Wegen Terrorkampagne Serbiens Ex-Sicherheitschefs vor UN-Tribunal

Elite-Einheiten brachten im Bosnienkrieg Tod und Verderben. Ihr Ziel: Ein ethnisch reines Groß-Serbien. Für diese Verbrechen stehen nun zwei Vertraute von Ex-Präsident Milosevic erneut vor Gericht.

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Die ehemaligen Chefs des serbischen Sicherheitsdienstes vor dem UN-Gericht. Quelle: AP

Den Haag Vier Jahre nach ihrem umstrittenen Freispruch müssen sich die ehemaligen Chefs des serbischen Sicherheitsdienstes erneut wegen schwerster Verbrechen im Bosnienkrieg 1991 bis 1995 verantworten. Jovica Stanisic (66) und Franko Simatovic (67) seien verantwortlich für die „Terrorkampagne“ von berüchtigten paramilitärischen Gruppen gegen Muslime und Kroaten, sagte Ankläger Douglas Stringer am Dienstag in Den Haag. Durch Mord, Vertreibung und Zerstörung sollte ein „ethnisch reines Großserbien erreicht werden.“

Beide Angeklagte waren enge Vertraute des damaligen jugoslawischen Staatspräsidenten Slobodan Milosevic. In einem ersten Prozess waren sie 2013 noch freigesprochen worden. Das Urteil war auf Empörung und Unverständnis gestoßen. In Serbien allerdings war der Freispruch bejubelt worden. Dann aber hatten die UN-Richter 2015 im Berufungsverfahren das Urteil für ungültig erklärt und einen neuen Prozess angeordnet.

Die Angeklagten hatten ihre Unschuld beteuert. Im ersten Prozess hatte die Anklage für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit lebenslange Haft gefordert.

Unter Staatspräsident Milosevic war Stani?ic der Leiter des staatlichen Sicherheitsdienstes und Simatovic sein Stellvertreter. Beide gehörten nach Darstellung der Anklage ebenso wie Milosevic einer kriminellen Vereinigung an, die mit allen Mitteln ein „ethnisch reines Serbien“ erreichen wollte. Das UN-Tribunal hatte auch Milosevic den Prozess gemacht. Doch der war 2006 im Gefängnis gestorben, noch bevor das Urteil gesprochen worden war.

Ankläger Stringer schilderte im Gerichtssaal wie paramilitärische Elite-Einheiten bewusst gegen nicht-serbische Bevölkerungsgruppen eingesetzt worden waren. Die Angeklagten hätten sie eingesetzt und sie mit Waffen, Geld und Uniformen ausgerüstet. Durch eine „systematische Kampagne sollten Nicht-Serben aus serbischen Gebieten in Kroatien und Bosnien-Herzegowina gejagt werden“, sagte Stringer.

Dieser Prozess gehört zu den letzten großen internationalen Verfahren zu den Verbrechen während des Balkankrieges. Kurz vor dem Abschluss steht der Prozess gegen den früheren serbischen General Ratko Mladic. Er muss sich unter anderem wegen des Völkermordes von Srebrenica verantworten. Ein Urteil wird für November erwartet.

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