Weltkonjunktur US-Handelsstreit mit China kann auch die EU hart treffen

Die USA wollen am Freitag neue Zölle gegen China erheben. Europäische Unternehmen fürchten, dass der jahrelange Aufschwung darunter leidet.

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US-Handelsstreit mit China kann auch die EU hart treffen Quelle: AP

Frankfurt Wenn die USA am Freitag gegen China weitere Zölle erheben, bedroht dies auch in Europa den wirtschaftlichen Aufschwung. Theoretisch könnten einige europäische Firmen von dem aufkommenden Handelskrieg profitieren, indem sie im US-Markt jene Nischen besetzen, die China künftig vorenthalten werden.

Doch dies beträfe nur wenige Firmen und Wirtschaftsbereiche. Unternehmer sorgen sich daher um die gute Konjunktur, die den Staaten über die Finanzkrise hinweggeholfen hat.

Wenn die gesamte Wirtschaft so vom Handel abhängig ist wie die europäische, rufen Vergeltungszölle und der damit verbundene Rückgang des Handelsverkehrs Ängste hervor und unterwandern das Vertrauen. In Deutschland etwa, wo Exporte fast die Hälfte der jährlichen Wirtschaftsleistung ausmachen, ist die Zuversicht der Unternehmer in sechs der vergangenen sieben Monate zurückgegangen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte am Mittwoch, es lohne alle Mühe, diesen Konflikt zu entschärfen, damit er nicht zu einem Krieg werde.

Die USA planen gegen China neue Zölle im Wert von 34 Milliarden Dollar (29 Milliarden Euro). Die Chinesen werden wohl mit Gegenzöllen in ähnlicher Höhe reagieren, etwa auf Sojabohnen, Meeresfrüchte und Rohöl.

Derweil hat Europa seinen eigenen Handelsstreit mit den USA. Nach dem das Land Zölle auf Stahl und Aluminium unter anderem aus der Europäischen Union erhoben hatte, antworteten die 28 Staaten mit Einfuhrzöllen im Wert von 3,25 Milliarden Dollar auf US-Güter. Die Trump-Regierung prüft zudem Zölle auf Autos, was den Streit deutlich verschärfen würde.

Ende Juli will EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach Washington reisen, um Präsident Donald Trump persönlich von weiteren Maßnahmen gegen Europa abzubringen. Das Wachstum in der EU 2017 war das stärkste des vergangenen Jahrzehnts, seit den Zeiten vor der globalen Finanzkrise.

Arbeitslosigkeit sinkt trotz Konflikten

Dies hat sich in den jüngsten Quartalen zwar abgeschwächt, doch lief die Wirtschaft immer noch gut genug, um Jobs zu schaffen. Im Mai ging die Zahl der Arbeitslosen um 125.000 zurück. Damit sank die Quote in den 19 Euro-Ländern auf 8,4 Prozent, den niedrigsten Stand seit 2008. In Ländern wie Griechenland und Spanien sind zwar immer noch viele Menschen ohne Job, doch ist die Arbeitslosigkeit in der Euro-Zone seit dem Höchststand von 2013 mit 12,1 Prozent insgesamt deutlich zurückgegangen.

Analysten der Berenberg Bank in London zufolge trüben die von Präsident Trump angeheizten Spannungen den Wirtschaftsausblick. Sie bewerteten das Risiko, dem sich Europa wegen Italiens hoher Schulden oder strengerer Kreditbedingungen von Zentralbanken wie der US-Notenbank ausgesetzt sieht.

Viele europäische Firmen würden leiden, da sie sowohl in den USA als auch in China Güter herstellen und verkaufen, erklärten die Experten. So träfen die neuen US-Zölle gegen China etwa die deutschen Autobauer Daimler und BMW, da sie beide in den USA produzieren und von dort nach China exportieren.

Daimler hat bereits seine Gewinnaussichten reduziert und führt als Grund die gestiegenen Kosten an, die mit den neuen Zöllen einhergehen. BMW warnte US-Handelsminister Wilbur Ross in einem Brief vergangenen Freitag, dass die Zölle es dem Unternehmen erschweren würden, seine in Spartanburg in South Carolina produzierten Wagen in China zu verkaufen. Dies führe „potenziell zu einem stark reduzierten Exportvolumen sowie negativen Auswirkungen auf Investitionen und Arbeitsplätze in den USA“.

Vergangenes Jahr exportierte BMW insgesamt 272.000 Autos aus dem Werk in Spartanburg, mehr als die Hälfte der Gesamtproduktion. 81.000 davon in einem Wert von 2,37 Milliarden Dollar (zwei Milliarden Euro) gingen nach China. Laut BMW haben die Exporte das US-Handelsdefizit um rund eine Milliarde Dollar reduziert.

An sich werden die Zölle, die Freitag in Kraft treten sollen, den Welthandel nicht sofort beeinträchtigen. Vielmehr steht zu befürchten, dass ihn die immer neuen Vergeltungsmaßnahmen hart treffen werden.

Trotzdem könnten einige europäische Unternehmen und Wirtschaftsbereiche davon profitieren. Die Wirtschaftsexperten Alicia García Herrero und Jianwei Xu von der französischen Bank Natixis sagen, dass europäische Hersteller von Autos, Flugzeugen, Chemieprodukten, Computerchips und Maschinen theoretisch ihre Gewinne einfahren könnten, indem sie chinesische oder amerikanische Produkte im jeweils anderen Markt ersetzen. Das aber nur, wenn Europas eigener Handelsstreit mit den USA nicht eskaliert – wenn.

Autobauer in Europa fürchten Zölle

Schließlich bangt die EU noch immer, ob Trump nun Zölle auf Autoimporte erheben wird. BMW, Daimler, Porsche, Audi und Fiat Chrysler exportieren Autos im Wert von 46,6 Milliarden Dollar in die USA. Rund 13,3 Millionen Menschen und damit 6,1 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung in der EU arbeiten nach Zahlen der European Automobile Manufacturers Association in der Automobilbranche.

Europa könne insgesamt gar nichts gewinnen, sagt García Herrero, Chefvolkswirtin für den asiatisch-pazifischen Raum bei Natixis: „Doch wir sollten nicht unterschätzen, dass einige Bereiche etwas von dem Handelskrieg zwischen den USA und China haben könnten.“

Zum Nachteil für Europa aber könne gereichen, wenn Trump die Chinesen in ein Handelsabkommen drängt, das das US-Handelsdefizit reduzieren soll. Um seinen Überschuss zurückzufahren, erklärt Herrero, müsste China seine Importe aus der EU mit Einfuhren aus den USA ersetzen. „Dies hätte deutlich negative Auswirkungen auf die europäischen Hersteller.“

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