Man sagt, Sie hätten letztlich allein durch Ihren Besuch Reklame für den IS gemacht.
Meine Stellungnahmen nach der Reise und mein Buch sind das Gegenteil einer Reklame für den IS. Ich lasse den IS sich selbst enttarnen. Wer mein Buch liest und trotzdem zum IS auswandern will, hat einen an der Klatsche.
Nochmal: Man muss seine Feinde kennen, um sie besiegen zu können. Wenn Sie eine Reportage über einen Mörder machen, mit ihm reden und manche seiner Argumente bei Ihrer Berichterstattung berücksichtigen, sagt doch auch keiner, Sie würden Werbung für Mörder machen. Ein Richter, der sich weigert, mit einem vermeintlichen Täter zu sprechen, nur weil er ihn verabscheut, wird sofort abgesetzt. Wegen erwiesener Dummheit und Inkompetenz.
Mit der Logik hätte man übrigens nie detailliert über Bin Laden berichten dürfen - wie etwa der große US-Journalist Peter Bergen und andere dies taten.
Die Führer des IS
az-Zarqawi wurde 1966 geboren und 2006 getötet. Auf seinem Kopf hatten die USA ein Kopfgeld von 25 Millionen US-Dollar ausgesetzt – das entspricht dem Kopfgeld, das auf Saddam Hussein ausgesetzt war. Er galt als Experte für chemische und biologische Kampfstoffe.
Während des Irak-Kriegs gründete er al-Qaida im Irak – der Organisation aus der heute der Islamische Staat (IS) hervorgegangen ist. Er ist für mehrere Terroranschläge und die Enthauptung des Amerikaners Nicholas Berg verantwortlich.
Am 7. Juni 2006 töteten ihn US-Spezialkräfte nördlich von Bagdad. Nachdem zu einem Gefecht zwischen US-Militärs und Anhängern az-Zarqawis kam, forderten die US-Soldaten einen gezielten Luftschlag auf sein Lager an. Infolge dieses Luftschlags soll az-Zarqawi gestorben sein.
Die Person hinter dem Pseudonym Abu Umar al-Baghdadi ist immer schattenhaft geblieben. Nach irakischen Angaben war er ein ehemaliger irakischer Armeeoffizier. 1985 soll er in dem Widerstand gegen Saddam Hussein beigetreten sein.
1987 floh er nach Afghanistan, um erst 1991 zurück in den Irak zu kommen. Seine Festnahme wie sein Tod wurden mehrfach gemeldet. Beobachter äußerten immer wieder die Vermutung, hinter dem Kampfnamen existiere keine reale Person – oder er wäre nacheinander von unterschiedlichen Kämpfern verkörpert worden.
Seit 2010 sind keine Ankündigungen von ihm mehr in die Öffentlichkeit gelangt, weshalb man ihn für tot hält.
Al-Baghdadi wurde 1971 im Irak geboren. Seit 2010 ist er der Anführer des IS. Seitdem er Mitte 2014 in Teilen Syriens und des Iraks das Kalifat ausgerufen hat, nennt er sich Kalif Ibrahim.
In Bagdad soll er ab seinem 19. Lebensjahr zehn Jahre lang in einem privaten Moscheegebäude gelebt und Religion studiert haben. Sein Studium soll er zu Beginn der 2000er Jahre mit einer Promotion in Islamischen Recht beendet haben.
Als die USA 2003 im Irak einmarschierten, gründete al-Baghdadi eine militante Islamistengruppe. 2004 soll er von US-Streitkräften im Irak interniert worden sein.
Seitdem er 2014 das Kalifat auf syrischem und irakischem Boden ausgerufen hat, ist er nach Ansicht seiner Anhänger oberster Führer der Muslime.
Wie beurteilen Sie die Brutalität des IS im Vergleich zu westlicher Brutalität?
Es ist nicht alles so schwarz-weiß, wie manche bei uns es gerne hätten. Der IS zelebriert gnadenlos, was der Westen zu vertuschen versucht. Er will uns zeigen, wie pervers unsere Kriege sind und bringt hierzu den Tod in unsere Wohnzimmer. Uns schockiert die barbarische Brutalität des IS, weil wir denken, dass unsere weit entfernten Kriege sauber wären. Erst wenn es um Menschen des Westens, um einen von uns sozusagen, geht, merken wir manchmal, wie pervers und grausam jedes Töten ist. Auch die eine Million Tote im Irak-Krieg sind nicht vorher betäubt worden, bevor sie durch amerikanische Bomben zerfetzt oder verbrannt worden sind. Auch sie haben furchtbar gelitten. Doch das wurde fast nie zur Schau gestellt. Wir konnten es daher leicht verdrängen.
Der IS will außerdem seinen Gegnern Furcht und Schrecken einjagen. "Shock and Awe", wie es einst George W. Bush im Irak vorgemacht hat. Außerdem will der IS die US-Führung provozieren, Bodentruppen zu schicken. Zur apokalyptischen finalen Entscheidungsschlacht, von der er träumt.
Ein Mitglied unseres IS- Begleitkommandos sagte uns am Schluss der Reise: "Ja, wir sind brutal. Aber wir machen es offen, ihr macht es heimlich. Wir haben vielleicht 20.000 Iraker getötet, ihr eine Million".
Der IS überspielt dabei allerdings einen wichtigen Unterschied: Der IS tötet und quält gezielt Unschuldige, während der Westen den Tod Unschuldiger nach allem, was man weiß, nur "in Kauf nimmt". Das macht die Taten des IS noch verwerflicher. Für die Opfer macht es allerdings keinen Unterschied. Außerdem wissen alle Piloten, dass durchschnittlich 90 Prozent der Bombenopfer Zivilisten sind.