Wahlen in Spanien – die TV-Debatte Buenas noches, España!

Zwei Wochen vor Neuwahlen in Spanien hält der politische Streit an. Bei einer TV-Debatte beschuldigten sich die Kandidaten gegenseitig. Die Bildung einer Regierungskoalition dürfte äußerst schwierig werden.

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Fernseher in einer Bar. Auf dem Bildschirm sind Spaniens konservativer Ministerpräsident Rajoy und der Sozialistenchef Sánchez zu sehen. Quelle: AP

Madrid Spanien verlangt seinen Wählern einiges ab: Bis 0:30 Uhr dauerte gestern die TV-Debatte der Spitzenkandidaten der vier großen Parteien. Es war das einzige Fernsehduell, das es vor den Neuwahlen am 26. Juni geben wird. Doch wer sich erhofft hatte, anschließend klarer zu sehen, welche Partei mit wem koalieren und so zumindest im zweiten Anlauf eine Regierung stellen könnte, der wurde enttäuscht.

Auch sechs Monate nach den ersten Wahlen, die mit ergebnislosen Verhandlungen über eine Mehrheit endeten, dominierten gegenseitige Anschuldigungen. Vor allem der Graben zwischen den beiden Traditionsparteien ist so tief wie eh und je: „Niemand wird alleine regieren können und niemand will mit Rajoy regieren“, ätzte Sozialistenchef Pedro Sánchez gegen den amtierenden konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy. Die Hoffnung zahlreicher Ökonomen, dass es zu einer großen Koalition zwischen Konservativen und Sozialisten kommt, dürfte nach der Debatte gedämpft sein. Zumindest dann, wenn die beiden Spitzenkandidaten im Amt bleiben.

Allerdings hat Sánchez auch gegen die Alternative gekeilt und die ausgestreckte Hand von Pablo Iglesias, dem Chef der linkspopulistischen Partei Podemos, ausgeschlagen. Iglesias hat sich vor wenigen Wochen mit den Postkommunisten von Izquierda Unida zusammen getan und landet damit in Umfragen auf dem zweiten Platz – hinter den Konservativen und vor den Sozialisten, die damit zum großen Verlierer der Neuwahlen werden könnten.

Sánchez versuchte in der Debatte deshalb, sich als einzige sozialdemokratische Alternative zu präsentieren und bezeichnete Konservative und Unidos Podemos als „Die Extremen“. Iglesias ließ sich nicht provozieren und mahnte: „Der Gegner ist Rajoy, Pedro“.


Kein klarer Sieger

Tatsächlich konzentrierte sich die Debatte in weiten Teilen darauf, die Sparpolitik des amtierenden Ministerpräsidenten zu geißeln. Der aber ging weniger angeschlagen als erwartet aus dem Duell und verwies immer wieder darauf, dass er Spanien in der Krise vor der Pleite gerettet und ein Rettungsprogramm nach dem Beispiel Griechenlands abgewendet habe.

Wem die Debatte gar nicht gefallen haben dürfte, ist Brüssel. Die EU erwartet von Spanien Sparmaßnahmen in Höhe von rund acht Milliarden Euro, um das Haushaltsdefizit auf die vereinbarten drei Prozent zu reduzieren. Doch bis auf die neue wirtschaftsliberale Partei Ciudadanos hat niemand entsprechende Maßnahmen im Programm.

Podemos-Chef Iglesias fordert ein Ende der Austerität und höhere Staatsausgaben. Sozialistenchef Sánchez will ein späteres Datum für das Defizitziel mit der EU verhandeln und Rajoy argumentiert, es werde durch das anhaltende Wachstum und die Reduzierung der Arbeitslosigkeit automatisch erfüllt.

Spanische Medien sind sich einig, dass es in der Debatte keinen klaren Sieger gab. Selbst der telegene Iglesias blieb vergleichsweise blass und wirkte müde. Er konnte seinen Trumpf, in hitzigen Debatten die Ruhe zu bewahren, dieses Mal nicht ausspielen, weil die Diskussion für spanische Verhältnisse sehr geordnet ablief. Statt sich ständig gegenseitig ins Wort zu fallen, ließen sich die Kontrahenten ausreden und hielten sich ans Drehbuch der Moderatoren.

Den Zuschauern, die bis nach Mitternacht ausharrten, erleichterte es das Zuhören. Den 32 Prozent Unentschlossenen lieferte es allerdings wenig neue Erkenntnisse für ihre Entscheidung an der Urne.

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