Trump will Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen
Lange wurde gerätselt, ob US-Präsident Donald Trump die amerikanische Botschaft nach Jerusalem verlegen werde, so wie er es im Wahlkampf versprochen hatte. Nun zeichnet sich ab: Trump hat die Absicht, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen und die Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. So zumindest fasst das Büro des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas das Telefonat zusammen, das er am Dienstagabend mit dem amerikanischen Präsidenten geführt hat.
Wann Trump die Botschaft nach Jerusalem verlegen will, wurde nicht bekannt. Das eröffnet Trump die Option, die US-Botschaft erst zu einem späteren Zeitpunkt nach Jerusalem zu verlegen. Damit würde er dem massiven diplomatischen Druck nachgeben, der in Europa und im Mittleren Osten gegen die Verlegung der Botschaft aufgebaut wurde, ohne das Gesicht zu verlieren. Auch Deutschland hat sich klar positioniert. Eine Lösung der Jerusalem-Frage könne nur durch „direkte Verhandlungen zwischen den beiden Parteien gefunden werden“, warnte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD). Alles, was die Krise verschärfe, sei „kontraproduktiv in diesen Zeiten.“
Beobachter wollen nicht ausschließen, dass die US-Botschaft bis auf Weiteres in Tel Aviv bleibt. Laut Beobachtern in Ramallah könnte Trump den „Entscheid über den Entscheid“ verschieben. Seinen Jerusalem-Fahrplan will der US-Präsident in einer mit Spannung erwarteten Rede am Mittwoch verkünden. Trump informierte auch den jordanischen König Abdallah, den ägyptischen Präsidenten Abd al-Fattah as-Sisi und den israelischen Premier Benjamin Netanjahu.
Was Sie zum Streit um Jerusalem wissen müssen
Der künftige Status Jerusalems ist eine der zentralen Streitfragen im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Mit Ende des britischen Mandats hatten die Vereinten Nationen sich 1947 für eine internationale Verwaltung der Stadt ausgesprochen, die von Gläubigen aller drei Weltreligionen als Heiligtum verehrt wird.
Im ersten Nahost-Krieg 1948 besetzten der neu gegründete Staat Israel jedoch den westlichen und Jordanien den östlichen Teil Jerusalems. Damit war die Stadt de facto geteilt. Während des Sechs-Tage-Kriegs 1967 eroberte Israel dann auch den arabisch geprägten Ostteil Jerusalems und beansprucht seither die ganze Stadt als seine „ewige und unteilbare Hauptstadt“. Den Anspruch der Palästinenser auf den Ostteil als künftige Hauptstadt eines unabhängigen Palästinenserstaats lehnt Israel ab.
Verschiedene Lösungsvorschläge der USA sahen eine Aufteilung der Stadtgebiete unter Israelis und Palästinensern vor. „Was jüdisch ist, bleibt jüdisch, was arabisch ist, wird palästinensisch“, lautete die Formel des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton. Der frühere US-Außenminister John Kerry sprach von einer „international anerkannten Hauptstadt zweier Staaten“, betonte aber, eine erneute Teilung sei nicht erstrebenswert.
Brennpunkt der religiösen Spannungen in Jerusalem ist der Tempelberg in der Altstadt - für Muslime „Al-Haram al-Scharif“ (Das edle Heiligtum). Hier standen ehemals jüdische Tempel, heute beten an der Stelle Muslime in der Al-Aksa-Moschee und dem Felsendom mit seiner vergoldeten Kuppel. Der heilige Ort steht offiziell unter muslimischer Verwaltung. An der allein stehengebliebenen Westmauer des ehemaligen jüdischen Tempelbezirks, der Klagemauer, beten die Juden. Auch für die Christen sind viele Stätten in der Stadt heilig, vorrangig darunter die Grabeskirche in der Altstadt.
Sollte die US-Regierung Jerusalem als Hauptstadt Israel anerkennen, könnte das weitreichende Konsequenzen für den Nahen Osten haben, heißt es bei Palästinensern. Ein Staat Palästina ohne Ost-Jerusalem als Hauptstadt sei für ihn undenkbar, soll Abbas laut der offiziellen palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa Trump gesagt haben. Abbas habe Trump zudem gewarnt, dass mit dem Ende der Zwei-Staaten-Lösung in der ganzen Region mit Gewalt und einem Erstarken radikaler Strömungen zu rechnen sei.
In Jerusalem wird die angekündigte Anerkennung Jerusalems mit Genugtuung registriert. Auf Wunsch der USA verzichten Regierungsmitglieder aber auf offizielle Stellungnahmen, die das Klima unnötig anheizen würden.
Die israelischen Sicherheitskräfte stellen sich zwar auf neue Auseinandersetzungen mit Palästinensern ein. Reaktionen werden vor allem von radikalen Gruppen im Gazastreifen erwartet. Abbas werde hingegen in erster Linie auf diplomatische und politische Mittel setzen, um den Entscheid Trumps umzustoßen, meint der Arabienspezialist des israelischen Armeesenders Jackie Hugie.
Der Status der Stadt ist seit Jahrzehnten umstritten und sorgt immer wieder für Spannungen. So hat die Unesco vor einem Jahr die jüdischen Wurzeln zum Tempelberg in Jerusalem nicht anerkannt. Von den 160 Staaten, die mit Israel diplomatische Beziehungen unterhalten, respektiert keiner Jerusalem als israelische Hauptstadt. Sie haben ihre Botschaften in Tel Aviv. Mehr als symbolische Bedeutung hat das allerdings nicht. Indem Botschafter ihre Beglaubigungsschreiben in der Residenz des Staatspräsidenten in Jerusalem abgeben, anerkennen sie implizit Jerusalem als Hauptstadt Israels.
Der Streitfall Jerusalem wurde bei der Staatsgründung vor siebzig Jahren gelöst, indem er „corpus separatum“ wurde, eine international verwaltete Stadt in einem separaten Territorium. Der Verlust Jerusalems sei der Preis, den Israel für seine Unabhängigkeit zahlen müsse, sagte der damalige Premier David Ben-Gurion. Diese Lösung wurde aus israelischer Sicht aber kurz darauf hinfällig, als arabische Armeen im jungen Staat einfielen. Im Laufe des Unabhängigkeitskriegs von 1948 konnte die Armee den westlichen Teil der Stadt, 1967 auch den palästinensischen Ost-Teil erobern.