WWF Klimarisiken für Finanzmärkte und Firmen werden unterschätzt

Die Finanzindustrie reagiert zwar auf ökobewusste Anleger, Gefahren des Klimawandels seien für Unternehmen dennoch zu intransparent. Experten wollen einheitliche Standards - und hoffen deswegen auf ein G20-Signal.

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„Grüne Finanzen“ sind ein Schwerpunkt der deutschen G20-Präsidentschaft. Quelle: dpa

Berlin Vor dem G20-Gipfel hat die Umweltschutzorganisation WWF die Top-Wirtschaftsmächte aufgefordert, zur Stabilisierung der Finanzmärkte Standards für die Offenlegung von Klimarisiken zu vereinbaren. „Klimabezogene Finanzmarktrisiken werden immer noch unterschätzt“, kritisierte WWF-Experte Matthias Kopp am Dienstag in Berlin. Klimarisiken stellten für Unternehmen und Investoren ein materielles Risiko dar und könnten das Finanzsystem eventuell destabilisieren, wenn sie nicht richtig eingepreist werden. Auch die Aufsichtsbehörden müssten sich global intensiver damit befassen.

Die Folgen der Erderwärmung können sich nach Ansicht des WWF nicht nur unmittelbar negativ auf den Finanzmarkt auswirken - etwa, wenn Regionen durch Dürren, Überschwemmungen oder andere Katastrophen ihr landwirtschaftliches oder touristisches Potenzial verlieren. Auch verändere sich das Anlageverhalten von Investoren - weg von fossilen Energieträgern wie Kohle und Öl und emissionsintensiven Geschäftsmodellen. Wer dies nicht berücksichtige, dem drohten Verluste. Über Fehlinvestitionen bei Pensionskassen könnte so die Altersvorsorge von Millionen Menschen gefährdet sein.

Deutschland hat „green finance“ (grüne Finanzen) zu einem Schwerpunkt seiner G20-Präsidentschaft gemacht. 2015 hatte die G20-Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer den Finanzstabilitätsrat (FSB) aufgefordert, Risiken durch den Klimawandel zu berücksichtigen. Auf dem anstehenden G20-Gipfel in Hamburg sollte ein Bericht vorgelegt werden. Dabei geht es auch um einen besseren Zugang zu Umweltdaten. Global einheitliche Standards fehlen bisher.

Kopp hofft, dass zwei, drei Sätze in die G20-Abschlusserklärung kommen: „Zum Beispiel ein Auftrag für Klima-Stresstests der Zentralbanken - das hätte eine echte Wirkung.“ Von der G20-Gruppe forderte der WWF, eine permanente Arbeitsgruppe einzurichten, um Umweltrisiken längerfristig und kontinuierlich zu analysieren und transparent zu machen. Deutschland habe diese Chance verpasst.

Die FSB-Finanzaufseher haben jüngst Empfehlungen vorgelegt. Im Bericht der FSB-Arbeitsgruppe (Task Force on Climate Related Financial Disclosures/TCFD) unter Leitung des US-Unternehmers und früheren New Yorker Bürgermeisters Michael Bloomberg wird ein System vorgeschlagen, mit dem Unternehmen klimabezogene Finanzrisiken sowie Strategien zur Risikominimierung gegenüber Investoren, Kreditgebern, oder Versicherern offenlegen können. Die Initiative wird bisher von mehr als 100 Unternehmen unterstützt.

Das Pariser Klimaabkommen habe viel ausgelöst, sagte Kopp: „Den Unternehmen wird klar, dass sie handeln müssen. Das verstehen sie teils schneller als Banken und Investoren.“ Deutschland hinke Skandinavien, den Niederlanden, Frankreich, der Schweiz und Großbritannien hinterher. Anderswo werde institutionellen Investoren vorgeschrieben, Klimarisiken transparent zu machen, oder Notenbanken entwickelten Klima-Stresstests. Hierzulande herrsche wenig Transparenz, beklagte er. Viele Menschen interessiere nicht, wie ihre Rentenversicherung investiere: „Es kommt darauf an, Investitionen in die richtigen Bahnen zu lenken.“ Fehlinvestitionen könnten wegen Pflichtverletzungen für Unternehmen auch zum Problem werden.

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