Zahlungsausfall verhindert Das Schulden-Drama in den USA ist vorbei

Hintern den Mauern des US-Kapitols hat der Senat einen Gesetzentwurf gebilligt, mit dem die staatliche Schuldenobergrenze vorerst ausgesetzt wird. Quelle: dpa

Aufatmen in den USA und an den Finanzmärkten: Nach wochenlangen Verhandlungen hat der erbitterte Schuldenstreit ein Ende. Richtig begeistert ist kaum einer von dem Kompromiss, aber erleichtert sind viele.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Eine drohende Zahlungsunfähigkeit der US-Regierung ist abgewendet. Nach dem Repräsentantenhaus billigte am späten Abend des 1. Juni (Ortszeit) auch der Senat in Washington einen Gesetzentwurf, mit dem die staatliche Schuldenobergrenze in den USA vorerst ausgesetzt wird.

Ohne den Schritt wäre der US-Regierung in wenigen Tagen das Geld ausgegangen. Mit dem abschließenden Votum im Kongress endet eine lange politische Zitterpartie, die in den USA und darüber hinaus große Sorgen vor einer wirtschaftlichen Krise ausgelöst hatte. Bis zuletzt hatten die Demokraten von Präsident Joe Biden mit den Republikanern erbittert um einen Kompromiss gerungen.

Die Abstimmung

Eine parteiübergreifende Mehrheit im Senat stimmte nun für den Gesetzentwurf, mit dem die Schuldenobergrenze bis 2025 ausgesetzt wird, während zugleich die staatlichen Ausgaben in den kommenden zwei Jahren beschränkt werden. 63 von 100 Senatoren verhalfen dem Entwurf zur nötigen Mehrheit, darunter 46 Demokraten und 17 Republikaner. Mit dem Kompromiss ist sichergestellt, dass die Regierung nicht in wenigen Tagen zahlungsunfähig wird. US-Finanzministerin Janet Yellen hatte zuletzt gewarnt, dieser dramatische Fall könnte am Montag eintreten. Die Lösung kam somit erst denkbar kurz vor Ablauf der Frist zustande.

Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, äußerte sich erleichtert. „Wir haben einen katastrophalen Zahlungsausfall verhindert”, sagte er. Dabei hätten vor allem die Demokraten die Einigung über die Ziellinie getragen – denn in beiden Kongresskammern hätten mehr Demokraten als Republikaner für den Deal gestimmt.

Lesen Sie auch: Der Schuldendeckel ist zurück auf Amerikas politischer Bühne – und eigentlich ist er reine Routine

Das US-Repräsentantenhaus hatte den Gesetzentwurf am Mittwochabend verabschiedet, ebenfalls mit einer parteiübergreifenden Mehrheit. Nach dem finalen Votum im Senat muss Präsident Biden das Gesetz nun noch unterzeichnen, um es in Kraft zu setzen. Das gilt jedoch als reine Formalie. Biden kündigte unmittelbar nach dem Votum an, das Gesetz so schnell wie möglich zu unterzeichnen und sich heute direkt an das amerikanische Volk zu wenden. Senatoren beider Parteien hätten mit ihren Stimmen einen Zahlungsausfall verhindert, betonte Biden. „Gemeinsam haben sie einmal mehr bewiesen, dass Amerika eine Nation ist, die ihre Rechnungen bezahlt und ihren Verpflichtungen nachkommt – und dies immer tun wird.”

Das Gezerre davor

Der Hintergrund des Schulden-Dramas: In den USA legt das Parlament in unregelmäßigen Abständen eine Schuldenobergrenze fest und bestimmt damit, wie viel Geld sich der Staat leihen darf. Diesmal artete das Prozedere aus in erbittertes parteipolitisches Gezerre und ideologische Grabenkämpfe zwischen Demokraten und Republikanern.

Der Deal zwischen Joe Biden und Kevin McCarthy zur Anhebung der Schuldengrenze dürfte heute das Repräsentantenhaus ohne Probleme passieren. Warum für McCarthy dennoch unsichere Zeiten anbrechen.
von Julian Heißler

Die Republikaner, die seit Januar eine Mehrheit im Repräsentantenhaus haben, verweigerten über viele Wochen eine Anhebung der Schuldenobergrenze und verlangten deutliche Kürzungen der staatlichen Ausgaben. Sie argumentierten, die Regierungsausgaben seien außer Kontrolle und hätten ein verantwortungsloses Ausmaß angenommen. Die Demokraten wiederum warfen den Republikanern vor, ein ökonomisches Desaster zu riskieren, nur um sich politisch zu profilieren.

Der Deal

Biden und der republikanische Vorsitzende im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, hatten in den vergangenen Wochen in zähen Verhandlungen um einen parteiübergreifenden Kompromiss gerungen und erst am vergangenen Wochenende einen Deal präsentiert. Dieser sieht vor, dass der Umfang des Bundeshaushalts, den die Demokraten unter Biden vergrößern wollten, faktisch eingefroren wird.

Dafür werden die Budgets vieler Bundesbehörden und Ministerien angepasst. Die Republikaner konnten auch durchsetzen, dass Empfänger bestimmter Sozialleistungen einen Job nachweisen müssen. Die Demokraten wollten die staatlichen Einnahmen eigentlich durch die stärkere Besteuerung von Reichen erhöhen. Dagegen wiederum stemmten sich die Republikaner.

Mit dem Deal sind viele Demokraten wie auch Republikaner unzufrieden. Linke Demokraten beklagen etwa Kürzungen im sozialen Bereich. Rechten Republikanern gehen die Einsparungen nicht weit genug. Und auch viele moderate Politiker aus der Mitte beider Parteien sind keineswegs begeistert. Angesichts der drohenden dramatischen Konsequenzen durch einen Zahlungsausfall stimmten letztlich jedoch ausreichend Kongressmitglieder aus beiden Lagern für den Deal und sicherten so die nötige Mehrheit im Parlament.

Strategische Inkompetenz Wenn Mitarbeiter sich auf Unfähigkeit ausruhen, sind Chefs oft selbst schuld

Manche Leute stellen sich im Job dümmer, als sie sind. Und viele Chefs bestärken sie auch noch darin. Ein Kommentar.

Erbschaftsteuer Der Gesetzgeber hebelt steuerzahlerfreundliche Urteile aus

Unbemerkt von einer breiteren Öffentlichkeit hat der Gesetzgeber im viel diskutierten Wachstumschancengesetz auch neue Regeln für Erbschaften und Schenkungen versteckt. Es geht um die Steuer. Ein Gastbeitrag.

Steuern auf Kryptowährungen „Die Finanzverwaltung sitzt am deutlich längeren Hebel“

Das jüngste Rekordhoch der Kryptowährung Bitcoin wirft auch steuerliche Fragen auf: Wer muss wie viel Steuern zahlen? Was droht Anlegern, wenn sie Einkünfte nicht angeben? Steuerexperte Joerg Andres gibt die Antworten.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

„Niemand bekommt in einer Verhandlung alles, was er will”, betonte Biden. Die überparteiliche Einigung sei aber ein großer Gewinn für die US-Wirtschaft und das amerikanische Volk.

Lesen Sie auch: Acht Grafiken zeigen, wie es um die Verschuldung Deutschlands steht

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%