Weltklimakonferenz COP27 5 Gründe, warum der Klimaschutz nicht vorankommt

Quelle: Bloomberg

Warum die Weltklimakonferenz in Ägypten bisher viele Appelle und Ankündigungen produziert hat, aber wenig Greifbares, ja sogar eher Entmutigendes zu erwarten ist.

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Dort im ägyptischen Sharm el Sheikh läuft seit knapp zwei Wochen die Mammutkonferenz der Vereinten Nationen, die COP27, die als einzige Versammlung tatsächlich weltweit Einfluss beim Klimaschutz nehmen kann. 

Das Ziel: Knapp 200 Staaten sollten bis zu Beginn der Konferenz ihre nationalen Klimaziele überprüfen und nun gemeinsam ehrgeizigere neue formulieren. Es geht auch um langfristige Strategien, wie bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaschädliche Emissionen auf null sinken sollen. Im Kern ging es darum, ob die verbindlichen Beschlüsse aus dem Übereinkommen von Paris („Paris Agreement“) aus dem Jahr 2015 jetzt auch wirklich umgesetzt werden. So soll die Erderwärmung auf höchstens 1,5 Grad Celsius im Vergleich zu vor der Industrialisierung begrenzt werden.

Nichts sieht kurz vor dem angestrebten Schluss der Konferenz danach aus, dass das Ziel 1,5 Grad irgendwie zu halten ist – mit gravierenden Folgen für viele Regionen der Erde. Wenig ist sichtbar, wie die bereits versprochenen Schritte der einzelnen Länder von ihren Regierungen auch tatsächlich eingehalten werden. Offen ist auch noch, ob die Vertragsstaaten ein anderes Versprechen einhalten, das schon anerkennt, dass die Klimakrise schwere Folgen haben wird. 100 Milliarden US-Dollar im Jahr sollen reichere Staaten den ärmeren bereitstellen, damit die ihre Gesellschaften krisenfest und brennstofffrei umbauen können.

Warum klaffen die Erkenntnis über die gravierenden Folgen der Erderwärmung und die Umsetzung vorhandener Strategien dagegen so weit auseinander? Im Lauf der COP27, der mittlerweile 27. Weltklimakonferenz, haben sich fünf Erklärungen herauskristallisiert:

1. Kriegszeiten sind schlechte Zeiten für Kooperation und das Klima

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine erschwert die Verhandlungen. Die Welt teilt sich wieder eher in Blöcke, die Bereitschaft zum gemeinsamen Handeln ist geringer und Brennstoffe aus Russland sind in großen Industrieländern Europas knapp geworden, Gas und Erdöl werden von anderswo beschafft. Die besonders klimaschädliche Verfeuerung von Kohle hat Sonderkonjunktur, weil damit etwa knappes Gas ersetzt werden kann. Statt neue fossile Lagerstätten zu erschließen, dürften nach den Uno-Zielen keine neuen Vorkommen von Kohle, Öl oder Gas mehr gefördert werden.

Ein Lichtblick: Mittelfristig unterstützen die hohen Preise der herkömmlichen Energie, dass verstärkt in CO2-freie Quellen investiert wird.

Der Krieg hat auch dazu geführt, dass Lebensmittel weltweit knapper und teurer werden. Das setzt vor allem ärmeren Ländern zu, verschärft die Verteilung weltweit und senkt die Bereitschaft, zusätzlich Geld für klimaschonende Energie einzusetzen.

2. Die westlichen Industrieländer zeigen Führungsschwäche

Die USA bleiben auf der Konferenz eher ungenau in ihren verbindlichen Zusagen. Die Europäische Union fällt ebenso hinter Aussagen zurück, die mal als Minimalziel der Konferenz galten. Der Verhandlungsführer der 27 Mitgliedsländer, EU-Exekutivpräsident Frans Timmermans, kündigte an, die Gemeinschaft werde ihr Klimaziel aktualisieren, aber nicht offiziell erhöhen. Was dahinter steckt? Man sei schon bereit, die klimaschädlichen Emissionen bis zum Jahr 2030 um 57 Prozent zu senken. Bisher hat sich die EU zu „mindestens“ 55 Prozent im Vergleich zu 1990 verpflichtet. Will heißen: Wenn es klappt, ist es gut, aber wir legen uns nicht fest. „Wir erhöhen unser Ziel nicht“, stellte Timmermans später fest. Eine Erhöhung bräuchte die Zustimmung aller EU-Regierungen. Was bisher fest zugesagt ist, reicht nach Rechnungen aller Fachleute nicht, um den EU-Beitrag fürs Ziel 1,5 Grad zu leisten.

