Yellen, Cohn, Sessions, Tillerson Trumps Personalpolitik schlingert dahin

Im Reality-TV hatte Donald Trump einen Job: geeignete Kandidaten finden. Als US-Präsident tut er sich damit oft schwer. Bei der Besetzung der Fed-Posten macht er eine Kehrtwende – auf sein Kabinett aber drischt er ein.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Washington US-Präsident Donald Trump hat mit Hilfe eines Interviews die Diskussion um die Besetzung von Spitzenposten bei der US-Notenbank Fed angefacht. Trump sieht seinen Wirtschaftsberater Gary Cohn als Top-Anwärter für den Posten des obersten Notenbankers. Allerdings überraschte er in einem Interview des „Wall Street Journal“ (Dienstag) mit der Aussage, er könne sich durchaus auch gut vorstellen, die derzeitige Fed-Chefin Janet Yellen für eine weitere Amtszeit zu nominieren.

Auf die Frage, ob Cohn ein Kandidat für den Spitzenjob bei der Federal Reserve sei, antwortete Trump: „Er weiß es nicht, aber ja das ist er.“ Das US-Magazin „Politico“ hatte bereits unter Berufung auf Insider berichtet, dass der ehemalige Vizechef der US-Investmentbank Goldman Sachs sich Hoffnung auf den renommierten Posten machen könne.

Überraschender kommt, dass Trump sich plötzlich auch vorstellen kann, an Yellen festzuhalten, die er in der Vergangenheit wiederholt heftig kritisiert hatte. „Ich mag sie; ich mag ihre Haltung. Ich denke, sie hat einen guten Job gemacht“, sagte Trump über Yellen, die seit Februar 2014 die Fed leitet und deren Amtszeit im Februar 2018 endet.

Trump machte auch sein Kalkül bei der Personalwahl deutlich: „Ich würde gerne sehen, dass die Leitzinsen niedrig bleiben“. Damit vollzieht Trump eine radikale Kehrtwende, im Wahlkampf war er die Fed und Yellen noch harsch angegangen und hatte ihnen vorgeworfen, mit künstlich niedrigen Zinsen Finanzblasen zu riskieren. Allerdings kann Trump Unterstützung durch lockere Geldpolitik wegen seiner gewagten Wirtschaftsversprechen nun sehr gut gebrauchen.

Es gebe allerdings neben Cohn und Yellen auch noch „zwei oder drei“ andere Mitbewerber, sagte Trump, ohne jedoch Namen zu nennen. Cohn wäre eine ungewöhnliche Wahl, da er kein Ökonom ist und lediglich über langjährige Erfahrung als hochrangiger Manager einer Privatbank verfügt. Trump, der vor seiner Wahl zum Präsidenten selbst keine politische Erfahrung hatte, hat aber bereits bewiesen, dass er vor unkonventionellen Personalentscheidungen nicht zurückschreckt.

In dem „Wall Street Journal“-Interview sprach Trump auch über andere Personalfragen. Dabei erhöhte er seinen Druck auf Justizminister Jeff Sessions. Er sei sehr enttäuscht von Sessions, sagte Trump. Er denke über die Möglichkeit nach, Sessions zu entlassen.

Auch Trumps neuer Kommunikationsdirektor Anthony Scaramucci äußerte sich in dieser Richtung. Als Radiomoderator Hugh Hewitt in einem Interview sagte, Trump wäre Sessions am liebsten los, antwortete Scaramucci: „Da haben sie vermutlich recht.“

Drei Personen mit Zugang zum Präsidenten sagten der Nachrichtenagentur AP, Trump habe mit engen Beratern in den vergangenen Tagen darüber diskutiert, welche Folgen es haben könnte, wenn er Sessions feuern würde. Allerdings wiesen sie darauf hin, dass Trump schon öfter über hochkarätige Personalentscheidungen spekuliert, diese dann aber nicht in die Tat umgesetzt habe.


Trump gegen Sessions, Tillerson gegen Trump?

Trump schrieb auf Twitter, Sessions habe bei Ermittlungen gegen Hillary Clinton und Verräter von Geheimdienstinformationen „sehr schwach“ agiert. Trump ist verärgert darüber, dass Sessions sich wegen Befangenheit aus den Ermittlungen zur Russland-Affäre zurückzog.

Der republikanische Senator und Trump-Kritiker Lindsey Graham erklärte, der Tweet des Präsidenten sei „höchst unangemessen“. Sessions sei ein unerschütterlicher Konservativer, aber vor allem glaube er an die Rechtsstaatlichkeit, die nicht mit Politik vermischt werden dürfe, sagte Graham. Der republikanische Abgeordnete Adam Kinzinger schrieb auf Twitter, Trump solle Sessions doch einfach treffen, um die Differenzen auszubügeln.

Auch Scaramucci machte sich dafür stark, dass die beiden gemeinsam eine Lösung finden. Der republikanische Vorsitzende im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, betonte, der Präsident habe das gute Recht, sich seine Regierungsmannschaft auszusuchen.

Doch auch umgekehrt hat Trump Personalprobleme. Erst in der vergangenen Woche hatte der Pressesprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, überraschend seinen Rücktritt erklärt. Und seit mehreren Wochen kursieren Gerüchte, US-Außenminister Rex Tillerson habe es satt, mit Trump zu arbeiten.

Jene dementierte nun das US-Außenministerium. Tillerson habe vor, im Amt zu bleiben, erklärte seine Sprecherin Heather Nauert am Dienstag in Washington. Berichte über einen Rücktritt seien falsch. Der Außenminister fühle sich seiner Aufgabe verpflichtet.

Seit mehreren Wochen gibt es Berichte, Tillerson sei frustriert über die Zusammenarbeit mit Präsident Donald Trump und dem Weißen Haus. Am Wochenende heizte CNN Gerüchte um einen Rücktritt weiter an. Der Bericht des Senders stützte sich aber lediglich auf vage Aussagen von zwei anonymen Quellen. Diese sagten, dass es sie nicht überraschen würde, sollte der Minister noch vor Jahresende zurücktreten.

In den vergangenen Monaten zeigten sich zwischen Trump und Tillerson immer wieder offene Differenzen. So sprach sich der Außenminister für einen Verbleib der USA im Klimaschutzabkommen von Paris aus. Der Präsident entschied sich für den Ausstieg. In der Golfkrise kritisierte Trump Katar, Tillerson rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%