
Zehn Tage feiern die Russen den Jahreswechsel. Neujahr ist im Osten als Ersatz-Weihnachtsfest beliebt, Wladimir Putin verordnete seinen Landsleuten noch als Präsident im Jahr 2004 eine Woche Freizeit per Dekret. Das freut den Einzelhandel; Kneipen, Kinos und Kaufhäuser sind voll in dieser Zeit.
Doch der Kater nach dem vorjährigen Konsumrausch fiel übel aus: Kaum hatte der Alltag begonnen, stürzte der Rubel ab, die Industrieproduktion krachte zusammen, es kam zu Entlassungen, Banken gingen bankrott. Nun neigt sich das Jahr dem Ende zu, in Moskau fürchten sich Geschäftsleute erneut vor dem nächsten Kater. Zu Recht?
Finanzpolitisch bescheinigen Experten dem Team um Premierminister Putin ein ordentliches Krisenmanagement.
Der Rubel ist jetzt wieder stabil, die Inflation im Griff, im Bankensystem gab es nur 20 Pleiten, im Monatsvergleich wächst die Industrieproduktion wieder.
Hohe Ausfallrisiken

Zwar vermuten Risikoanalysten von Moody’s, dass immer noch bis zu 20 Prozent der russischen Bankkredite toxisch strahlen.
Doch rechtzeitig wurden die Pflichteinlagen bei der Zentralbank hochgeschraubt, Banken bekamen staatliche Hilfen. „Die Ausfallrisiken sind massiv, aber beherrschbar“, sagt Tom Mundy, Analyst bei der Moskauer Investmentgesellschaft Renaissance Capital.
Putins sanfte Antikrisenpolitik hat allerdings tiefe Spuren im Budget hinterlassen. Fast 300 Milliarden Dollar an Reserven verbrannte die Zentralbank, um den Rubel zu stützen; nach einer schleichenden Abwertung hat sich der Kurs zum Euro bei 44 stabilisiert.
Teurer als die Zentralbankinterventionen kommt Russland das, was Putin "manuelle Steuerung" der Wirtschaft nennt: Hunderte Milliarden Euro hat Premier Putin aus dem Haushalt genommen, um einzelne Leuchttürme der russischen Wirtschaft zu stützen.
Ausgeblieben sind schmerzhafte, aber längst überfällige Reformen: Putin schraubt Zollsätze hoch anstatt Wettbewerb zu schaffen, zementiert strukturelle Schwächen mit Staatshilfen, anstatt marode Konzerne zur Modernisierung zu zwingen.
Die Krise hat Russland härter erwischt als andere Schwellenländer
Die Krise hat Russland härter erwischt als andere Schwellenländer, denn das Land konnte ihr weit weniger entgegensetzen als etwa China. Dies liegt an der veralteten Industriestruktur, der einseitigen Ausrichtung Russlands auf Rohstoffe, mangelndem Wettbewerb, überbordender Bürokratie und Korruption.
Ein stabiles Wachstum kehrt nur langsam zurück. Mittelständler kommen kaum an Geld. Und selbst Industrieriesen wie Severstal, Gazprom oder Rusal haben Investitionen auf Eis gelegt und konzentrieren sich auf die Umschuldung ihrer tiefroten Imperien.
Auf der Agenda 2010 stehen in Russland vor allem Aufräumarbeiten.
Gefeiert wird trotzdem.