Wirtschaftsbeziehungen Iran will den Handel mit Irak trotz US-Sanktionen ausbauen

Wegen der US-Sanktionen wendet sich der Iran seinem Nachbarn zu: Der Irak ist von Strom, Gas und Lebensmitteln aus iranischer Produktion abhängig.

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Wegen der US-Sanktionen wendet sich der Iran verstärkt seinem Nachbarn Irak zu: Lebensmittel, Strom und Gas sind die wichtigsten Handelsgüter. Quelle: dpa

Bagdad Iranische Geschäftsleute breiten dicke, farbenprächtige Perserteppiche vor den Messebesuchern aus, andere präsentieren die neuesten Stromgeneratoren und Industriewerkzeuge aus heimischer Produktion: Die Internationale Messe in Bagdad, die bis zum 19. November stattfindet, ist für Firmen aus dem Iran ein wichtiges Ereignis. Als Exporteure von Teppichen, Lebensmitteln und Schwermaschinen suchen sie Umsatzmöglichkeiten in der importabhängigen irakischen Wirtschaft - zumal der Iran die neu auferlegten US-Sanktionen zu spüren bekommt.

Der iranische Botschafter im Irak, Iradsch Masdschedi, kündigt an, sein Land werde seinen bereits florierenden Handel mit dem Irak ausbauen. Die Sanktionen „werden die Beziehungen zwischen beiden Ländern nicht beeinflussen“.

Im Mai hatte US-Präsident Donald Trump das Atomabkommen aufgekündigt, das der Iran 2015 mit den Weltmächten eingegangen war. Beobachter der Vereinten Nationen sagen, dass das Land sich noch immer an den Vertrag halte, in dem es sich verpflichtet, seine Urananreicherungen zu begrenzen. Im Gegenzug waren internationale Strafmaßnahmen aufgehoben worden.

Trump kündigte allerdings die - nach seinen Worten - „härtesten Sanktionen überhaupt“ gegen den Iran an. Seither brechen die Ölexporte des Landes ein und die Währung hat mehr als die Hälfte ihres Wertes verloren. Die volle Wucht der Strafen trat am 5. November in Kraft, als die USA Öl- und Bankensanktionen wieder einsetzten.

Trotzdem kann Iran noch immer mit der Außenwelt Handel treiben, da wichtige Wirtschaftsgrößen wie die EU, Russland und China sich weigern, ähnliche Sanktionen zu verhängen. Der Irak ist für den Iran der zweitgrößte Exportmarkt. Seit die US-Invasion von 2003 den Irak in einen Bürgerkrieg stürzte, ist das Land bei Lebensmitteln, Maschinen, Strom und Erdgas vom östlichen Nachbarn abhängig.

Botschafter Masdschedi brüstet sich damit, dass der Handel zwischen beiden Ländern in diesem Jahr 8,5 Milliarden Dollar (7,5 Milliarden Euro) erreichen werde. Der Iran plane zukünftig mit 22 Milliarden Dollar (19,5 Milliarden Euro) jährlich - mehr als dreimal so viel wie im Jahr 2017.

Details nannte Masdschedi nicht. Nicht-amerikanischen Firmen steht es frei, Geschäfte mit dem Iran zu machen, solange sie nicht auch mit den USA oder deren Finanzinstitutionen zusammenarbeiten. „Wir werden uns nicht an den Dollar binden“, sagt Masdschedi.

Auf der Messe in Bagdad sind mehr als 60 iranische Unternehmen vertreten. Mir Zad, Chef der Firma Hisam, die Generatoren und andere Stromausrüstung verkauft, will dort Verträge im Wert von rund einer Million Dollar abschließen. Um die neuen Einschränkungen für den Dollar sorgt er sich nicht. Die Geschäfte könnten in irakischen Dinar abgewickelt werden, sagt er.

Jedoch findet ein wichtiger Teil des Handels zwischen den Ländern im Energiesektor statt und kann die Sanktionen nicht so leicht umgehen. Der Irak steht zwischen den Stühlen, als Partner sowohl von Washington als auch Teheran. Der irakische Stromsektor liegt darnieder, das Land hängt bei Gas und bei Stromerzeugung vom Iran ab, die es für seine Wirtschaft benötigt. Als im Sommer die Stromversorgung zwischenzeitlich reduziert wurde, kam es zu Unruhen in den südlichen irakischen Provinzen.

Vergangenen Donnerstag kündigte die US-Botschaft in Bagdad an, der Irak dürfe 45 Tage lang Gas und Strom aus dem Iran beziehen. Diese Ausnahme gebe dem Land Zeit, „Schritte zur Energieunabhängigkeit“ zu unternehmen. Laut dem Wirtschaftsexperten Bassim Dschameel Antwan kann es ein Jahr oder länger dauern, bis der Irak überhaupt fehlende Stromimporte ausgleichen kann. Derweil hat das Land kaum eine andere Wahl als aus dem Iran zu importieren.

Was es noch komplizierter macht: Der Iran ist tief in politische und militärische Angelegenheiten im Irak involviert. Die Islamische Republik unterhält gute Kontakte zu irakischen Spitzenpolitikern und trainiert, finanziert und berät einige der größten Milizen im Land. Genau diese Art von Einfluss wollen die USA eindämmen. „Man kann das eine planen, und etwas anderes kommt dabei heraus“, sagt Antwan.

Ein Dollar kostet auf dem Schwarzmarkt 148 000 Rial, womit die iranische Währung stark an Wert verloren hat im Vergleich zu Mai, als ein Dollar für 60 000 Rial zu haben war. Die Ölexporte sanken von 2,5 Millionen Barrel täglich im Mai auf 1,85 Millionen im Oktober - ein weiterer Rückgang wird erwartet.

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