Waffen für den Irak Deutschland liefert Panzerabwehrraketen und Maschinengewehre

Die USA schickt schon lange Waffen für den Kampf gegen die Terrormiliz IS in den Irak. Jetzt wollen mehrere EU-Staaten mitziehen. Auch die Bundesregierung macht eine Ausnahme. Doch es gibt Widerspruch.

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Hilfslieferungen für den Irak. Quelle: dpa

Deutschland liefert Panzerabwehrraketen und Maschinengewehre für den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat an die Kurden im Nordirak. Das beschloss eine Ministerrunde unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntagabend in Berlin.

Den Einsatz von deutschen Kampftruppen im Irak schließt die Bundesregierung strikt aus.

Zugleich wird betont, dass es sich bei der Lieferung in ein Konfliktgebiet um einen Ausnahmefall handele. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) begründete dies damit, dass eine „Rückkehr der Barbarei“ verhindert werden müsse. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte der „Bild am Sonntag“: „Es gab und gibt keinen Automatismus, künftig irgendwohin Waffen zu liefern.“ Den Vorwurf einer Militarisierung der deutschen Außenpolitik wies sie zurück.

Merkel selbst wollte sich am Sonntagabend zu der Entscheidung nicht äußern. Die Kanzlerin gibt jedoch an diesem Montag im Bundestag zur neuen deutschen Haltung eine Regierungserklärung ab. Das Parlament stimmt dann auch über die Waffenlieferungen ab, wobei eine große Mehrheit erwartet wird. Dies hat aber nur symbolische Bedeutung - ein echtes Mitspracherecht hat der Bundestag nicht. Möglicherweise wird sich das Bundesverfassungsgericht damit befassen.

Was Deutschland im Irak leistet und nicht leistet

Innerhalb der großen Koalition aus Union und SPD gibt es nur wenig Widerspruch gegen die Lieferungen. Die Linke als größte Oppositionspartei hält sie jedoch für völkerrechtswidrig. In einem Beschluss des Vorstands vom Sonntag heißt es: „Die Bundesregierung wird mit der direkten Waffenlieferung an eine von mehreren Konfliktparteien vor Ort zur Kriegspartei.“ Damit verstoße damit gegen das Kriegswaffenkontroll- und Außenwirtschaftsgesetz. Bei den Grünen wird eine Mehrheit für die Lieferungen erwartet. Die Linke erinnert in dem Beschluss daran, dass Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eine restriktive Rüstungsexportpolitik angekündigt hat. „Dies ist mit dem geplanten Rüstungsexport völlig hinfällig“, heißt es in dem Beschluss. Gabriel selbst nennt die geplante Entscheidung der Bundesregierung über die Waffenlieferungen an die Kurden "eine der schwierigsten Entscheidungen, die ich in meinen Leben bislang treffen musste.“

Über die Parteigrenzen hinweg gibt es die Befürchtung, dass die Waffen auch in die falschen Hände gelangen könnten. Auch die Bundesregierung ist sich des Risikos bewusst. Steinmeier will deshalb dafür Sorge tragen, dass in Kurdistan keine Waffenlager angelegt werden. In der Kurdenhauptstadt Erbil sind schon die ersten sechs Bundeswehr-Soldaten vor Ort, um die Verteilung später zu organisieren.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, sieht die Lieferungen als Teil einer Nothilfe für die Menschen im Nordirak. „Wer Nothilfe übt, muss sich aber auch Gedanken darüber machen, wie das Wüten des IS, das die Not verursacht, eingegrenzt und möglichst beendet werden kann“, mahnte Schneider im Internetportal „Zeit Online“.

Welche Länder liefern Waffen in den Irak?

Nicht nur Deutschland will Waffen in den Irak schicken, auch andere Länder helfen bereits im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat.

USA und Kanada: Laut US-Kongress haben die Amerikaner ihre Waffenlieferungen an den Irak seit Dezember 2013 verstärkt. Zunächst wurden danach 675 Hellfire-Raketen geliefert. Ende Juli sollen Berichten zufolge 500 weitere zugesagt worden sein. Auch 30 Apache-Kampfhubschrauber und 36 F16-Kampfjets sollen geliefert werden. Mehrere Überwachungsdrohnen sind bereits dorthin verkauft. Auch Kanada liefert nach offiziellen Angaben schon.

Neun Länder unterstützen die Kurden im Kampf gegen die Terrorgruppe IS bereits mit Waffen. Die Bundesregierung gibt sich jedoch noch Bedenkzeit für eine eigene Lieferung - bis Sonntag.

Iran: Teheran hat Lieferungen offiziell nie bestätigt. Nach Angaben von Massud Barsani, dem Präsidenten der kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak, war der Iran aber sogar das erste Land, das Waffen schickte. Teheran wollte dies aber angeblich geheim halten, da iranische Waffen für Bekämpfung einer islamischen Gruppe doch nicht so recht ins außenpolitische Bild passen. Zudem gibt es Gerüchte, wonach erst nach Koordinierung mit dem Erzfeind USA geliefert wurde.

Frankreich: Als erstes EU-Land hatte Frankreich früh sofortige Waffenlieferungen angekündigt. Über Art und Menge schweigt die Regierung in Paris allerdings. Nach unbestätigten Informationen stellt Frankreich vor allem schwere Maschinengewehre sowie Raketenwerfer mit einer Reichweite von bis zu vier Kilometern zur Verfügung.

Großbritannien: London hat sich bereits Mitte August grundsätzlich zur Versorgung der irakischen Kurden mit Waffen bereiterklärt. Konkrete Beschlüsse sind aber noch nicht bekannt geworden. Zudem hat Großbritannien erklärt, man werde mit Transportkapazitäten dabei helfen, Waffen anderer Staaten zu befördern.

Italien: Die Waffenlieferung in den Irak aus Italien soll nach Angaben des Verteidigungsministeriums bald erfolgen. Ob die Waffen per Flugzeug oder per Boot geliefert werden, hängt von der Anzahl ab. Über genaue Waffentypen wurde noch nicht abgestimmt. Klar ist nur, dass lediglich leichte Waffen geliefert werden. Es soll sich um Panzerabwehrraketen und leichte automatische Waffen mit dazugehöriger Munition handeln.

Dänemark: Das dortige Parlament hat die Bereitstellung eines Transportflugzeuges für Waffenlieferungen in den Irak einstimmig gebilligt. Die Waffen selbst will Dänemark allerdings nicht liefern. Woher sie stattdessen kommen sollen, ist noch nicht bekannt.

Australien: Premierminister Tony Abbott gab am Sonntag bekannt, dass die australische Luftwaffe auf Bitten der USA militärische Ausrüstung und Munition in den Irak bringen wird. Dazu sollen Flugzeuge vom Typ Hercules C-130 und Globemaster C-17 eingesetzt werden.

Andere EU-Länder: Mehrere andere EU-Länder erwägen ebenfalls Lieferungen. Die Kurden kämpfen mit Handfeuerwaffen aus der ehemaligen Sowjetunion, die auch die Armeen im früheren Ostblock in ihren Beständen haben. Ungarn und Tschechien haben die Lieferung von Munition bereits beschlossen. Anderswo steht die Entscheidung noch aus. Kroatien und Albanien - das nicht zur EU gehört - haben offiziell bestätigt, dass sie auch Waffen liefern. Details sind geheime Kommandosache.

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