Weltpolitisch könnte das ungewöhnliche Verhaltensmuster von Trump eingespielte Strukturen aufbrechen. Damit wird der neue US-Präsident sicherlich nicht den Weltfrieden in Gefahr bringen. Aber viele europäische Überzeugungen, die auf Konsens und dem Ziel des individuellen Machterhalts beruhen, aufbrechen beziehungsweise in Frage stellen.
Die negative Seite hiervon dürfte eine Welle des Populismus sein. Insbesondere in den kommenden Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland. Der Wahlkampf in den USA hat gezeigt, dass man mit einfachen Antworten auf komplexe Fragen die Menschen erreicht. Selbst, wenn die Antworten falsch sind oder die Probleme nicht lösen. Dieses Vorgehen dürfte in den kommenden Wahlkämpfen von einigen Parteien kopiert werden.
Das Problem ist, dass der technische und wirtschaftliche Fortschritt weitergehen wird. Die Unternehmen haben viel Kapital und sind eigentlich einzelnen Regierungen nicht völlig ausgeliefert. Wenn die Politik mittelfristig zu unternehmerfeindlich wird, dürften sich die Strukturen hier verändern. Die Wachstumsdynamik entsteht in Ländern die sich entsprechend aufstellen und nicht in Ländern, die dies verhindern.
Die Zentralbanken werden vermutlich ihren unterschiedlichen Kurs beibehalten. Die US-Notenbank dürfte dem moderaten Zinsanhebungspfad weiter folgen, während die EZB die aktuelle sehr expansive Politik fortführt. Auch britische und die japanische Notenbanken sollten mit ihrer jeweiligen sehr lockeren Geldpolitik ebenfalls fortfahren. Somit sollten die Rentenmärkte bereits einiges der möglichen geldpolitischen Straffung verarbeitet haben und sind auf dem aktuellen Niveau eigentlich nicht mehr teuer. Die Aktienmärkte werden sich voraussichtlich weiterhin moderat freundlich entwickeln. Wobei die merklichen Kursverluste bei Schwellenländern wohl übertrieben sind. Jedoch dürfte in den kommenden Monaten mit wachsender politischer Unsicherheit auch die Volatilität an den Finanzmärkten steigen.
Darum hat Trump gewonnen
Clinton schnitt trotz Trumps frauenfeindlicher Äußerungen in der Wählergruppe deutlich schwächer ab als im Vorfeld erwartet. Zwar erhielt sie von Frauen zwischen 18 und 34 Jahren deutlich mehr Unterstützung als Trump, insgesamt aber betrug ihr Vorsprung bei Frauen mit 49 Prozent nur zwei Prozentpunkte. Zum Vergleich: Der scheidende Präsident Barack Obama schnitt 2012 bei Frauen sieben Prozentpunkte besser ab als sein damaliger Herausforderer.
Clinton kam Umfragen zufolge deutlich besser bei Amerikanern mit spanischen Wurzeln, Afroamerikanern, und Amerikanern mit asiatischen Wurzeln an. Allerdings erhielt sie nicht so viel Rückhalt wie Obama vor vier Jahren, der seine Wiederwahl besonders den Stimmen der Minderheiten verdankte.
Trump punktete besonders bei Wählern ohne College-Ausbildung. Insgesamt betrug sein Vorsprung auf Clinton in dieser Gruppe zwölf Prozentpunkte. Bei weißen Männern ohne höheren Bildungsabschluss schnitt er sogar um 31 Prozentpunkte besser ab, bei weißen Frauen ohne Abschluss waren es 27 Prozentpunkte.
Streng gläubige weiße Amerikaner haben Trump die Treue gehalten - trotz der sexuellen Missbrauchsvorwürfe, die gegen den Milliardär im Wahlkampf erhoben wurden. Etwa 76 Prozent der Evangelikalen gaben an, für Trump gestimmt zu haben.
Clinton tat sich in Ballungsräumen schwer, obwohl dort in der Regel viele Anhänger der Demokraten leben. Ihr Vorsprung auf Trump betrug dort gerade einmal sechs Prozentpunkte. In ländlichen Regionen schnitt Trump dagegen um 27 Prozentpunkte besser ab.
Müssen wir uns Sorgen machen? Ja, aber nur ein wenig.
Trump bringt Unsicherheit in ein gut eingespieltes politisches System, das aber großteils auf Machterhalt zielt. Jedoch kommt dies zu einer Zeit, die von einer großen wirtschaftlichen Fragilität gekennzeichnet ist. Damit besteht die Gefahr, dass rückwärtsgewandte Ansichten mehrheitsfähig werden und die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung behindern. Unternehmen werden sich hierauf mittelfristig einstellen und Investitionsstandorte entsprechend verändern.
Es liegt an uns, welche Gesellschaft wir wollen. Den Fortschritt kann man nicht verhindern, aber lenken. Kurzfristig muss man sich wirtschaftlich dagegen kaum Sorgen machen. Insgesamt wäre es wichtig, dass sich die Regierungen von Trump nicht provozieren lassen und somit auch einer Eskalation vorbeugen. Dies bedingt jedoch eine abgestimmte Position in Europa, was man sich zurzeit nur schwer vorstellen kann.