Wirtschaftsnobelpreisträger Phelps „Trump schafft enorme Unsicherheit“

US-Präsident Donald Trump Quelle: REUTERS

Wie groß ist das Risiko, das von Trumps Handelspolitik auf die Wirtschaft ausgeht? Der Nobelpreisträger Edmund S. Phelps über die Wirtschaftslage der USA und das aggressive Auftreten der Regierung in der Zollpolitik.

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Die amerikanische Wirtschaft steht blendend da. Welchen Anteil hat die Politik von US-Präsident Donald Trump an den hervorragenden Zahlen?
Edmund S. Phelps: Das ist schwer zu sagen. Ich denke, dass die starken Ergebnisse der vergangenen beiden Quartale vor allem auf die Senkung der Unternehmenssteuer zurückgehen. Ich mache mir allerdings durchaus Sorgen. Die niedrigeren Steuersätze haben auch ein enormes Haushaltsdefizit zufolge. Wenn das so weitergeht, werden wir Probleme bekommen. Irgendwann müssen wir für unsere Sünden bezahlen. Dann bleiben nur Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen, um die Konsequenzen unseres Haushaltslochs abzufedern. 

Die Steuersenkungen wurden mit dem Argument verkauft, der folgende Aufschwung würde die Einnahmenausfälle mehr als ausgleichen. Reicht das Wachstum der Wirtschaft nicht aus, um dieses Versprechen einzulösen?
Ich fürchte, dass die Wirtschaft sogar zurückfallen wird. Ein Grund dafür ist die Politik der Fed. Sie wird die Zinsen tendenziell weiter anheben, was Unternehmensinvestitionen erschweren dürfte. Ich halte das übrigens für einen vernünftigen Schritt. Die Inflation ist derzeit zwar noch niedrig, wir werden aber angesichts der niedrigen Arbeitslosigkeit schon bald einen stärkeren Anstieg erleben. Dann ist es der verantwortungsbewusste Schritt der Zentralbank, die Zinsen zu erhöhen – auch wenn Präsident Trump über verantwortungsbewusstes Verhalten nicht glücklich ist. Ihm geht es nur um seine Wiederwahl. Der Rest von uns sollte sich allerdings über steigende Inflation Sorgen machen. 

Zur Person:

Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass der Aufschwung sich nicht nur beschleunigt, sondern ganz umkehrt und die USA in absehbarer Zeit in eine Rezession rutschen?
Es ist eine realistische Möglichkeit. Die Unternehmenssteuersenkung sorgt derzeit noch dafür, dass Firmen mehr investieren. Aber dieses hohe Niveau an Ausgaben lässt sich nicht ewig durchhalten. Im Moment ziehen Unternehmen Investitionen vor, weil die Rahmenbedingungen so gut sind. Man könnte sagen: Sie leihen von der Zukunft. Das heißt aber auch, dass diese Ausgaben zu einem späteren Zeitpunkt nicht noch einmal getätigt werden. Uns droht dann Investitionsdefizit im Privatsektor.

Angesichts des enormen Haushaltsdefizits, der im historischen Vergleich immer noch niedrigen Zinsen und der bereits erfolgten Unternehmenssteuersenkung: Hätte die US-Regierung überhaupt noch Mittel zur Verfügung, um im Rezessionsfall die Wirtschaft zu stimulieren?

In diesem Fall wäre es wohl das Beste, die Gründung neuer Unternehmen zu unterstützen. In dieser Kategorie sind die USA seit dem Ende des Internet-Booms zur Jahrtausendwende schlechter und schlechter geworden. Allein schon sich heute durch den Dschungel aus Patenten zu navigieren und beim Aufbau Klagen zu vermeiden ist extrem schwierig. Das hat dazu geführt, dass sich die Struktur der US-Wirtschaft seit dem Jahr 2000 verschlechtert hat. An diesem langfristigen Trend ändern auch die guten Quartalszahlen in diesem Jahr nichts.

Wie groß ist das Risiko, das von der amerikanischen Handelspolitik auf die Wirtschaft ausgeht?
Das aggressive Auftreten der Regierung in der Zollpolitik ist aus meiner Sicht vor allem politisch motiviert. Das Weiße Haus will als Beschützer von Arbeitern gelten, die durch den weltweiten Wettbewerb Probleme bekommen haben. Das sollte jedoch nicht davon ablenken, dass einige Beschwerden der Regierung durchaus berechtigt sind – etwa mit Blick auf China oder die zu geringen Verteidigungsausgaben der meisten europäischen Partner. Das rechtfertigt jedoch noch lange nicht, die gesamte Weltwirtschaft in den Zusammenbruch zu treiben.  Ich denke, die Maßnahmen der Regierung werden mehr Schaden anrichten, als dass sie helfen. Höhere Zölle werden amerikanische Jobs vernichten.

Sie haben vor der Amtseinführung von Donald Trump gewarnt und dessen öffentliche Einmischung in die Belange privater Unternehmen – Sie nannten es „bullying“ – mit dem wirtschaftspolitischen Kurs europäischer Faschisten in den 1930er-Jahren verglichen. Sehen Sie Ihre Warnung von damals heute als berechtigt an?

Es ist noch zu früh, das zu beurteilen. Trump schafft enorme Unsicherheit, indem er versucht, die Wirtschaft zu manipulieren und sie zu seiner Marionette zu machen. Das sollte Unternehmen nervös machen – auch wenn sie sich über ihre Steuersenkung freuen. Auch die guten Investitionszahlen der vergangenen beiden Quartale könnten ein sehr vorübergehendes Phänomen sein. Ich rate deshalb zur Vorsicht.

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