Zunehmende Beschränkungen im Netz Warum China zum Internet-Entwicklungsland wird

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China hat den größten digitalen Markt der Welt

Das geringe Tempo kostet ausländischen Firmen viel Geld. Mit rund 900 Millionen Internetnutzern hat China den größten digitalen Markt der Welt. In keinem Land wird mehr im Bereich E-Commerce umgesetzt. Allein im vergangenen Jahr bestellten Kunden ausländische Waren im Wert von einer Billion Dollar. Und es könnte weit mehr sein. Denn 6 von 10 befragten Chinesen gaben an, aufgrund der langen Wartezeiten lieber nationale Anbieter zu nutzen.

In einer Befragung der Handelskammer unter seinen Mitgliedern in China gaben zwei Drittel der befragten Firmen zudem im Herbst dieses Jahres an, dass die langsame grenzüberschreitede Internetgeschwindigkeit und der beschränkte Zugang zum Internet zunehmend „unternehmerische Hürden“ seien. Ein sprunghafter Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren, wie es in der Studie heißt.

Das chinesische Internet wird dadurch immer mehr zu einem Intranet, das man weder verlassen noch von außen betreten kann. Das hat auch Einfluss auf Firmen vor Ort. Innovation ist nur noch möglich, wenn es den Segen der Regierung bekommt. Ein Dienst mit Standorten in China und im Ausland: Das ist für immer weniger Firmen vorstellbar. Die junge und gut ausgebildete Gründerszene in China, sie muss sich immer häufiger für eine Seite der staatlichen Firewall entscheiden. Globale Vernetzung gehört in China der Vergangenheit an.

Und im Februar könnte es noch schlimmer kommen. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete, könnten im Februar VPNs komplett verboten werden. Die Netzwerke helfen Nutzern, die Blockade von ausländischen Seiten zu umgehen. Apple hat bereits vor einigen Wochen auf Druck aus Peking erste VPN-Anbieter aus seinem Store gelöscht.

Für deutsche Firmen wäre das der Super-GAU. Einerseits wäre dann die digitale Kommunikation mit den Mutterhäusern kaum mehr möglich. Das heißt verschlüsselte Kanäle, die schwerer zu hacken sind. Dazu fürchten sich viele Firmen davor, dann keine Fachkräfte mehr nach China locken zu können. Facebook und sein Messenger sind seit Jahren geblockt, WhatsApp seit einigen Wochen auch. Auch Instagram, Snapchat, Youtube, und Netflix sind nicht zu erreichen. Außerdem Mailprogramme wie beispielsweise Google Mail und Clouddienste wie Dropbox funktionieren nicht ohne VPNs.

Skype wurde vor ein paar Wochen aus den meisten Appstores entfernt. „Wie sollen wir noch Arbeitnehmer hierher bekommen, wenn diese keinen Kontakt mehr nach Hause haben können?“, fragt ein deutscher Unternehmer im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. Schon heute lassen sich die meisten Dienste selbst mit VPN nur noch eingeschränkt nutzen. Youtube- und Facebook-Videos laufen beispielsweise meist nur ruckelnd, Telefonate übers Internet werden häufig abgebrochen.

Immer mehr Unternehmen scheinen Peking inzwischen den Schritt zuzutrauen, alle VPNs zu verbieten. Auch der deutsche Botschafter Michael Clauss in Peking kritisierte zuletzt die zunehmenden Beschränkungen im Internet scharf. Diese würden Anlass zu Zweifeln an der Reformwilligkeit der chinesischen Regierung geben würden, so der Diplomat.

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