Die US-Notenbank Federal Reserve steuert einen vorsichtigen Kurs und lässt ihren Leitzins unverändert bei 0,25 bis 0,5 Prozent. Das hat der Offenmarkt-Ausschuss der Fed unter Leitung von Notenbank-Chefin Janet Yellen am Mittwoch nach seiner März-Sitzung bekanntgegeben. Die Anhebung des Zinsniveaus auf ein normales Maß könnte wegen Einflüssen aus der Weltwirtschaft langsamer vonstatten gehen als geplant: Zum Jahresbeginn waren die Finanzmärkte wegen der starken Konjunkturabkühlung in China und des Verfalls der Ölpreise in Aufruhr. Aber auch jetzt gingen von der Weltwirtschaft und den Kapitalmärkten Risiken aus, warnte Yellen. Sie rudert bei ihren Plänen zur Straffung der Zinsen just zu einem Zeitpunkt zurück, an dem andernorts geldpolitisch aus allen Rohren gefeuert wird. So hat EZB-Chef Mario Draghi zuletzt den Strafzins für Banken in der Euro-Zone verschärft, wenn diese Gelder über Nacht bei der Notenbank parken. Zudem wird das in Deutschland umstrittene Anleihen-Kaufprogramm ausgeweitet und um Firmenanleihen ergänzt. Auch in Japan, das den USA ebenfalls konjunkturell hinterherhinkt, sind Zinserhöhungen kein Thema.
Die meisten Experten hatten mit dieser Entscheidung gerechnet. Eine Umfrage des „Wall Street Journals“ unter Volkswirten hatte eine Wahrscheinlichkeit von lediglich zwölf Prozent für eine Erhöhung ergeben. Der US-Leitzins hatte sieben Jahre lang auf einem Niveau nahe Null verharrt. Die letzte Erhöhung vor Dezember 2015 hatte fast zehn Jahre zurückgelegen.
Aber bereits im Februar hatten sich gleich mehrere US-Notenbanker zu einem möglichen Ende der gerade erst eingeleiteten Zinswende geäußert. Zunächst erklärte Fed-Vizechef Stanley Fischer, die Erfahrungen mit Strafzinsen im Ausland seien besser, als er es erwartet hätte. Und schließlich bekannte seine Chefin Janet Yellen freimütig vor dem Kongress: „Wir werden uns auch mit Negativzinsen beschäftigen.“ Dies sei nicht das wahrscheinlichste Szenario, aber die Pläne seien auch nicht vom Tisch.
Die Wall Street reagierte empört. Eine „schädliche Aussage“ sei das, schimpfte Larry Shover, Mitgründer eines Investmentfonds. Die Märkte würden dadurch „gekilled“. Tatsächlich stürzten die Aktienmärkte ab, vor allem die Papiere der großen Banken fielen nach den Fed-Äußerungen deutlich. Doch inzwischen hat sich die Aufregung längst gelegt – sowohl bei der Fed, als auch an den Märkten. Der Grund ist einfach: Die US-Konjunktur trotz den weltweiten Negativmeldungen. Die Wirtschaft wächst solide und die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist noch besser als erwartet. Im Februar wurden 242.000 neue Jobs geschaffen; die Arbeitslosenquote bleibt damit bei 4,9 Prozent. Ein Ziel ihrer Niedrigzinspolitik – die Vollbeschäftigung – hat die Fed damit nahezu erreicht.
Hinzu kommt: Die guten Beschäftigungszahlen beflügeln den Binnenkonsum. Die Shoppinglaune der US-Amerikaner ist ungebrochen hoch: Die Automobilindustrie setzt monatlich weiter über 1,3 Millionen Fahrzeuge ab, Fluglinien und Hotels freuen sich über Reisebuchungen für den Sommer und Herbst. Die US-Amerikaner kaufen damit die Sorgen weg, die die Exportwirtschaft anfacht. Aufgrund des starken US-Dollars konnten die US-Anbieter im Ausland so wenig Produkte an den Mann bringen wie seit über fünf Jahren nicht mehr. Die Warenexporte sanken um 3,3 Prozent auf rund 117 Milliarden Dollar. Nicht viel besser sieht es in der Öl-Industrie aus, die weiter unter den niedrigen Rohstoffpreisen leidet.
Trotzdem bleibt der Gesamtausblick für die US-Wirtschaft positiv. „Ich erwarte, dass die USA in diesem Jahr um etwa zwei Prozent wachsen werden – und damit stärker als etwa Deutschland“, sagt etwa Adam Posen, Ökonom vom Peterson Institute.
Er betont, dass die Vereinigten Staaten davon profitieren, in der Finanzkrise von 2008 einen klaren Schnitt gemacht zu haben. Banken, Autobauer und Fluglinien wurden in die Insolvenz geschickt, zusammengelegt und gesundgeschrumpft. „Die verbleibenden Akteure stehen heute stärker da“, sagt Posen. Beispiel sind die US-Banken: Die Turbulenzen in Europa haben auch die US-amerikanischen Geldinstitute nach unten gezogen. Der freie Fall aber blieb aus, weil die Häuser vermitteln konnten, besser dazustehen, als die europäische Konkurrenz. Das bestätigt eine Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young. Demnach haben die zehn größten US- Banken seit der Finanzkrise 2008 ihr Eigenkapital um 160 Prozent aufgestockt – auf über eine Billion Dollar. Zum Vergleich: Die Europäer haben im gleichen Zeitraum ihr Eigenkapital nur um 63 Prozent aufgebessert.