Volkskongress Die Aktien des Kaisers

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Ausländische Firmen leiden

Von dieser Hoffnung ist heute nicht mehr viel übrig. Anstatt die aufgeblähten Staatsbetriebe zu verschlanken, hat er mehrere Staatskonzerne zusammenschmelzen lassen. Wirtschaftsreformen werden zwar versprochen, aber nicht umgesetzt. Dabei sind die Probleme in Chinas Wirtschaft unübersehbar. Die Wirtschaft leidet unter dem gewaltigen Schuldenberg, den China in den vergangenen Jahren angehäuft hat. Dieser summiert sich mittlerweile auf mehr als 280 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Vor allem die gewaltigen Investitionen des Staates in die Infrastruktur haben die Schulden wachsen lassen. Geld wirkt seit langem als wichtigster Schreiber für das hohe wirtschaftliche Wachstum, das Peking als Legitimation für seine Herrschaft sieht. Die finanzielle Lage sei „düster“, erklärten jüngst selbst Vertreter der chinesischen Zentralbank.

Auch die Unternehmensschulden sind gewaltig. Mehrere Unternehmen, die im Ausland mit großen Übernahmen für Schlagzeilen sorgten, stehen aufgrund ausstehender Kreditforderungen unter Druck. Darunter Immobiliengigant Wanda, Großaktionär der Deutschen Bank HNA und Versicherungskonzern Anbang, den die Versicherungsbehörden in Peking nun sogar unter staatliche Aufsicht genommen haben.

Auch ausländische Firmen leiden. Ausbleibende wirtschaftliche Reformen und fehlender Marktzugang frustrieren viele Investoren vor Ort. Sie zweifeln mehr denn je an ihrem Engagement in China. Viele Firmen verlassen das Land, andere halten sich bei ihren Investitionen zurück.

Interessant an der Rede von Li am Montag war vor allem, dass er das Thema Arbeitslosigkeit streifte. Gilt seit Jahrzehnten das Bruttoinlandsprodukt als absolute Kennzahl, scheint Peking dem Problem der Arbeitslosigkeit in Zukunft mehr Gewicht einräumen zu wollen. Verlässliche Zahlen über die Arbeitslosigkeit in China gibt es nicht. Allerdings kostet der Umbau der Wirtschaft schon heute viele Jobs. Mit steigenden Lohnkosten wandern Fabriken nach Südostasien ab, immer mehr Fabriken in China setzen auf Roboter und Automatisierung. Auch Uniabsolventen haben es zunehmend schwer.

Rund neun Millionen Studenten strömen jedes Jahr von der Uni. Das drückt die Einstiegsgehälter, sodass viele in den ersten Jahren ohne Unterstützung ihrer Eltern gar nicht überleben können.

In der chinesischen Öffentlichkeit spielen diese Themen keine Rolle.

Politisch verfolgt Peking politisch Andersdenkende gnadenlos, die Presse ist faktisch gleichgeschaltet, ein neues Gesetz für Nichtregierungsorganisationen hat ziviles Engagement fast unmöglich gemacht.

Peking nennt stets Stabilität als Grund für das harte Vorgehen. Die Verfassungsänderung zeigt, dass Xi zu glauben scheint, dass China seine Visionen nur noch mit ihm an der Spitze erreichen kann. Die drohende Ein-Mann-Herrschaft sorgte in der vergangenen Woche auch in der Bevölkerung für Unruhe. Mit aller Macht gingen die Zensoren gegen Bürger vor, die im Internet über die Änderung diskutierten.

Die Nachrichtenseite China Digital Times, die seit vielen Jahren über die Zensur-Politik in Peking berichtet und unter anderem von der Universität Berkeley unterstützt wird, veröffentlichte in den vergangenen Tagen regelmäßig eine aktualisierte Liste mit Begriffen, die die Zensoren in dem sozialen Netzwerk Sino Weibo blockierten. Darunter: das Rad der Geschichte, Krönung, Alleinherrschaft, sowie die Begriffe kritisieren und emigrieren, schamlos, lebenslang und unsterblich. Außerdem landete eine Reihe von Literatur auf dem Index. Unter anderem Brave New World, Animal Farm und 1984.

Auch Winnie the Pooh, der kleine gelbe Bär und Held vieler Kinder, wurde zensiert ebenso das Wort Disney. Xi Jinping wird Ähnlichkeit mit dem kleinen Helden ohne Hose nachgesagt. Bilder, die ihn im Vergleich zu Winnie zeigen, sind deshalb in China verboten.

Auch die Börsenkurse blieben von der Entscheidung nicht unberührt. Wenn auch eher auf eine kuriose Art. Denn nachdem die Nachricht über die Verfassungsänderung publik wurde, hatten Spekulanten an Chinas Börsen angefangen, Aktien mit dem Begriff Kaiser im Namen zu kaufen. So explodierten kurzzeitig die Kurse des südchinesischen Vatti Corp, einem Hersteller von Küchengeräten. Daraufhin wurde der Begriff „Aktien des chinesischen Kaisers“ verboten.

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