Zypern Kleine EU-Republik mit großen Problemen

Die griechischen Zyprer wählen einen neuen Präsidenten. Dieser wird sich vor allem der Dauerkrise mit dem türkisch besetzten Teil des EU-Landes widmen müssen. Demoskopen sind sich sicher: Es wird eine Stichwahl geben.

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Nikosia Die Republik Zypern wählt an diesem Sonntag einen neuen Präsidenten, wobei alles für eine zweite Runde am 4. Februar spricht. Der vom Volk gewählte Präsident bestimmt die Regierung. Eigentlich ein völlig normales Prozedere. Auf Zypern ist es jedoch eine komplexe Angelegenheit: Die ganze Insel ist seit 2004 EU-Mitglied. Das EU-Recht gilt aber nicht im seit 1974 von türkischen Truppen besetzen Nordteil der Insel.

Die Türkische Republik Nordzypern (KKTC) wird nur von der Türkei anerkannt. Gewählt wird deswegen nur im griechisch-zyprischen Süden, dessen Regierung aber international als die legale Vertretung der Republik Zypern anerkannt ist.

Zahleiche Uno-Vermittlungsbemühungen zur Überwindung der Teilung scheiterten kläglich, zuletzt im Juli 2017. Die Türkei signalisierte Bereitschaft, einen großen Teil ihrer rund 35.000 Soldaten aus dem Norden der Insel abzuziehen. Ein türkisches Kontingent solle jedoch für mehrere Jahre zur Sicherheit der türkischen Zyprer bleiben. Zudem will die Türkei Garantiemacht für Zypern bleiben.

Die griechischen Zyprer betonen hingegen, Garantiemächte und Besatzungstruppen hätten in einem EU-Land wie der Republik Zypern nichts zu suchen. Die Gespräche gerieten in die Sackgasse. Seitdem gibt es keine Verhandlungen mehr.

Umfragen zeigen: Es wird eine Stichwahl am 4. Februar nötig sein. Und dass sich nur drei der insgesamt neun Kandidaten Chancen ausrechnen können, bei dieser Stichwahl dabei zu sein. Es sind der amtierende konservative Präsident Nikos Anastasiades (71), der von den Kommunisten unterstützte Kandidat Stavros Malas (51) und der Vertreter der politischen Mitte, Nikolas Papadopoulos (44).

Anastasiades gilt als Favorit, da er Umfragen zufolge mindestens 35 Prozent der Stimmen bei der ersten Runde bekommen könnte. Die anderen beiden Kandidaten liefern sich ein Kopf-an-Kopf Rennen, um die Stichwahl zu erreichen. Sie sollen nach Umfragen jeweils rund 22 Prozent der Stimmen bekommen.

Anastasiades wirbt damit, er habe es geschafft, dass die Türkei bei den jüngsten Verhandlungen endlich sagte, was sie will. Nämlich für immer auf Zypern militärisch präsent zu sein. Nun wisse jeder, wer an der Nicht-Lösung schuldig sei. Im Falle einer Wiederwahl will er aber so bald wie möglich neue Gespräche aufnehmen.

Zudem verbucht Anastasiades einen finanziellen Erfolg: Zypern kam in Rekordzeit aus einer schweren Finanz- und Bankenkrise im Jahr 2013 heraus. Die Arbeitslosigkeit sank von 16 Prozent im Jahr 2014 auf 10 Prozent Ende 2017. Zyperns Wirtschaft wächst.

Der von der kommunistischen Partei (AKEL) unterstützte Kandidat Malas wirft Anastasiades vor, bei den Zypernverhandlungen nicht den Mut gehabt zu haben, einer Lösung zuzustimmen, die den Realitäten auf Zypern entspreche. Ergebnis: Der Norden Zyperns werde zusehends „eine türkische Provinz“ und die eigentlich laizistischen und liberalen türkischen Zyprer würden „islamisiert“.

Papadopoulos dagegen will eine neue Politik zur Lösung der Zypernfrage. Analysten interpretieren ihn so: Wenn es keine Lösung nach den Vorstellungen der griechischen Zyprer gibt, dann soll Zypern so bleiben, wie es ist. Die griechischen Zyprer sollen dann weiter ganz Zypern vertreten. Anastasiades und Malas warnen einstimmig: Diese Politik führe direkt zur endgültigen Teilung Zyperns. Mit ersten aussagekräftigen Hochrechnungen wird am Sonntagabend gegen 19 Uhr MEZ gerechnet.

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