




Es gibt gute Gründe, das Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos zu meiden. Die Reise in den Nobelskiort ist aufwendig. Der nächste internationale Flughafen – Zürich – ist über 150 Kilometer entfernt, der Zug-Fernverkehr endet in Landquart, knapp eine Stunde vor dem Nobel-Skiort. Von dort geht es nur mit der Regionalbahn weiter. Vor Ort warten die Hoteliers mit unverschämten Preisen. Ein Standard-Doppelzimmer in einem durchschnittlichen Drei-Sterne-Haus kostet über 200 Euro die Nacht und nicht wenige Teilnehmer des WEF haben den Eindruck, es wird vor Ort viel geredet, aber wenig entschieden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat beschlossen, dieses Jahr nicht in die Schweiz zu reisen. Die deutsche Regierungschefin meidet Davos nicht aufgrund der beschwerlichen Anreise, die wirklich Wichtigen kommen per Helikopter eingeflogen, oder wegen den Hotelpreisen oder ihrem Skiunfall, der sie zwingt, auf Krücken zu laufen. Die deutsche Regierungschefin zieht es vor, ihre neue Regierung auf einer Klausurtagung im brandenburgischen Meseberg kennenzulernen. Dass Merkel anders als in den Vorjahren nicht nach Davos reist, ist ein schwerer Fehler. Zwar schickt sie ihren Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, Entwicklungsminister Gerd Müller und Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Doch im Konzert der Großen werden sie nur eine Nebenrolle spielen. Die deutsche Bundesregierung überlässt damit den Anderen die Bühne.
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Tweets über "#davos OR #wef"Die Anderen, das sind neben dem britischen Premierminister David Cameron vor allem die Schuldenkönige aus Japan (Ministerpräsident Shinzo Abe), Italien (EZB-Präsident Mario Draghi und Ministerpräsident Enrico Letta) und Portugal (EU-Komissionspräsident Manuel Barroso). Auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarade, und anwesende Top-Ökonomen wie Joseph Stiglitz, Robert Shiller und Kenneth Rogoff sind nicht gerade als Freunde der Sparpolitik bekannt.
Von Davos, so ist zu befürchten, dürfte daher ein Appell ausgehen, in der Euro-Krise einen lockereren Umgangston an den Tag zu legen: Weniger Sparen, mehr Geld locker machen – das ist seit Langem der Wunsch der internationalen Gemeinschaft. Schon im vergangenen Jahr übten die Teilnehmer der Weltwirtschaftsforums Druck auf die Kanzlerin aus. „Ohne das Geld der Deutschen geht es nicht“, erklärte US-Ökonom Barry Eichengreen im Gespräch mit WirtschaftsWoche Online damals. Deutschland sei nun einmal die größte Volkswirtschaft der Euro-Zone, ein Profiteur der Gemeinschaftswährung und müsse – so die Argumentation – mehr Risikofreude zeigen. Das nütze allen.
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Ähnlich denken auch Eichengreens Kollegen Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff. Sie veröffentlichten vor wenigen Wochen eine Studie im Auftrag des IWF und gaben einen tiefen Einblick, was die deutschen Vertreter in Davos wohl zu hören bekommen.