Wegen Protesten Hongkong rechnet mit „sehr schlechten“ Wirtschaftsdaten

Proteste: Hongkong rechnet mit „sehr schlechten“ Wirtschaftsdaten Quelle: REUTERS

Die Proteste in Hongkong dauern seit Monaten an und führen auch immer wieder zu Gewalttaten. Erst am vergangenen Wochenende wurden Geschäfte und Bankfilialen verwüstet. Hongkong sorgt sich um seine Wirtschaftsleistung.

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Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam rechnet wegen der seit vier Monaten anhaltenden Proteste mit massiven Auswirkungen auf die Wirtschaft der Finanzmetropole. Die Konjunkturdaten für das dritte Quartal würden „sicherlich sehr schlecht“ ausfallen, sagte Lam am Dienstag. Die Zahl der Touristen sei eingebrochen. „In den ersten sechs Tagen im Oktober, während der Ferien in der sogenannten Goldenen Woche, ging die Zahl der Besucher in Hongkong um die Hälfte zurück.“ Handel, Hotels, Gastronomie und die gesamte Tourismusbranche würden schwer belastet. Rund 600.000 Beschäftigte in dem Bereich seien davon betroffen, sagte Lam.

Im Zuge der Proteste am vergangenen langen Wochenende wurden Geschäfte und Bankfilialen verwüstet. Zahlreiche Restaurants und Einkaufszentren blieben geschlossen. Die Polizei setzte Tränengas gegen Demonstranten ein. Die Hongkonger U-Bahn, die normalerweise rund fünf Millionen Fahrgäste pro Tag transportiert, schränkte auch am Dienstag ihren Betrieb ein. Etliche Stationen mussten geschlossen bleiben und wieder instandgesetzt werden, teilte der Betreiber MTR mit.

Regierungschefin Lam, der die Bevölkerung zu große Nähe zur Führung in Peking vorwirft, versicherte, sie werde das Notstandsgesetz aus der Kolonialzeit nicht erneut nutzen, um neue Bestimmungen zu erlassen. Auf dieser Grundlage hatte die Regierung am Freitag ein Vermummungsverbot ausgesprochen, was am Wochenende zu den erneuten massiven Protesten führte.

Hongkongs Regierungschefin schließt Eingreifen Chinas nicht aus

Allerdings sagte Lam bei einer Pressekonferenz am Dienstag auch, sie schließe ein Eingreifen des chinesischen Militärs im Falle einer krassen Eskalation der Proteste nicht aus. „Wenn die Situation so schlimm wird, kann keine Option ausgeschlossen werden“, sagte Lam auf die Frage eines Journalisten, ab welchem Punkt sie die chinesische Regierung um Hilfe bitten würde. Lam machte dabei aber mehrfach deutlich, dass sie weiterhin davon ausgehe, dass Hongkongs Regierung die Lage alleine bewältigen könne. „Zu diesem Zeitpunkt habe ich noch das starke Gefühl, dass wir die Lösungen selbst finden werden“, sagte Lam. Dies sei auch die Position der chinesischen Zentralregierung.

Mehr als 10.000 Soldaten der Volksbefreiungsarmee sind seit der Rückgabe der britischen Kronkolonie 1997 an China in Hongkong stationiert. Nach unbestätigten Berichten soll die Truppenstärke angesichts der Proteste unter dem Vorwand einer Rotation heimlich aufgestockt worden sein. Auch sollen an der Grenze Spezialkräfte stationiert worden sein. Nach geltendem Recht könnte Hongkongs Regierung die Zentralregierung in Peking um militärische Hilfe bitten, wenn sie mit den Protesten nicht mehr klar kommt.

Hongkong: Wie die Proteste die Wirtschaft treffen




Die sieben Millionen Hongkonger stehen unter Chinas Souveränität, genießen aber – anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik – mehr Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit, um die sie jetzt fürchten.

Die Kundgebungen in Hongkong begannen bereits im Juni als Widerstand gegen einen inzwischen zurückgezogenen Gesetzentwurf für Auslieferungen Beschuldigter an die Volksrepublik China. Doch die Demonstranten sehen auch allgemeine Freiheiten gefährdet, die die ehemalige britische Kolonie genießt. Inzwischen richten sich die Proteste auch gegen die Regierung in Peking. Die frühere britische Kronkolonie Hongkong ist seit 1997 eine Sonderverwaltungszone der Volksrepublik.

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