Wahlen in Italien Sicher ist nur die Unsicherheit

Das Parlament in Italien ist aufgelöst, der Wahlkampf beginnt. In den Umfragen führt eine Partei, die alles blockieren will. Profitieren könnte ausgerechnet ein alter Bekannter: Silvio Berlusconi.

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Ein weiteres großes EU-Land wird auf unabsehbare Zeit von einer geschäftsführenden Regierung gelenkt: In Italien hat Staatspräsident Sergio Mattarella wie vorgesehen das aktuelle Parlament aufgelöst und damit den Prozess zur Neuwahl angestoßen. Als Wahltermin wird der 4. März gehandelt. Das bisherige Parlament war im Februar 2013 gewählt worden.

Die Regierungsbildung nach der Wahl könnte noch komplizierter werden als in Deutschland. Denn in den Umfragen liegt die Spaßpartei „Fünf Sterne“ vorne. Will man sie mit deutschen Parteien vergleichen, finden sich Parallelen zu den Programmen von AfD und Linkspartei. In ihrer Ernsthaftigkeit liegt sie aber eher auf dem Niveau der „Partei“ des Satirikers und EU-Abgeordneten Martin Sonneborn. „Fünf Sterne“-Spitzenkandidat Luigi Di Maio wurde in einer TV-Castingshow ausgewählt. Er bewirbt sich zwar auf das Amt des Ministerpräsidenten, will aber keine Koalitionen eingehen.

Mit diesem Kurs kommt „Fünf Sterne“ in der jüngsten Umfrage auf 29 Prozent – und damit auf ein besseres Ergebnis als jede andere Partei. Die Zusammensetzung des neuen Parlaments lässt sich allerdings nur schwer vorhersagen. Denn erst im Oktober wurde das Wahlrecht geändert. Die „Fünf Sterne“ könnten davon benachteiligt sein, befürchten sie selbst.

Absehbar ist aber, dass eine Koalitionsbildung schwierig wird. Die sozialdemokratische Regierungspartei PD des beliebten Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni steht bei nur 23 Prozent. Das liegt unter anderem daran, dass sie von internen Abspaltungen geschwächt ist. Außerdem ist der Parteichef und ehemalige Ministerpräsident Matteo Renzi eher unbeliebt.

Profitieren könnte die rechtskonservative Partei Forza Italia, die derzeit auf 16 Prozent kommt. Sie wird vom 81-jährigen Ex-Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi geführt, der zwar selber nicht kandidieren darf, aber im Falle einer Regierungsbeteiligung seiner Partei erheblichen Einfluss hätte. Derzeit wirbt er mit dem Plan einer radikalen Steuersenkung. Zusammen mit den Rechts-Parteien Lega Nord und Fratelli d'Italia könnte Forza Italia noch die besten Aussichten auf eine Regierungsbildung haben.

Den Auftakt in den Wahlkampf machte Gentiloni mit seiner traditionellen Pressekonferenz zum Jahresende, bei der er eine positive Bilanz seiner einjährigen Regierungsarbeit zog. Gentiloni war im Dezember 2016 Ministerpräsident geworden, nachdem sein Vorgänger Matteo Renzi wegen eines verlorenen Referendums zurückgetreten war.

„Wir haben uns nicht durchgewurstelt“, sagte Gentiloni. „Meine Regierung hat wenige Ankündigungen gemacht, aber meiner Meinung nach nicht wenige Entscheidungen getroffen.“ Italien stehe wesentlich besser da, als zu Beginn der Legislaturperiode 2013. „Das berühmte Schlusslicht Europas sind nicht mehr wir.“ Der Haushalt, den das Parlament kurz vor Weihnachten verabschiedet hatte, sieht eine Neuverschuldung von 1,6 Prozent des BIP vor. Dieses Jahr werden es voraussichtlich 2,1 Prozent werden.

Den ruhigen, zuversichtlichen Ton, den Gentiloni in seiner Pressekonferenz setzte, werden die Italiener vielleicht noch vermissen. Sowohl seine Kontrahenten wie auch seine Parteifreunde werden im Wahlkampf wohl ihre Streitlust ausleben. Die Regierungsbildung wird das nicht einfacher machen – wodurch Gentiloni noch lange im Amt bleiben könnte. Auch dazu fand er beschwichtigende Worte: „Wir sollten das Thema der Instabilität auch nicht dramatisieren“, sagte er. „Die Regierung wird regieren.“

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