Ein 400 Meter langes Containerschiff ist im Suezkanal auf Grund gelaufen und hat damit rund einen Tag lang eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt blockiert. Am Mittwoch gelang es, den bereits seit Dienstag feststeckenden 224.000 Tonnen schweren und 59 Meter breiten Frachter „Ever Given“ zum Teil wieder flott zu bekommen, wie der Branchendienstleister GAC unter Berufung auf die ägyptische Kanalbehörde mitteilte. Demnach wurde erwartet, dass der Schiffsverkehr bald wieder aufgenommen werden kann. Zuvor hatten acht Schlepper mit Hochdruck daran gearbeitet, den offensichtlich quer in der Fahrrinne steckenden Frachter, der zu den weltweit größten Containerschiffen zählt, freizubekommen.
Der Hafenbehörde zufolge war der Frachter im Zuge eines Sandsturms bei starkem Wind manövrierunfähig geworden und vom Kurs abgekommen und dann in der Nähe der Hafenstadt Suez auf Grund gelaufen. In beiden Richtungen des Suezkanals, durch den rund zwölf Prozent des globalen Frachtvolumens fließen, stauten sich daraufhin Frachter und Öl-Tanker.
Dem Eigner zufolge soll eine starke Windböe das Schiff getroffen und vom Kurs abgebracht haben. Berichte über Verletzte an Bord gab es nicht, wie das Unternehmen, das sich um die technischen Belange des Schiffes kümmert, mitteilte. Alle Besatzungsmitglieder seien in Sicherheit. Es gebe auch keine Berichte über Schäden für die Umwelt, erklärte die Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM). Im vergangenen Jahr passierten laut der Kanalbehörde fast 19.000 Schiffe und damit durchschnittlich fast 52 Schiffe pro Tag die vielbefahrene Wasserstraße. Der Umweg um Kap Horn dauere etwa neun bis zehn Tage oder betrage etwa bei der Route Singapur-Rotterdam rund 6000 Kilometer. Die Ölsorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich als Reaktion auf die blockierte Wasserstraße am Mittwoch um 2,3 Prozent auf 62,20 Dollar je Barrel. Der WTI-Preis stieg um 2,6 Prozent auf 59,23 Dollar. „Die Preisunterstützung kommt dank einer Transportblockade“, sagte Stephen Brennock vom Ölmakler PVM. „Dennoch wird es dem Markt wahrscheinlich schwer fallen, seinen neu gefundenen Abwärtstrend abzuschütteln.“ Gedeckelt wurden die Gewinne durch Nachfragesorge aufgrund der Coronapandemie.
Der Verband Deutscher Reeder (VDR) hofft auf ein möglichst schnelles Ende der Suezkanal-Blockade durch ein quer stehendes Containerschiff. „Je länger die Sperrung andauert und je länger die Ungewissheit andauert, desto drastischer werden die Auswirkungen dieser Sperrung sein“, sagte Verbandssprecher Christian Denso am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.
Das Hauptproblem sei nun, dass niemand wisse, wie lange die „Ever Given“ den Kanal blockiere - und damit auch niemand wisse, ob sich der Umweg um Kap Horn lohne, sagte Denso. „Das ist, wie wenn Sie auf dem Weg in den Urlaub im Stau stehen und entscheiden müssen, nehme ich die Umleitung oder warte ich im Stau, bis es vorbei ist.“
Denso sagte, bei Containerschiffen komme es in der Regel nicht darauf an, dass sie schnell, sondern dass sie pünktlich ankommen. Dabei gehe es um das Versprechen der Reeder, dass beispielsweise die Autotür rechtzeitig in Bremerhaven ankomme. Von der Blockade betroffen seien auch Tanker. „Alles, was Öl dort unten lädt und Richtung Europa und Nordamerika fährt, fährt durch den Suezkanal“, der im Gegensatz zum Panama- oder zum Nord-Ostsee-Kanal keine Breiten-, Höhen- oder Längenrestriktionen habe. „Da passt alles durch.“
Je länger der Stau dauere, „desto ruhiger wird es im Hamburger Hafen werden“, sagte Denso. Danach kämen die Schiffe dann jedoch geballt. Die „Ever Given“ ist in Hamburg keine Unbekannte, war zuletzt Ende Januar in der Hansestadt. Bekannt geworden ist sie jedoch vor allem durch einen von ihr verursachten Unfall. Die „Ever Given“ war am 9. Februar 2019 vom Kurs abgekommen und hatte am Anleger Blankenese die Hafenfähre „Finkenwerder“ zusammengedrückt. Wind aus Südwest hatte den Ermittlungen zufolge die Kollision begünstigt. Zudem habe ein Sog das Heck des Frachters gen Elbufer gezogen. An Fähre und Anleger entstand Sachschaden in Höhe von rund einer Million Euro.
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