Zinsanstieg und scheue Gläubiger Werden die Schulden zur US-Achillesferse im Handelsstreit?

Ein Dämpfer für die Wirtschaft durch teurere Kredite käme für Trump zur Unzeit. Quelle: imago images

Trump wettert gegen hohe Zinsen. Sie könnten die Finanzierung der Staatsschulden schwieriger machen. Inzwischen hat sich Russland als Gläubiger der USA abgewandt und auch China sieht den Schuldner kritisch.

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Steigende Zinsen gehören zu den Dingen, die Donald Trump ganz und gar nicht begeistern. „Die Zinsen jetzt anzuheben schadet allem, was wir erreicht haben“, twitterte der US-Präsident jüngst mit Blick auf die allmähliche Abkehr der Notenbank Fed vom Krisenmodus in der Geldpolitik. Denn ein Dämpfer für die Wirtschaft durch teurere Kredite käme für Trump zur Unzeit; will er doch gerade die heilsame Wirkung seiner wirtschaftlichen Abschottung beweisen. Und es gibt ein weiteres Problem: Die Finanzierung der gigantischen US-Staatsschulden wird teurer.

Doch während Trump die Notenbanker attackiert, legen jüngste Daten nahe, dass nicht nur sie es waren, die den US-Zinsen zuletzt Auftrieb gaben. Stattdessen spielte ausgerechnet das Land eine entscheidende Rolle, mit dessen Präsident Wladimir Putin Trump in Helsinki auf Kuschelkurs ging. Aktuelle Zahlen zeigen, dass Russland zuletzt fast vollständig als Gläubiger der USA abgesprungen ist. Allein im April und Mai ist der russische Bestand an US-Staatspapieren von über 96 Milliarden auf unter 15 Milliarden Dollar gefallen. Auf der offiziellen US-Liste der Hauptgläubiger, auf der auch Deutschland steht, taucht Russland seit vergangener Woche nicht mehr auf.

Es gab für Moskau gleich mehrere Gründe, sich von US-Papieren zu trennen. Die Anfang April eingeführten US-Sanktionen haben für Verunsicherung gesorgt und in Washington werden parteiübergreifend weitere Schritte gefordert. In Moskau ist man besorgt, dass künftig auch der Handel mit US-Anleihen beeinträchtigt werden könnte. Die Anleiheverkäufe seien schlicht und einfach eine „kluge Absicherung“ gegen eine mögliche Beschlagnahmung, sagte der russische Ex-Notenbankchef Sergej Dubinin.

Dass Trump damit droht, zusätzliche Strafzölle auf chinesische Waren zu erheben, setzt den Börsen zu. Zudem wächst bei den Anlegern die Angst vor einem Währungskrieg.

Außerdem stärkt der Verkauf der US-Papiere tendenziell den Rubel, der unter dem Druck der Sanktionen stark an Wert verloren hat. Zudem setzt Russland ohnehin seit geraumer Zeit auf eine stärkere Streuung seiner Währungsreserven und will sich von der Abhängigkeit vom Dollar lösen. Vor allem Gold horten die Russen immer mehr. Allein im April und Mai stieg der Bestand laut dem World Gold Council zusammen um über 37 auf inzwischen mehr als 1900 Tonnen.
Einige Experten bewerten das Vorgehen Russlands aber auch als gezielte Attacke auf eine Achillesferse der USA. Denn obwohl die US-Wirtschaft brummt und die Arbeitslosigkeit mit vier Prozent sehr niedrig ist, entlastet Trump mit seiner Steuerreform die Wirtschaft auf Kosten des Staatssäckels und setzt auf hohe Ausgaben. Laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) wird das US-Haushaltsdefizit in den kommenden Jahren über einer Billion Dollar liegen.

Das erhöht die Abhängigkeit der USA von ihren Gläubigern. Wie hoch die ist, hatte sich während des russischen Abverkaufs der US-Papiere gezeigt: Seit Anfang April stiegen die Zinsen auf US-Anleihen kräftig. Bei 10-jähriger Laufzeit kletterte die Rendite von 2,7 Prozent erstmals seit 2014 über 3 Prozent. Denn die Russen erhöhten das Angebot und wenn den Anlegern Papiere hinterher geworfen werden, verlangen sie höhere Zinsen auf ihr Geld.

Der IWF warnt beim G20-Treffen in Buenos Aires vor dem Schaden für die Weltwirtschaft durch den schwelenden Handelsstreit. US-Finanzminister Mnuchin bietet Europäern Gespräche an. Die reagieren zurückhaltend.

Allerdings ist Russland ein vergleichsweise kleiner Geldgeber der USA. Ungleich härter dürfte es Washington treffen, wenn etwa China als größter Gläubiger den Geldhahn zudrehen würde. Wie heikel die Lage ist, hatte sich bereits im Januar gezeigt, als bloße Gerüchte, Peking könnte die Käufe von US-Anleihen stoppen, die US-Zinsen ruckartig steigen ließen. Hier geht es um ganz andere Summen als im Falle Russlands: Ausgerechnet bei Trumps Lieblingsfeind China stehen die USA mit über 1,1 Billionen Dollar in der Kreide.

Und inzwischen droht Trump mit Strafzöllen auf derart hohe Importvolumina aus China, dass das Reich der Mitte aufgrund der vergleichsweise geringen Einfuhren aus den USA nicht mehr mit gleicher Münze zurückzahlen könnte. US-Firmen in China fürchten daher bereits Gängelungen durch die Behörden bis hin zu Boykottaufrufen. Ein Verkauf von US-Anleihen wäre ein weiterer möglicher Weg, den USA zu schaden.

Trump im Fokus - Kind im Käfig

Ganz so einfach wäre es mit dem Verkauf der US-Papiere für Peking aber nicht. Denn schon ein anteiliger Abbau dürfte stark auf die Kurse der Anleihen drücken, und da auch andere Gläubiger davon betroffen wären, droht eine Abwärtsspirale. Dadurch wiederum würde der Wert der verbleibenden US-Papiere in Pekings Händen schwinden man hätte sich selbst geschadet.
Andererseits steht Peking aber zurzeit wegen eines starken Wertverfalls der Landeswährung Yuan unter Druck. Während Trump neben der EU auch Peking vorwirft, die eigene Währung künstlich zu schwächen, versichert Chinas Notenbank, einen allzu starken Wertverfall unbedingt verhindern zu wollen. Denn mit starken Kursverlusten beim Yuan hat Peking bereits 2015 und 2016 schlechte Erfahrungen gemacht. Damals kam es zu heftigen Börsenturbulenzen. Um das zu verhindern, könnte China eingreifen und den Yuan stützen ein üblicher Weg dafür wäre ausgerechnet der Abverkauf von US-Papieren.

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