Wirtschaft im Weitwinkel
Die Iran-Krise ist eine Chance für Europa: Mit vereintem Auftreten und entschlossenem Handeln könnte Europa durchaus die Position der USA entscheidend schwächen. Quelle: REUTERS

Die Iran-Krise ist eine Chance für Europa

In der Iran-Krise drückt der amerikanische Präsident wieder einmal der Weltpolitik seinen Stempel auf. China, Russland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland protestieren lautstark gegen die Kündigung des Iran-Abkommens. Doch mehr passiert nicht - bislang zumindest. Dabei ist dies genau der richtige Moment, an dem die Europäische Union das Heft des Handelns in die Hand nehmen könnte. Mit vereintem Auftreten und entschlossenem Handeln könnte Europa durchaus die Position der USA entscheidend schwächen.

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Seit der Amtsübernahme von Donald Trump zieht sich die USA aus immer mehr internationalen Verträgen zurück. Dabei folgt der US Präsident konsequent seinen Wahlversprechen. Dies ist für einen Politiker eigentlich eine gute Eigenschaft, aber in diesem Fall waren die Versprechen sehr speziell und die Umsetzung sorgt für eine komplette Neuausrichtung der US Außenpolitik, mit tiefgreifenden Auswirkungen auf die globale Machtbalance.

So geschehen auch in der letzten Woche. US-Präsident Trump erklärte den einseitigen Rückzug der USA aus dem von den Vereinten Nationen abgesegneten gemeinsamen Aktionsplan, den die „P5+1“-Staaten (USA, China, Russland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland) nach rund zweijährigen Verhandlungen im Juli 2015 mit dem Iran vereinbart hatten. Mit der Entscheidung hat US Präsident Trump seine aus dem vergangenen Oktober stammende Ankündigung wahrgemacht, den Aktionsplan aufzukündigen, wenn es nicht bis Anfang Mai zu einer substanziellen Härtung des multilateralen Vertragswerks kommen würde.

Der US-Präsident hatte den Atom-Deal bereits im Präsidentschaftswahlkampf 2016 als „schlechtesten, jemals ausgehandelten Vertrag“ gebrandmarkt, weil er dem Iran ab 2025 die schrittweise Rückkehr zur Produktion hoch angereicherten (und damit waffenfähigen) Urans gestattet, das ballistische Raketenprogramm des Iran unberücksichtigt lässt und er der mit der Überprüfung der iranischen Vertragstreue beauftragten Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) unzureichende Kontrollrechte (insbesondere für Militäranlagen) gewährt.

Diese Punkte sind sicherlich berechtigt und das Abkommen mit dem Iran gilt insgesamt nicht als ideal. Aber es war sicherlich besser, als wenn man kein Kontrollabkommen hätte. Mit dem US-Rückzug geht auch die Wiedereinführung der bis dato ausgesetzten Wirtschaftssanktionen gegen den Iran einher, die im Laufe von 90-180 Tagen wieder ihren vollen Umfang erreichen sollen. Wenig überraschend kam von Seiten Israels und Saudi-Arabiens Applaus für die Entscheidung des US-Präsidenten, während die brüskierten Mitunterzeichnerstaaten des Abkommens das Ausscheren der USA bedauerten (Europa) beziehungsweise mit harschen Worten kritisierten (China, Russland).

Zwar erklärten die Europäer, China, Russland und auch der Iran vorerst im Atom-Deal bleiben zu wollen. Es ist aber keineswegs sicher, dass das Abkommen noch lange Bestand haben wird, insbesondere dann, wenn die USA auf dem Wege von Sekundär-Sanktionen den Druck auf die verbliebenen Vertragspartner intensivieren.

Warum das Iran-Abkommen so wichtig für Deutschland ist

China und Russland erscheinen in dieser Hinsicht deutlich druckresistenter als Europa, das sich – auch angesichts des von den USA angezettelten und weiter einer Lösung harrenden Handelskonfliktes – nun allmählich entscheiden muss, ob es sich wie schon so oft in der Vergangenheit dem Willen der USA beugt oder ob es endlich in geschlossener Formation die Kraft findet, als eigenständiger „Parlamentär“ zum Nukleus eines „New Deals“ zu werden. Die Tür für solche Verhandlungen steht noch für mindestens 90-180 Tage offen und es erscheint dringend geboten, dass Europa in dieser Frage zügig die Versammlungsglocke läutet.

Eine gemeinsame Position der europäischen Länder in der Iran Frage könnte hier insgesamt die Position der USA schwächen. Die politische Unsicherheit wird aber dennoch hoch bleiben. Dies sollte sich weiterhin eher ungünstig auf die Investitionsneigung der Unternehmen auswirken. Zudem ist zu befürchten, dass die politische Unkalkulierbarkeit der USA die internationalen Handelsbeziehungen weiter schwächt, was mittelfristig auch Wachstumsdynamik kosten dürfte. Umso wichtiger wäre es, wenn die Europäer jetzt den Mut zu neuen Verhandlungsinitiativen und zu klaren Positionen finden.

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