
Der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, will nicht mehr lange in der ecuadorianischen Botschaft in London bleiben. „Ich werde die Botschaft bald verlassen“, sagte der 43-Jährige am Montag bei einer Pressekonferenz in der Botschaft. Einen konkreten Zeitpunkt oder genaue Pläne nannte der Australier nicht. Zuletzt hatte es Gerüchte über eine Erkrankung Assanges gegeben. Er soll Herzprobleme haben und könnte medizinische Hilfe benötigen. Zuvor hatte bereits der Sender "Sky News" berichtet, Assange stehe kurz davor, die Botschaft zu verlassen.
Chronologie: Julian Assange sitzt seit zwei Jahren fest
Wikileaks veröffentlicht etwa 90.000 zumeist geheime US-Dokumente über den Afghanistan-Krieg. Diese stammen von der Informantin und US-Soldatin Chelsea Manning, die damals noch Bradley Manning heißt. Sie nimmt später eine weibliche Identität an.
Wegen des Verdachts der Vergewaltigung erlässt die Stockholmer Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen den Australier Assange, hebt ihn aber wenige Stunden später wieder auf.
Fast 400.000 Geheimdokumente zum Irak-Krieg landen bei Wikileaks. Im November bringen mehr als 250.000 vertrauliche Diplomatenberichte die US-Regierung in Schwierigkeiten.
Assange wird von der britischen Polizei in London wegen eines neuen Haftbefehls aus Schweden festgenommen. Nach einer Woche Untersuchungshaft kommt er gegen Kaution und unter Auflagen frei. Das Tauziehen um eine Auslieferung nach Schweden beginnt.
Ein Londoner Gericht entscheidet für die Auslieferung. In Schweden soll Assange zu den Vorwürfen befragt werden, eine Anklage gibt es nicht. Assange, der eine Auslieferung an die USA befürchtet, geht in Berufung.
Der britische High Court entscheidet, dass Assange an Schweden ausgeliefert werden darf. Der legt Einspruch ein.
Das höchste britische Gericht, der Supreme Court, bestätigt das Urteil der Vorinstanz.
Assanges Einspruch scheitert. Am 19. Juni flieht er in die Botschaft von Ecuador in London und beantragt politisches Asyl. Sollte er die Botschaft verlassen, droht ihm die Festnahme.
Ecuador gewährt Assange Asyl. Eine Drohung der Briten, sie könnten auch in die Botschaft eindringen und ihn festnehmen, führt zu diplomatischen Spannungen.
Ein US-Militärgericht erklärt Wikileaks-Informantin Manning in 19 von 21 Anklagepunkten für schuldig: 35 Jahre Haft.
Ecuador will freies Geleit für Assange erreichen. Die Regierung schließt eine Klage vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag nach einem Medienbericht nicht aus.
Die „Washington Post“ berichtet unter Berufung auf Regierungsbeamte, die USA würden Assange wegen der Veröffentlichung geheimer Dokumente nicht anklagen. Das Justizministerium sei zu dem Schluss gekommen, es müsse dann auch US-Medien ins Visier nehmen. Wikileaks bezweifelt die Darstellung.
Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño rief dazu auf, eine politische Lösung zu finden. „Diese Situation muss ein Ende haben“, sagte er in der gemeinsamen Pressekonferenz. Gleichzeitig versicherte er, Assange genieße weiterhin den Schutz des lateinamerikanischen Landes. Die Verhandlungen zwischen Ecuador und Großbritannien über Reisefreiheit für den 43-jährigen steckten weiter fest, bestätigte Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño am Montag. Patiño hatte sich zuvor mit Assange getroffen. Erst vergangene Woche hatte Ecuador das Asyl des Wikileaks-Gründers verlängert. Der Aktivist befindet sich seit 2012 in der ecuadorianischen Botschaft in London, um einer Auslieferung an Schweden zu entgehen. Dort wird wegen Vergewaltigungsvorwürfen gegen ihn ermittelt, es liegt ein Haftbefehl vor. Assange fürchtet eine weitere Auslieferung via Schweden an die USA, wo er aufgrund der Enthüllung geheimer Dokumente bei Wikileaks 2010 als Terrorist betrachtet wird.
Aufgrund des ausstehenden Haftbefehls würde Assange umgehend festgenommen, sollte er die Botschaft verlassen. Der 43-Jährige hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen und auf eine diplomatische Lösung innerhalb weniger Monate gehofft. Mittlerweile befindet er sich seit zwei Jahren in der Botschaft.