Wirtschaft im Weitwinkel

Müssen wir uns wegen Trump Sorgen machen?

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Politische Unsicherheiten

Weltpolitisch könnte das ungewöhnliche Verhaltensmuster von Trump eingespielte Strukturen aufbrechen. Damit wird der neue US-Präsident sicherlich nicht den Weltfrieden in Gefahr bringen. Aber viele europäische Überzeugungen, die auf Konsens und dem Ziel des individuellen Machterhalts beruhen, aufbrechen beziehungsweise in Frage stellen.

Die negative Seite hiervon dürfte eine Welle des Populismus sein. Insbesondere in den kommenden Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland. Der Wahlkampf in den USA hat gezeigt, dass man mit einfachen Antworten auf komplexe Fragen die Menschen erreicht. Selbst, wenn die Antworten falsch sind oder die Probleme nicht lösen. Dieses Vorgehen dürfte in den kommenden Wahlkämpfen von einigen Parteien kopiert werden.

Das Problem ist, dass der technische und wirtschaftliche Fortschritt weitergehen wird. Die Unternehmen haben viel Kapital und sind eigentlich einzelnen Regierungen nicht völlig ausgeliefert. Wenn die Politik mittelfristig zu unternehmerfeindlich wird, dürften sich die Strukturen hier verändern. Die Wachstumsdynamik entsteht in Ländern die sich entsprechend aufstellen und nicht in Ländern, die dies verhindern.

Die Zentralbanken werden vermutlich ihren unterschiedlichen Kurs beibehalten. Die US-Notenbank dürfte dem moderaten Zinsanhebungspfad weiter folgen, während die EZB die aktuelle sehr expansive Politik fortführt. Auch britische und die japanische Notenbanken sollten mit ihrer jeweiligen sehr lockeren Geldpolitik ebenfalls fortfahren. Somit sollten die Rentenmärkte bereits einiges der möglichen geldpolitischen Straffung verarbeitet haben und sind auf dem aktuellen Niveau eigentlich nicht mehr teuer. Die Aktienmärkte werden sich voraussichtlich weiterhin moderat freundlich entwickeln. Wobei die merklichen Kursverluste bei Schwellenländern wohl übertrieben sind. Jedoch dürfte in den kommenden Monaten mit wachsender politischer Unsicherheit auch die Volatilität an den Finanzmärkten steigen.

Darum hat Trump gewonnen

Müssen wir uns Sorgen machen? Ja, aber nur ein wenig.

Trump bringt Unsicherheit in ein gut eingespieltes politisches System, das aber großteils auf Machterhalt zielt. Jedoch kommt dies zu einer Zeit, die von einer großen wirtschaftlichen Fragilität gekennzeichnet ist. Damit besteht die Gefahr, dass rückwärtsgewandte Ansichten mehrheitsfähig werden und die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung behindern. Unternehmen werden sich hierauf mittelfristig einstellen und Investitionsstandorte entsprechend verändern.

Es liegt an uns, welche Gesellschaft wir wollen. Den Fortschritt kann man nicht verhindern, aber lenken. Kurzfristig muss man sich wirtschaftlich dagegen kaum Sorgen machen. Insgesamt wäre es wichtig, dass sich die Regierungen von Trump nicht provozieren lassen und somit auch einer Eskalation vorbeugen. Dies bedingt jedoch eine abgestimmte Position in Europa, was man sich zurzeit nur schwer vorstellen kann.

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