Zum Tod von Robert Mugabe Wie ein ehemaliger Freiheitskämpfer sein Land zugrunde richtete

Robert Mugabe, der langjährige Präsident des südafrikanischen Staates Simbabwe, ist im Alter von 95 Jahren gestorben.

Robert Mugabe kämpfte an vorderster Front, um Simbabwe von der kolonialen Unterdrückung zu befreien. Als Herrscher richtete er sein Land wirtschaftlich zugrunde. Zwei Jahre nach seiner Absetzung ist er nun gestorben.

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Robert Mugabe ist tot. Der frühere Präsident von Simbabwe starb am Freitag im Alter von 95 Jahren in Singapur, wo er sich wegen einer medizinischen Behandlung aufgehalten hatte. „In größter Trauer teile ich mit, dass Simbabwes Gründungsvater und früherer Präsident, Genosse Robert Mugabe, von uns gegangen ist“, schrieb Präsident Emmerson Mnangagwa auf Twitter. Mugabe war fast 40 Jahre lang an der Macht – seit der Unabhängigkeit des damaligen Rhodesiens von Großbritannien 1980. Er wandelte sich vom Freiheitshelden, der nach einem Jahrhundert der Kolonialherrschaft für Aussöhnung zwischen Schwarzen und Weißen sorgte, hin zu einem machtbesessenen Autokraten. 2017 trat er zurück.

Obwohl Mugabe in späteren Jahren höchst umstritten war, zollten ihm Politiker Respekt. „Mugabe war eine Ikone der Befreiung“, schrieb Präsident Mnangagwa. Die südafrikanische Regierung würdigte Mugabe als „furchtlosen pan-afrikanischen Freiheitskämpfer“. Der simbabwische Oppositionspolitiker David Coltart twitterte, Mugabes Vermächtnis sei seine Rolle bei der Beendigung der Herrschaft der weißen Minderheit.

Mugabe engagierte sich bereits in den 1960er Jahren im politischen Kampf gegen die Kolonialherrschaft. Dafür musste er über zehn Jahre lang ins Gefängnis. Nach seiner Haftentlassung ging er in den Untergrund und wurde einer der bedeutendsten Guerillaführer im Kampf gegen das weiße Regime. 1980 gewann seine Partei die ersten freien Parlamentswahlen, er wurde Premierminister.

Der Mann mit dem kuriosen Bärtchen und den großen Brillengestellen durchlief eine bemerkenswerte Karriere vom studierten Lehrer zum mächtigsten Mann Simbabwes. Auf dem Kontinent galt er als intellektueller Hoffnungsträger. Doch als im Nachbarland Südafrika der erste schwarze Präsident Nelson Mandela wie ein Popstar nach dem Ende der Apartheid-Regierung gefeiert wurde, sank sein Stern. Der 1924 geborene Mugabe klammerte sich immer skrupelloser an die Macht.

Der stets elegant gekleidete Intellektuelle verblüffte zunächst mit einem auf Ausgleich zwischen Schwarz und Weiß zielenden Versöhnungskurs. Er förderte Kleinbauern und vereinfachte den Zugang zu Schulen und Krankenhäusern. Die Lebenserwartung stieg in den ersten zehn Jahren seiner Herrschaft rasant an, das Bruttoinlandsprodukt stieg deutlich stärker als unter der weißen Minderheitsregierung.

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von Andreas Freytag

Mit einer Verfassungsänderung schaffte er sich dann 1987 ein machtvolles Präsidentenamt, das ihm auch die Exekutivmacht übertrug. Brüche im Bild des gerechten Herrschers wurden deutlicher sichtbar. Aufständische Bevölkerungsgruppen wurden unterdrückt, teils auch ermordet.

Ab 1991 öffnete das Land auch auf internationalen Druck hin seinen Markt. Unterstützungsprogramme wurden gekürzt, die Privatwirtschaft sollte sich nun selbst regulieren. Für viele der zuvor geförderten Bauern bedeutete das den Ruin, wie auch die Weltbank später selbstkritisch zugab.

Um den Nachwirkungen aus der Zeit der weißen Kolonialregierung auszugleichen, gab Mugabe in den 90er-Jahren auch ein vor allem auf freiwilligen Verkäufen basierendes Programm zur Landreform aus – so sollte der Anteil der schwarzen Bevölkerung gesteigert werden, die ihr eigenes Land bewirtschaften, anstatt als Hilfskräfte zu arbeiten. Bald gab es aber auch zunehmend Zeichen von Korruption, die weiße Elite drohte schlicht durch eine schwarze ersetzt zu werden. Internationale Fördermittel, gerade aus Großbritannien, wurden gestrichen.

Zur Jahrtausendwende machte Mugabe dann eine endgültige Kehrtwende in seiner Aussöhnungspolitik und ließ weiße Landbesitzer nun teils unter Gewaltanwendung über Nacht und ohne Ausgleich enteignen. Die Farmen gingen oft an Verbündete ohne Erfahrung in der Landwirtschaft. Auch schwarze Kleinbauern waren mangels Ausbildung oft überfordert. Die Produktion von Mais und Tabak brach ein. Das Ziel, die ungerechte Landverteilung zu verbessern, wurde der Sargnagel der Wirtschaft, die bereits seit Ende der 90er-Jahre in der Krise steckte. Auch das Gesundheitssystem brach zusammen. Mehr als 3000 Menschen fielen bis Anfang 2009 einer Choleraepidemie zum Opfer. Die Infrastruktur verfiel, die Währung kollabierte und musste 2009 aufgegeben werden, die Simbabwer flohen in Scharen.

Als es Zeichen gab, dass Mugabe seine unbeliebte Frau Grace – 41 Jahre jünger als er selbst – als Nachfolgerin einsetzen wollte, formierte sich Widerstand. Ende 2017 stellte das Militär Mugabe unter Hausarrest und riss die Macht an sich. Er trat kurz darauf zurück, nachdem auch formell ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet worden war.

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