Weltrisikobericht Weltwirtschaftsforum mit flammendem Appell: „Die Welt kann nicht warten“

Das Weltwirtschaftsforum fordert sofortige Zusammenarbeit um katastrophale Folgen des Klimawandels zu verhindern. Der Weltrisikobericht sieht die fünf größten Risiken im Zusammenhang mit dem Klima. Quelle: dpa

„Für eine solidarische und nachhaltige Welt“ sollen sich die Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums in Davos einsetzen. Die Zeit drängt, warnt die Organisation. Der Klimawandel sei das größte Risiko für die Weltwirtschaft.

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Im Kampf gegen den Klimawandel hat das Weltwirtschaftsforum (WEF) in eine starke Botschaft gesendet und eine sofortige Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gefordert. Angesichts von geopolitischen Turbulenzen sowie Abschottung sei Kooperation der einzige Weg, allgemeinen Gefahren entschlossen entgegenzutreten, betonte das WEF in seinem am Mittwoch in London vorgestellten Weltrisikobericht. Ansonsten drohten „katastrophale“ Folgen, da wirtschaftliche Konflikte und politische Polarisierung zunähmen.

Die drängendsten Herausforderungen seien die Klimakrise, der Verlust der biologischen Vielfalt und ein rekordverdächtiger Artenrückgang, stellte das WEF knapp eine Woche vor Beginn seines Jahrestreffens in Davos fest. „Die Welt kann nicht darauf warten, dass sich der Nebel der geopolitischen und weltwirtschaftlichen Unsicherheit lüftet“, so die Organisation. Konkret nennt WEF-Präsident Borge Brende den Handelskrieg zwischen den USA und China als Grund zur Sorge – gepaart mit zunehmenden Schuldenlasten und niedrigem Wachstum vor allem der führenden Volkswirtschaften (G20).

„Die politische Landschaft ist zerklüftet, die Meeresspiegel steigen, und klimabedingte Feuer brennen“, sagte Brende einer Mitteilung zufolge. „Dies ist das Jahr, in dem Weltpolitiker mit allen gesellschaftlichen Gruppen zusammenarbeiten müssen, um unser Kooperationssystem zu reparieren und neu zu beleben – nicht zum kurzfristigen Nutzen, sondern um unsere nachhaltigen Risiken anzugehen.“ Es gebe aber auch eine gute Nachricht, so Brende. „Das Handlungsfenster ist noch offen, wenn auch nicht mehr lange.“

Erstmals in seiner Geschichte macht der Bericht, den das WEF zusammen mit der Versicherung Zurich und dem Risikoberater Marsh & McLennan erstellt, fünf Klimathemen als größte Risiken für die Erde aus. Auf dem ersten Rang stehen – wie schon in den Vorjahren – extreme Wetterereignisse wie Fluten und Stürme. Danach folgen: Scheitern des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel, Naturkatastrophen wie Vulkanausbrüche und Erdbeben, schwerwiegender Verlust an Biodiversität und Kollaps des Ökosystems sowie menschengemachte Umweltschäden und -katastrophen.

„Zum ersten Mal sind in dem jährlichen Report die fünf größten globalen Risiken für die Weltwirtschaft allesamt umweltbezogen. Um Klimakrise und Artensterben zu stoppen statt zu verschlimmern, müssen Unternehmen jetzt Verantwortung übernehmen und Nachhaltigkeitsziele stringent in ihr Kerngeschäft etabliere“, kommentierte Eberhard Brandes, geschäftsführender Vorstand der Umweltschutzorganisation World Wide Fund For Nature (WWF), den Bericht. Unternehmerische Verantwortung müsse für alle Bereiche eines Unternehmens gelten. „Unsere Wirtschaft und Gesellschaft braucht gesunde Ökosysteme, deswegen müssen sich noch mehr Unternehmen als bisher ehrgeizige Klimaziele setzen“, forderte der NGO-Chef. „Der positive Trend von Unternehmen, die sich ein wissenschaftsbasiertes Klimaziel setzen, das im Einklang mit den Ergebnissen des Paris-Abkommens steht, muss gerade nach dem Weltrisikobericht weiter ansteigen.“ Glaubhafter, unternehmerischer Klimaschutz bedeute auch Verantwortung zu übernehmen und mutig vorauszugehen, so Brandes.

Vor allem junge Leute sehen Klimafolgen demnach als größte Gefahren. Fast 90 Prozent der nach 1980 Geborenen befürchten, dass extreme Hitzewellen, Zerstörung von Ökosystemen sowie umweltbedingte Gesundheitsprobleme in diesem Jahr zunehmen werden.

Menschen seien weltweit für den Verlust von 83 Prozent aller Säugetiere sowie der Hälfte der Pflanzen verantwortlich, heißt es in dem Bericht. Die sinkende Vielfalt beeinträchtige Gesundheit sowie Ernährung und habe nachhaltige Folgen für das Klima. „Biologisch vielfältige Ökosysteme binden große Mengen Kohlenstoff“, sagte Zurich-Risiko-Chef Peter Giger. Hinzu kämen wirtschaftliche Vorteile: Waren und Dienstleistungen aufgrund der Biodiversität würden auf 33 Billionen US-Dollar im Jahr geschätzt - das entspreche in etwa dem gemeinsamen Bruttoinlandsprodukt der USA und Chinas.

Der Chef von Marsh & McLennan, John Drzik, sieht auch die Konzerne in der Pflicht. „Hochkarätige Ereignisse wie die Waldbrände in Australien und Kalifornien erhöhen den Druck auf Unternehmen, Maßnahmen gegen Klimarisiken zu ergreifen - in einer Zeit, in der sie auch größeren Cyber- und geopolitischen Herausforderungen gegenüberstehen“, sagte er der Mitteilung zufolge.

Beim diesjährigen WEF-Treffen in Davos diskutieren etwa 3000 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft unter dem Motto „Stakeholder für eine solidarische und nachhaltige Welt“ vom 21. bis 24. Januar über Lösungen für aktuelle Probleme. Erwartet werden unter anderem US-Präsident Donald Trump, Kanzlerin Angela Merkel, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der britische Thronfolger Prinz Charles.

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