehmen zusammenarbeiten“

Nguyen Chi Dung Quelle: REUTERS

Der vietnamesische Minister für Planung und Investitionen, Nguyen Chi Dung, über die Macht des Multilateralismus, eine Beschleunigung der vietnamesischen Verwaltung und Projekte für die Industrie 4.0.

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Vietnam hat in den vergangenen Jahren zwölf Freihandelsabkommen abgeschlossen – wobei das mit der EU noch nicht in Kraft getreten ist –, für vier weitere Abkommen befinden Sie sich in Verhandlungen. Woher kommt die Lust an den Verträgen?
Einige Länder haben wirtschaftspolitisch den Weg des Protektionismus eingeschlagen. Wir glauben aber nicht, dass Nationalstaaten in der heutigen Welt allein bestehen können – sondern wir glauben an die Macht des Multilateralismus, an die internationale Zusammenarbeit. Diese Zusammenarbeit wollen wir weiterentwickeln, besonders im Bezug auf Wirtschaft, Handel und Investitionen.

Die französische Investmentbank Natixis hat Ihr Land vor einigen Monaten zum Produktionsstandort Nummer eins in der Region erklärt. Vietnam führt vor allem Mobiltelefone, Computer, Kleider und Schuhe aus. Wollen Sie Ihrem Nachbarland China hier weitere Marktanteile abnehmen?
Wir wollen uns darauf konzentrieren, Unternehmen mit starker Technologie anzuziehen, mit hoher Wertschöpfung. Wir wünschen uns Projekte in Verbindung mit Forschung, bessere, nachhaltige Investitionen zum Beispiel für die Industrie 4.0. Deutsche Unternehmen sind bekannt für ihr Know-how. Die Zusammenarbeit mit ihnen wollen wir weiterentwickeln.

An welche Unternehmen denken Sie besonders?
An Industrieunternehmen – aus der Verarbeitungsindustrie, dem Maschinenbau; an Hersteller von Ersatzteilen für Autos und Flugzeuge. Aber wir denken auch an den Bereich erneuerbare Energien, an moderne Agrarwirtschaft und Abfallwirtschaft. All das sind deutsche Stärken.

Vertreter der deutschen Wirtschaft weisen auf die Schwierigkeiten hin, in Vietnam Fertigungen aufzubauen: die nicht immer zuverlässige Verkehrs- und Energieinfrastruktur, die schwachen vietnamesischen Zulieferer.
Glauben Sie mir, die Entwicklung der Infrastruktur wird bei uns großgeschrieben. Wir werden weiter das gesamte Investitionsumfeld verbessern. Dazu gehören die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Transparenz, aber auch eine schnellere Bearbeitung in unserer Verwaltung. Und lassen Sie mich noch ein Beispiel nennen: Um weitere ausländische Direktinvestitionen zu gewinnen, werden wir unsere Politik überarbeiten, zum Beispiel bei der Besteuerung.

Was bedeutet das konkret?
Früher gab es geographisch bedingte Begünstigungen für bestimmte Provinzen. Jetzt werden wir solche Steuervorteile mit Projekten verbinden, die unseren Zielen dienen. Das alles tun wir. Und es ist ja auch nicht so, dass Investitionen deutscher Unternehmen nur Vietnam dienten. Sie sind durchaus auch im Interesse der deutschen Unternehmen selbst.

Diese Unternehmen sind aber vor allem auf den riesigen chinesischen Markt fokussiert. Warum sollten Sie das ändern?
Unsere geographische Lage ist wirklich ein Vorteil. Vietnam liegt im Zentrum der Wirtschaftsregion Asean, Sie haben hier nicht nur Zugang zu unserer Bevölkerung, fast 100 Millionen Einwohnern, sondern auch zu 630 Millionen Menschen in Asean – und darüber hinaus zu 1,4 Milliarden Menschen in China. Außerdem hat sich Vietnam über einen langen Zeitraum sehr dynamisch entwickelt. Und Unternehmen finden hier junge, gut qualifizierte Arbeitskräfte. Das alles eröffnet gute Chancen für eine Zusammenarbeit.

Während anderswo der Nationalismus blüht und Handelsstreitigkeiten lodern, schließt Vietnam fleißig Freihandelsabkommen ab – und profitiert so von der Suche nach Alternativen zu China. Mehr über die geschickte Strategie lesen Sie in der großen Analyse der WirtschaftsWoche.

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