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Währungskrise Schwellenländer im freien Fall

Die Finanzkrise trifft jetzt ihre nächsten Opfer. Als Motor für die Weltwirtschaft fallen die bislang aufstrebenden Volkswirtschaften aus. Das wird auch die Euro-Zone spüren.

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Raghuram Rajan Quelle: AP

Eigentlich ist Raghuram Rajan ein besonnener Zeitgenosse. Doch bei einer Rede vor Studenten in Mumbai platzte dem Chef der indischen Zentralbank jüngst der Kragen. „Amerika sollte sich um die Auswirkungen seiner Politik auf den Rest der Welt sorgen“, giftete Rajan in Richtung Washington, wo die Währungshüter der amerikanischen Notenbank Fed ihren Hauptsitz haben. „Wenn die so weitermachen, sind wir in den Schwellenländern gezwungen, unsere eigenen Anpassungen vorzunehmen.“ Die aber werden die Amerikaner „nicht mögen“, drohte Rajan.

Anlass für die höchst ungewöhnlichen Schimpftiraden des obersten Währungshüters Indiens sind die jüngsten Volten an den Finanzmärkten. Die Aussicht auf steigende Zinsen in den USA hat Investoren veranlasst, den Schwellenländern den Rücken zu kehren. Hatten sie diese bis vor wenigen Monaten noch als neue Superstars der Weltwirtschaft bejubelt, so können sie ihr Geld nun nicht schnell genug nach Amerika abziehen. Der Exodus hat die Börsen der Schwellenländer einbrechen lassen, ihre Währungen befinden sich im freien Fall.

Verzweifelt versuchen die Notenbanker in Mumbai, Pretoria, Ankara und Brasilia, die Anleger durch höhere Zinsen in ihren Ländern zu halten. Doch bisher ohne nennenswerten Erfolg. Nun müssen sie fürchten, dass die höheren Geldbeschaffungskosten die Konjunktur abwürgen. Als Motor für die Weltwirtschaft fallen die Schwellenländer daher bis auf Weiteres aus. „Nach der Subprime-Krise in den USA und der Staatsschuldenkrise in Europa geht die Finanzkrise mit den Turbulenzen in den Schwellenländern in die nächste Runde“, sagt Thomas Mayer, volkswirtschaftlicher Berater der Deutschen Bank. Das werden vor allem die Länder der Euro-Zone spüren, die sich aus der wirtschaftlichen Misere herauszuexportieren hoffen. Das Krisenvirus droht wie ein Boomerang auf den alten Kontinent zurückzukehren.

Die Gefahr, die von der Geldpolitik in den USA für die Weltwirtschaft ausgeht, ist auch den Notenbankern in Washington bekannt. Doch sie lehnen es ab, die Verantwortung dafür zu übernehmen. „Manche glauben, dass wir die Zentralbank der Welt sind und unsere Politik entsprechend ausrichten sollten“, sagt Richard Fisher, Präsident der regionalen Notenbank in Dallas. Das aber sei falsch. „Wir sind die Zentralbank von Amerika“, so Fisher. Die Schwellenländer seien selbst schuld an den Turbulenzen, weil sie es in den vergangenen Jahren versäumt hätten, Reformen auf den Weg zu bringen.

Tatsächlich leiden viele Schwellenländer unter hausgemachten Problemen. Sie haben mehr Geld für Importe ausgegeben, als sie durch eigene Exporte verdient haben. Ihre Leistungsbilanzen rutschten in die roten Zahlen. Das gilt vor allem für die Shootingstars der vergangenen Jahre Brasilien, Türkei, Indien, Indonesien und Südafrika. Börsianer haben ihnen bereits den wenig schmeichelhaften Spitznamen „die fragilen fünf“ verpasst.

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