Die Atmosphäre im Gottesstaat Iran ist noch immer erdrückend und angespannt. "Amerika ist unser Todfeind", sagt ein sonst freundlicher Rentner im Park, der für den Konservativen Mir-Salim stimmte. Für Frauen herrscht Kopftuchzwang, auch wenn viele Iranerinnen das Gesetz aushöhlen, indem sie die Schleier auf dem Hinterkopf tragen. Alkohol gibt es offiziell nicht. Gleichzeitig lechzen gerade viele junge Iraner nach Kontakt mit dem Ausland. Noch immer ist das Land weitgehend vom internationalen Zahlungsverkehr abgeschnitten. Wer das Land besuchen will, muss vorher Geld in bar abheben. Kredit- und EC-Karten funktionieren nicht.
Was ärgerlich für Touristen ist, macht für Unternehmen Geschäfte schwer. Viele Banken wollen Investitionen in den Iran nicht finanzieren. Zwar sind mit dem Atom-Deal eine Reihe von Sanktionen weggefallen, andere aber, die die USA im Zusammenhang mit Unterstützung von Terrorismus gegen den Iran verhängten, sind weiter intakt. Deutsche Banken mit US-Geschäft scheuen Geschäfte mit dem Iran, weil sie Strafen in den USA fürchten. Es bleiben die Sparkassen und die Deutsch-Iranische Handelsbank.
So sind die Investitionen auch hinter den anfänglichen Erwartungen zurückgeblieben: Von den 30 Milliarden US-Dollar, die die Regierung anfänglich erwartet hatte, kamen gerade einmal drei Milliarden im Land an.
Das Potenzial des 80-Millionen-Marktes ist nach wie vor da: Vor allem Maschinen- und Anlagen-Bauer haben hier große Chancen. Die Industrie des Iran ist nach Jahren der Abschottung völlig veraltet. Kurz nach dem Wegfall der Sanktionen vor eineinhalb Jahren sprach die iranische Regierung von einem Investitionsbedarf von 200 Milliarden Euro - insbesondere in der Öl- und Gasindustrie. Die deutschen Exporte waren 2016 um 25 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro gestiegen. Mittelfristig rechnet man mit einem Export-Volumen von fünf Milliarden Euro, langfristig sogar zehn Milliarden. Deutsche Autohersteller sind ebenfalls noch nicht im Iran vertreten - im Gegensatz zu den Franzosen: Peugeot produziert im Joint-Venture mit dem iranischen Autobauer Khodro.
Fragen und Antworten zum politischen System im Iran
Die Grundlage basiert auf dem Welajate-Faghih-System (Statthalterschaft des Rechtsgelehrten) in dem der oberste religiöse Führer des Landes de facto Staatsoberhaupt ist und das Sagen hat. Von 1979 bis 1989 agierte Revolutionsführer Großajatollah Chomeini in dieser Funktion. Nach seinem Tod 1989 wurde Ajatollah Ali Chamenei zum neuen obersten Führer und geistlichen Oberhaupt ernannt.
Der Präsident, das Parlament und der Expertenrat werden demokratisch gewählt. Der Präsident ist politisch verantwortlich für Innen-, Außen- und Wirtschaftspolitik. Zwar ist der oberste Führer Staatsoberhaupt und steht über dem Präsidenten, mischt sich aber nicht direkt in die Arbeit von Regierung, Justiz oder Parlament ein. Bei strategischen Belangen - wie etwa der Billigung des Atomabkommens mit den Weltmächten 2015 - hat der Führer allerdings das letzte Wort. Der Präsident kann in solchen Fällen nicht alleine entscheiden.
Der Expertenrat ist ein Gremium von 88 Klerikern, das den Führer ernennt und dessen Arbeit kontrolliert. Da die Mitglieder des Expertenrats demokratisch gewählt werden, ist nach der Verfassung auch die Ernennung des Führers Teil eines demokratischen Prozesses. Der Wächterrat ist ein konstitutionelles Kontrollgremium mit zwölf Mitgliedern. Sechs davon sind vom Führer ernannte Kleriker, sechs vom Parlament gewählte Juristen. Jedes Gesetz muss von diesem Rat bestätigt werden. Außerdem entscheidet der Rat über die ideologische Qualifikation der Kandidaten für die Wahlen von Präsident, Parlament und Expertenrat.
Im Iran gibt es zwar Parteien, die aber mehr als politische Fraktionen und Gruppierungen agieren. Daher werden sie auch in den Medien „Dschenah“ (Flügel) genannt. Besonders hochrangige Politiker behaupten immer, dass sie überparteilich sind. Es gibt zahlreiche Fraktionen, die aber in drei Gruppen aufgeteilt werden können: die Konservativen, die Fundamentalisten - darunter auch Hardliner - und die Reformer.
Die Konservativen und die Fundamentalisten halten sich beide an die Werte der Revolution. Nur ist ein Teil der Konservativen auch offen für kontrollierte Beziehungen mit dem Westen und begrenzte innenpolitische Reformen. Die Fundamentalisten stehen den Hardlinern näher. Die sehen im Westen den imperialistischen Feind und wollen eine rein islamische Gesellschaft fern von allem Westlichen. Die Reformer wollen außen- und wirtschaftspolitisch gute Beziehungen mit dem Westen. Auch innen- und kulturpolitisch sowie gesellschaftlich fordern sie mehr Freiheiten.
Seit etwa einem Jahr gewährt der Bund auch wieder Hermes-Deckungen für den Iran. Das ist für Exporteure wichtig: Sollten Abnehmer im Iran die bestellte Ware nicht bezahlen, springt der Bund ein und ersetzt die Verluste. Lange Zeit gab es die Exportgarantien für den Iran nicht. Grund waren Altschulden des Landes in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro. Anfang 2016 hatte Teheran diese Schulden schließlich beglichen. Grundsätzlich gewährt der Bund Hermes-Deckungen nur für Märkte, die als ausreichend politisch und wirtschaftlich stabil gelten.
Diese Stabilität aber ist immer noch brüchig. Seit Trump an der Macht ist, und der Atom-Deal in Frage steht (Trump bezeichnete das Abkommen einmal als "the worst deal ever"), könnte sich die Situation schnell wieder drehen.
In die Lücke springen oft chinesische Unternehmen. China ist seit Jahren der wichtigste Handelspartner des Landes und soll an Bedeutung zunehmen. Im Austausch gegen Öl übernehmen sie große Infrastrukturprojekte wie zum Beispiel die Teheraner U-Bahn. Iran ist Teil der neuen Seidenstraßen-Initiative Pekings. Beide Länder wollen den bilateralen Handel in der nächsten Dekade auf 600 Milliarden-US-Dollar erhöhen.