Weltwirtschaft Chinas Frauen machen Karriere

Ganz ohne Quote: Frauen haben in China bessere Karrierechancen als in vielen anderen Ländern. Doch in jüngster Zeit schwindet der Vorteil. Schuld ist ausgerechnet der Boom in der Wirtschaft.

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Mama macht Karriere Quelle: Stefen Chow für WirtschaftsWoche

In den Hochhäusern aus Granit, Glas und Stahl der Pekinger Financial Street residieren die Zentralen der großen chinesischen Banken neben Fondsgesellschaften, Brokern und den Aufsichtsbehörden der Finanzindustrie. Und fast ganz oben, im 24. Stock, sitzt Wang Yao.

Die 35-Jährige macht in ihrem schwarz-weiß gestreiften Pullover einen eher unauffälligen Eindruck. Doch Wang gehört zu den wichtigsten Figuren der chinesischen Finanzwelt. Bei der mächtigen China Securities Regulatory Commission (CSRC), der Börsenaufsicht Chinas, leitet sie die Abteilung für Fort- und Weiterbildung. Manager aus ihrem eigenen Haus wie aus Chinas Großbanken bekommen bei ihr den letzten Schliff für den Auftritt auf dem internationalen Finanzparkett.

Fleiß und Genauigkeit

Mit dem sie selber noch gar nicht so lange zu tun hat. Mit 22 Jahren machte die Tochter eines Hochschullehrers in Jilin im kalten Nordosten Chinas ihr Diplom in Wirtschaftsrecht und ergatterte einen Job bei der CSRC als Assistentin in der Fortbildungsabteilung. Zwei Jahre später begann der Aufstieg: Wang arbeitete bei der Börsenreform mit; die Zulassungspapiere der damaligen chinesischen Börsenneulinge trugen allesamt die Unterschrift der jungen Frau.

Wang fiel ihren Vorgesetzten durch Fleiß und Genauigkeit auf. Nach weiteren Zwischenstationen beförderten die Chefs der Börsenaufsicht die junge Frau in ihre jetzige Position. Überraschend findet sie selber diese steile Karriere eigentlich nicht: „Frauen haben in China die gleichen Chancen wie Männer“, sagt sie, „bei Beförderungen habe ich nie auch nur den Hauch einer Diskriminierung gespürt.“

Wang ist bei Weitem nicht allein. Vor allem jüngere, nach 1970 geborene Frauen haben in China in der Regel bei gleicher Qualifikation dieselben Karrierechancen wie ihre männlichen Altersgenossen. Eine Quote brauchen sie dazu nicht. Im Reich der Mitte mit seinen kräftigen Wachstumsraten gibt es nicht einmal eine Diskussion über eine staatliche Regelung zur Frauenförderung. „Bei der Gleichberechtigung von Mann und Frau ist China Deutschland um einige Generationen voraus“, sagt Nandani Lynton von der China Europe International Business School (CEIBS) in Shanghai, die entsprechende Fragen untersucht hat.

„Ich habe nie über den Zusammenhang von beruflichem Erfolg und Frausein nachgedacht“, sagt Wang. Für ihre Eltern, wie fast alle Ehepaare im Mao-Kommunismus beide berufstätig, war es nie eine Frage, dass ihre Tochter studieren und anschließend eigenes Geld verdienen würde. Das war typisch für das ganze Land: Maos Parole „Frauen tragen die Hälfte des Himmels“ war die ideologische Grundlage für die Gleichstellungspolitik.

Dass beide Elternteile arbeiten, war nie schwer zu organisieren. Überall in der Volksrepublik kümmerte sich die Arbeitseinheit, die „Danwei“, um die Kinderbetreuung. Mao hatte damit einen Grundpfeiler des alten China umgestoßen. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts mussten die Chinesinnen ihre Füße zu Stummeln zurückbinden, weil das angeblich das Verlangen der Männer weckte.

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