Von der Leyen verteidigt deutsche Waffenhilfe für Kurden „Das war bitter nötig und richtig“

Bis 2016 lieferte Deutschland Waffen in großem Stil an Kurden im Nordirak. Ministerin von der Leyen erklärt, dies sei für den Kampf gegen den IS nötig gewesen. Die Ausbildungsmission im Nordirak sei ein Erfolg.

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Die Verteidigungsministerin verteidigt die Waffenlieferungen an die Kurden. Quelle: dpa

Berlin/Bagdad Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat die umfassende militärische Hilfe Deutschlands für die kurdischen Peschmerga im Nordirak verteidigt. „Das war bitter nötig und richtig“, sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch in Berlin zum Engagement im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die Ausbildungsmission im Nordirak sei ein Erfolg. Dort blieb die Lage nach dem Vormarsch irakischer Truppen auf Gebiete unter kurdischer Kontrolle angespannt.

Iraks Regierungschef Haidar al-Abadi befahl den Abzug aller Milizen und anderer Einheiten aus der umstrittenen Provinz Kirkuk. Die Lage dort sei stabil und unter Kontrolle der Polizei, teilte das Büro des Ministerpräsidenten über Twitter mit. Diese werde von irakischen Anti-Terror-Kräften unterstützt. Al-Abadi habe deshalb eine Anordnung erlassen, die die Präsenz aller anderen bewaffneten Gruppen verbiete.

In einem Dorf nahe der Grenze zu Syrien im Nordwesten des Landes kam es am Mittwoch zu Gefechten zwischen Peschmerga-Kämpfern und der Armee. Dabei sei ein irakischer Offizier verletzt worden, hieß es aus Sicherheitskreisen. Die Gefechte seien ausgebrochen, als die Armee ohne Vorankündigung in das Dorf Machmudia habe einrücken wollen.

Irakische Sicherheitskräfte hatten am Montag und Dienstag zahlreiche Gebiete unter Kontrolle der Kurden ohne Widerstand eingenommen, darunter die strategisch wichtige Stadt Kirkuk und umliegende Ölfelder. Iraks Zentralregierung reagierte damit auf kurdische Pläne, einen eigenen Staat auszurufen. Dabei handelte es sich um Gebiete, auf die sowohl die Kurden als auch Bagdad Anspruch erheben.

Zu den Regierungstruppen gehören auch schiitische Milizen, die vom Iran finanziert werden. Diese waren in der Vergangenheit für Übergriffe auf Zivilisten verantwortlich gemacht worden. Die einflussreichen Milizen stehen zwar offiziell unter dem Kommando Al-Abadis, führen aber ein Eigenleben.

Kritiker hatten bei Beginn der deutschen Unterstützung für die Kurden im Jahr 2014 bemängelt, die Waffen könnten auch gegen Iraks Armee eingesetzt werden. Von der Leyen erklärte, damals habe die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) einen Völkermord an den Jesiden versucht und kurz vor Bagdad gestanden. Die Peschmerga hätten mit internationaler Unterstützung den Vormarsch des IS gestoppt.

Man sei besorgt über die aktuelle Konfrontation zwischen Kurden und Iraks Zentralregierung, sagte von der Leyen weiter. Die Verteidigungsministerin rief die Konfliktparteien zu einer friedlichen Lösung am Verhandlungstisch auf. Der Einsatz war vergangenen Freitag wegen der militärischen Eskalation in der Region auf Eis gelegt worden.


Wie gefährlich ist die Lage für die Bundeswehr?

Die SPD zweifelt an der Fortsetzung der Ausbildungsmission in dem Krisenstaat. Zwar habe man der kurzfristigen Mandatsverlängerung am Mittwoch zugestimmt, sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Wolfgang Hellmich (SPD), der Deutschen Presse-Agentur. „Aber wir haben Fragen und Klärungsbedarf in Bezug auf die Situation der Soldaten.“ Es gehe darum, wie gefährlich die Lage für die Bundeswehr nun sei und ob Gefahr drohe, in einen innerstaatlichen Konflikt hineingezogen zu werden. Darüber müsse im Parlament in den kommenden Monaten diskutiert werden. Die SPD hatte den Einsatz damals in der großen Koalition mitgetragen.

Die meisten Flüchtlinge aus der umstrittenen Stadt Kirkuk kehrten unterdessen nach UN-Angaben wieder zurück. Während des Vormarschs der irakischen Truppen auf die Stadt hatten in den vergangenen beiden Tagen mehr als 60.000 Menschen Kirkuk verlassen, wie das UN-Koordinierungsbüro Ocha am Mittwoch über Twitter mitteilte.

Die Bundeswehr bildet seit 2014 kurdische Peschmerga für den Kampf gegen den IS aus. Angesichts der militärischen Eskalation im Nordirak hat die Bundeswehr ihre dortige Mission zum Schutz der deutschen Soldaten vergangene Woche unterbrochen. Deutschland lieferte von 2014 bis 2016 zudem Waffen in großem Umfang an die Kurden.

Die Bundesregierung beschloss am Mittwoch die kurzfristige Verlängerung von sieben Einsätzen der Bundeswehr – darunter auch die Mission im Nordirak – um jeweils drei Monate. Damit soll die Zeit bis zur Bildung einer neuen Regierung überbrückt werden. Erst danach soll der Bundestag über die eigentliche Verlängerung – in der Regel um ein Jahr – und über Änderungen entscheiden.

Unter den Einsätzen sind die beiden größten der Bundeswehr: Die UN-Friedensmission in Mali und der Ausbildungseinsatz in Afghanistan. Die UN-Mission in Mali und die Ausbildungsunterstützung der kurdischen Peschmerga im Nordirak wurden bis Ende April, weitere fünf Auslandseinsätze bis Ende März verlängert.

Insgesamt sind derzeit gut 3700 Bundeswehrsoldaten an 15 internationalen Einsätzen beteiligt. Der neue parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, sagte der dpa, die SPD stehe zu ihrer Verantwortung für die Soldaten und Deutschlands in den Einsatzgebieten. „Wir machen uns nicht vom Acker, aber wir stellen der Koalition keinen Blankoscheck aus.“ Im November sollten die Mandate erneut in den Bundestag eingebracht, im Dezember darüber abgestimmt werden, sagte Schneider.

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