Weltklimakonferenz Warum der neue Klimafonds ein Problem werden dürfte

Flutkatastrophe in Pakistan im Augist 2022 und die Weltklimakonferenz in Ägypten Quelle: dpa Picture-Alliance

Die Weltklimakonferenz in Ägypten konnte nur einen Erfolg verbuchen: den Milliardenfonds für besonders gebeutelte Länder. Leider dürfte dessen Umsetzung für Schwierigkeiten sorgen – und vom eigentlichen Ziel ablenken.

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Nun ist er also da, der Fonds gegen den sich die Industrieländer jahrelang  gewehrt haben. Nun feiern Vertreterinnen und Vertreter europäischer Regierungen, auch Außenministerin Annalena Baerbock, ihn als wichtigen wie einzigen Durchbruch der Weltklimakonferenz in Ägypten.

Ein Entschädigungsfonds für Schäden des Klimawandels soll also eingerichtet werden: Quasi ein Konto, auf das reichere Länder Geld einzahlen können, damit ärmere Länder daraus Geld gegen die Folgen von steigenden Meeresspiegeln, Fluten, Orkanen, Dürren und Hitzewellen bekommen. Mittel dafür gibt es aber noch nicht, wer einzahlt, ist nicht bekannt, und wer etwas bekommt auch nicht entschieden. Überhaupt: Wie das Geld sinnvoll, gerecht und korruptionsfrei verteilt werden soll, steht gänzlich in den Sternen.

Das Wichtigste an diesem so ungewissen Fonds, der einst Milliarden aufnehmen soll, ist allerdings: In der wenig erfolgreichen Weltklimakonferenz COP 27 im ägyptischen Sharm el-Sheikh lenkte die Verhandlung über solche Zahlungen für „Loss and Damage“ vom Kern des Themas ab, das viel dringender zu klären und einfacher zu messen ist: Wie wird das Ziel erreicht, dass die Erde sich höchstens um 1,5 Grad im Vergleich zur Zeit vor der Industrialisierung erwärmt? Und was müssen die einzelnen Staaten, die Wirtschaft und Verbraucherinnen dafür tun? Das Ziel ist kaum noch einzuhalten und wird immer schwerer zu erreichen sein, je mehr Zeit hier auf internationaler Bühne verplempert und für weniger zentrale Themen verwendet wird.

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Zu Beginn der 1990er Jahre forderten zuerst die kleinen Inselstaaten eine solche Entschädigung der internationalen Gemeinschaft. Sie werden existenziell von steigenden Meeresspiegeln bedroht. Zugleich haben sie den Klimawandel kaum mit verursacht und haben selbst auch keine Möglichkeit, ihn aufzuhalten. Zuletzt wurden die gewaltigen Folgen der Klimakrise gegenwärtig, als in Pakistan mehr als 1400 Menschen durch Monsunfluten starben und weite Teile des Landes unter Wasser gesetzt wurden. Die Wirtschaftsleistung des bevölkerungsreichen Landes in Südasien schrumpfte dadurch um zwei Prozent.

Solche Größenordnungen lassen sich noch einigermaßen beziffern. Doch Fachleute etwa bei der Brüsseler Wirtschafts-Denkfabrik Bruegel geben zu bedenken, dass die Schäden durch Großwetterereignisse oft schwer einer Ursache zuzuschreiben sind und dass die Berechnung der Schäden noch komplexer ist. Die USA und Europa hatten sich jahrelang gegen den Fonds gesperrt, weil hier schwer begrenzbare Haftung auftreten könnte. Länder wie Pakistan waren auch sehr kritisch, weil sie fürchteten, da sie nicht zu den ärmsten Ländern gehören, nichts von solchem Geld abzubekommen.  

Und auch bei den inzwischen zahlungsbereiten Regierungen ist der Wille begrenzt, den Fonds bereits zu speisen – und damit so auszustatten, wie es nun in Ägypten optimistisch vorhergesagt wurde. Es sollten 100 Milliarden Dollar pro Jahr eingezahlt werden, noch nicht einmal für die Hälfte davon gibt es nach Schätzung von Hilfsorganisationen feste Zusagen. 

EU-Verhandlungsführer und Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, hatte eigentlich die Zustimmung für den Fonds an zwei Bedingungen geknüpft: Erstens müssten sich die Hauptemittenten - und damit auch Schwellenländer wie China - daran beteiligen, zweitens dürften die Gelder nur den ärmsten Staaten zugutekommen. Beides ist nicht so konkret festgelegt worden, wie von der EU angepeilt. 

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Beim Entschädigungsfonds sind also noch viele Fragen offen. Oft gibt es noch gar keinen Plan, wie der Fonds von einer gut gemeinten Idee zu einem gut gemachten Instrument der internationalen Klimapolitik werden kann: Wie sollte ein solcher Topf organsiert und wo verwaltet werden? Wer zahlt zu welchen Bedingungen ein? Wer bekommt unter welchen Bedingungen wie viel? Gerade wenn zu wenig Geld da ist? Wie wird kontrolliert, dass das Geld zielgerichtet und effizient eingesetzt wird? Ohne Korruption? Geht es nur ums Aufräumen nach Katastrophen oder auch um alles, was im Anschluss daran an Aufbau und Schutz sinnvoll sein könnte?

Der Fonds klingt besser als seine Umsetzung wohl jemals sein kann. Die Flutkatastrophe hat schon innerhalb Deutschlands gezeigt, wie schwierig die Beseitigung von Schäden ist und wie mühsam bei uns die Berechnung und die Auszahlung von Entschädigung ausfällt. 

Die Industrie- und die Schwellenländer sollten sich deshalb wieder auf den Kern konzentrieren und hart daran arbeiten, die Erderwärmung an sich zu begrenzen. Sie müssen Treibhausgas bepreisen und die Industrie und alle Bereiche der Wirtschaft fossilfrei umbauen. Denn ohne eine drastische Bremse an dieser Stelle sind alle Entschädigungen und Ausgleichszahlungen nicht viel wert.  

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