3. Nicht nur bei der Therapie, auch bei der Diagnose hapert es noch

In der Öffentlichkeit sind weltweit immer noch Falschinformationen über den Klimawandel weit verbreitet und diese „schwächen das öffentliche Mandat für Klimaverhandlungen“. Das geht aus der nun in Ägypten veröffentlichten  Studie der Organisationen Climate Action Against Disinformation und Conscious Advertising Network hervor. Zwischen der öffentlichen Wahrnehmung und den wissenschaftlichen Fakten bestehe demnach eine „große Kluft“. 

Selbst bei grundsätzlichen Fragen, wie ob der Klimawandel besteht und hauptsächlich von Menschen verursacht wird, bestehen demnach große Wissenslücken in der Öffentlichkeit. Auch deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beklagen immer wieder, bei Verantwortlichen in Regierung und Parlament gebe es die Haltung, dass es hoffentlich nicht so schlimm werde und sich irgendwie doch ein Ausweg finde – ohne die notwendigen Schritte dafür anzugehen.

4. Milliarden für Klimaschäden an ärmere Länder lenken von anderen Versprechen ab

Industriestaaten und Entwicklungsländer streiten, wer die Kosten durch den Klimawandel auffangen soll. In Ägypten stand das Thema „Loss and Damage“ erstmals prominent auf der Tagesordnung. Deutschland will einen „globalen Schutzschirm“ aufspannen. Kanzler Olaf Scholz sagte 170 Millionen Euro für die Finanzierung zu. Insgesamt sollen irgendwann jährlich Zehntausende Milliarden an ärmere, hart getroffene Länder fließen.

Doch drei Probleme sind dabei nicht gelöst. Zum einen verleitet ein solcher Ablass dazu, die Anstrengungen fürs Klima besser dastehen zu lassen als sie sind und abzulenken von den Anstrengungen im eigenen Land. Zum zweiten sind die versprochenen Summen für stark betroffene Länder noch nicht beisammen. Und zum Dritten, auch das wird seltener ausgesprochen, ist längst nicht klar, wie genau das Geld ausgegeben wird und ob es effizient eingesetzt wird.

5. Statt echter Lösungen hat Greenwashing wieder mehr Bedeutung

In Ägypten stellte der amerikanische Sondergesandte fürs Klima, John Kerry, ein Modell des Emissionshandels vor, das einen freiwilligen Handel mit CO2-Zertifikaten für Unternehmen vorsieht. Doch es gerät mit den Uno-Vorschlägen gegen Greenwashing in Konflikt, jenem Vorgehen, bei dem Unternehmen oder Staaten vor allem umweltverträglich wirken wollen, ihr Handeln dem aber tatsächlich nicht so entspricht. Das geplante US-Instrument  soll privates Geld von den USA in Schwellenländer leiten und dort die Energiewende finanzieren. Dafür soll es umgekehrt freiwillige CO2-Verschmutzungsrechte geben. So etwas sehen die Experten rund um UN-Generalsekretär António Guterres als fragwürdig an.

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Das Mammuttreffen in Sharm el Scheikh mit Vertreterinnen und Vertretern von rund 200 Staaten sollte planmäßig am Freitag enden, mittlerweile gilt eine Verlängerung als wahrscheinlich. In den bereits zusammengetragenen Stichpunkten für eine Abschlusserklärung bleiben die Vereinbarungen vage. Dringend sei mehr Klimaschutz notwendig, um die Erderwärmung wie 2015 in Paris vereinbart auf 1,5 Grad zu begrenzen, heißt es da noch einmal, ohne nötige Schritte zum Erreichen des Ziels zu nennen. Erwähnt wird in den Entwürfen auch das umstrittene Thema Schadenersatz für ärmere Staaten – konkrete Zusagen blieben noch aus.

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