Wahlschlappe für Regierungschef Fico Die Slowakei rückt nach rechts

Berechenbar ist nur die Unberechenbarkeit: Bei der Wahl in der Slowakei sind mehrere neue Parteien ins Parlament eingezogen. Stark schnitt eine rechtsextreme Gruppe ab. Die Regierungsbildung dürfte schwierig werden.

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Bratislava Die Sozialdemokraten von Ministerpräsident Robert Fico haben bei der Parlamentswahl in der Slowakei eine heftige Niederlage erlitten, bleiben aber stärkste Kraft. Nach dem am Sonntag vom staatlichen Statistikamt veröffentlichten vorläufigen Ergebnis stürzte die Partei von 44,4 Prozent vor vier Jahren auf jetzt 28,3 Prozent ab und verlor damit die absolute Mehrheit der Sitze.

Die liberale Partei SaS des auch aus deutschen TV-Talkshows bekannten Euro-Kritikers Richard Sulik wurde nach Auszählung von 99,96 Prozent der Stimmen mit 12,1 Prozent zweitstärkste Kraft. Insgesamt kamen acht Parteien ins Parlament, von denen mehrere politisch schwer berechenbar sind (hier finden Sie englischsprachige Informationen zur Wahl).

Angesichts dieses Ergebnisses wurde eine sehr schwierige Regierungsbildung erwartet. Fico sprach noch in der Nacht von einer „Pattsituation“. Er sehe sich aber in der Pflicht, eine neue Regierung zu formen. Dies werde allerdings aufgrund der hohen Zahl von zum Teil erst neu entstandenen und noch unberechenbaren Parlamentsparteien schwieriger als nach früheren Wahlen. Er werde mit allen Parteien Gespräche führen, die ins Parlament gekommen seien. Fico hatte die Ablehnung von Flüchtlingen zum Hauptthema seines Wahlkampfes gemacht. Vor allem Muslime hatte er als nicht integrationsfähig bezeichnet.

Für einen Schock sorgte der erstmalige Einzug einer rechtsextremistischen Partei ins Parlament. Die mit ihrer rassistischen Hetze gegen Flüchtlinge und die Roma-Minderheit hart am Rande der Legalität agierende Volkspartei Unsere Slowakei (LSNS) kam auf 8,0 Prozent. Ihr Gründer und Parteiführer Marian Kotleba war bereits mehrfach wegen Rassismus und Rechtsextremismus angeklagt, aber noch nie rechtskräftig verurteilt worden.

Die Slowakei übernimmt ab 1. Juli für ein halbes Jahr den EU-Ratsvorsitz. Dementsprechend besorgt zeigte sich Außenminister Miroslav Lajcak über das internationale Ansehen der Slowakei: „Niemand hat Grund, sich zu freuen, denn wir haben Faschisten ins Parlament gewählt.“

Ein schweres Debakel erlitt die ehemalige christdemokratische Regierungspartei SDKU, die bis 2012 dreimal die Regierung geführt und mit Mikulas Dzurinda und Iveta Radicova gleich zwei Regierungschefs gestellt hatte. Sie erhielt nach der Prognose weniger als ein Prozent der Stimmen und wird nicht mehr im Parlament vertreten sein. Auch die von Ex-EU-Kommissar Jan Figel geführte und der katholischen Kirche nahestehende Christdemokratische Bewegung KDH wird erstmals seit dem Ende des Kommunismus nicht mehr im Parlament vertreten sein.

Igor Matovic, Chef der nach der Prognose drittstärksten Partei „Gewöhnliche Leute“ (Olano), sprach von einem „politischen Erdbeben“, das die Wahl ausgelöst habe. Die konservative Olano hatte sich bisher im Parlament als schwer berechenbar erwiesen und war daher vor der Wahl von mehreren anderen Parteien als nicht koalitionsfähig abgelehnt worden.

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