Wahlen in Russland Die Metamorphosen des Präsidenten Putin

Zuhause wie im Ausland markiert Wladimir Putin gern den starken Mann – denn nur so glaubt er, dem russischen Wähler zu gefallen. Die Wahlen am Sonntag könnten erstmals zeigen, dass dies ein Trugschluss ist.

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Putins beste Sprüche
Putins beste Sprüche„Ich weiß nicht, womit sie heizen wollen. Atom wollen sie nicht, Gas wollen sie nicht. Wollen sie wieder mit Holz heizen?“ Putin über die Energiedebatte in Deutschland, November 2010
„Wir werden unser Volk nicht vergiften.“  Zum Importverbot für EU-Gemüse wegen Ehec, 11.6.2011
„Wo man nicht zusammen kommen kann, bekommt man den Knüppel auf die Rübe“   Zum Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten, 6.9.2010.
„Wer das getan hat, wird den Preis dafür bezahlen und im Suff oder Drogenkonsum enden“ Über den Verrat russischer Spione in den USA, 2.8.2010.
„Ich habe vielleicht in der Universität nicht das allermeiste gelernt, weil ich in der Freizeit viel Bier getrunken habe. Aber einiges habe ich doch behalten, weil wir sehr gute Dozenten hatten.“ Über sein Studium, Mai 2005.
„Die Russen kommen hier nicht mit Kalaschnikow und mit Panzern her, sondern Russland bringt das Geld mit.“ Zu Investitionen russischer Unternehmen in Deutschland, Oktober 2006.
„Niemand will, dass die G8 zu einer Ansammlung fetter Kater wird.“ Über die Rolle Russlands in der Gruppe der führenden Industrienationen, Januar 2006.

Eigentlich begann der Aufstieg des Wladimir Putin am 12. August des Jahres 2000 – einem stickig-heißen Sommertag, an dem Russland mal wieder unter Schock stand. An jenem Morgen sank das Atom-U-Boot Kursk auf den Grund des eisigen Nordmeers, der Stolz der russischen Marine. Viele der 118 Seeleute hatten hatten noch für Stunden Luft zum Atmen, bevor sie starben, weil die Rettung des Schiffs zu lange dauerte.

Wladimir Putin war damals schon mehr als ein halbes Jahr als Präsident im Amt. Ein Jahr zuvor hatte er als Regierungschef den zweiten Tschetschenien-Krieg beendet, was die Russen schätzten. All die Lorbeeren verspielte er aber an jenem 12 August: Der neue Präsident urlaubte ganz cool am Schwarzen Meer, anstatt die dramatische Kursk-Rettung vor Ort zu koordinieren.

Als Politiker war Putin damals noch unerfahren. Aber er hat damals schnell verstanden, wie man sich in Russland im Sattel hält: Mit einfühlsamer Volksnähe, entschlossenem Handeln und der passenden Intonation auf allen medialen Kanälen. Heute stützt sich Putins Macht im Wesentlichen auf einen mächtigen PR-Apparat: Russlands Regisseure für politische Kommunikation inszenieren „WWP“ – Wladimir Wladimirowitsch Putin – jeden Tag aufs Neue so, dass ihn das Volk liebt und wählt.

Die Milliardäre dachten, Putin sei kontrollierbar

Im Jahr 1999, als der Geheimdienstler Wladimir Putin mit Unterstützung einer Handvoll Oligarchen auf die politische Bühne geschickt wurde, war die russische Bevölkerung noch recht kalkulierbar: In der Alterskohorte von Putin trauerte man dem Verlust imperialer Größe nach, auf die man zu Sowjetzeiten stolz gewesen war. Verschärft wurde der gefühlte politische Abstieg Russlands durch die ökonomische Krise: Korruption, Missmanagement und eine überstürzte Privatisierung hatten die Russen in den neunziger Jahre in Armut gestürzt.

Zahlen und Fakten zu Russland

Putin war jener unverbrauchte junge Mann, der Ordnung schaffen sollte – so hatten sich das zumindest die Multimilliardäre um Medienzar Boris Beresowski vorgestellt, die ihn als kontrollierbaren Präsidenten aufs Trapez schickten. Das PR-Projekt Putin glückt so lange, bis sich „WWP“ erfolgreich zur politischen Marke entwickelte: Putin, sensibilisiert durch das Image-Debakel beim Kursk-Unglück, setzte sich nicht nur als „Stabilisator“ in Szene, sondern parlierte auch als bodenständiger Macher mit Sinn für Humor, zuweilen mit durchaus groben Zügen.

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