40. Geburtstag von Philipp Rösler Herzlich hinterfotzig

Beim 40. Geburtstag von Wirtschaftsminister Philipp Rösler verbinden sich Groll und Gratulation zu kunstvollen Anspielungen.

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Rösler Merkel Quelle: dpa

Ein echtes Spitzentreffen war der 40. Geburtstag des FDP-Vorsitzenden und Bundeswirtschaftsministers Philipp Rösler: Partei- und Fraktionsspitzen aus der eigenen Partei, aber auch von Union und SPD, dazu der Spitzenkandidat der Liberalen und etliche weitere Spitzenpolitiker. Vor allem aber: jede Menge Spitzen in den Reden.

Hinter den teils fröhlichen, teils herzlichen Worten versteckten die Gratulanten ebenso wie der junge Jubilar teils humorvolle, teils hinterfotzige Attacken auf Freund und Feind. So lobte Bundeskanzlerin Angela Merkel, eine begnadete und über Parteigrenzen hinweg erprobte Gratulationsrednerin, einerseits Rösler als „im besten Sinne liebenswerten Menschen“. Andererseits weiß jeder, dass ein liebenswerter Politiker vielleicht nicht den harten Bandagen gewachsen ist, mit denen in der Politik gekämpft wird. Dann wieder fügte sie durchaus herzlich ein, in den Koalitionsverhandlungen, in denen sie den jungen Niedersachsen kennen lernte, sei sie „begeistert gewesen.

Die Kanzlerin erinnerte an Röslers Ankündigung, mit 45 Jahren aus der Politik auszusteigen und stellte noch fünf gemeinsame Jahre in der schwarz-gelben Koalition in Aussicht, warb aber nicht für einen Ausstieg Röslers aus dem eigenen Ausstieg. Vielmehr zitierte sie seinen damaligen Ausspruch, man müsse „den Tiger reiten, ohne sich von ihm fressen zu lassen“. Dabei sei doch das Leben als Parteivorsitzender „manchmal hart“.

Bisweilen, das ließ die Kanzlerin durchblicken, gehe ihr und den anderen Unionsleuten der Liberale ganz schön auf den Wecker. „Er ist jünger und manchmal kesser.“ Er mache hie und da merkwürdige Vorschläge und vorlaute Sprüche. Immerhin hatte Rösler zu Anfang seiner Arbeit in der schwarz-gelben Regierung gelästert, es gebe Merkel als Barbiepuppe – und das teure daran seien die vielen Hosenanzüge. Nachdem er Joachim Gauck gegen Merkels Willen als Bundespräsidenten durchgesetzt hatte, hatte er die CDU-Vorsitzende mit einem Frosch verglichen, den man langsam auf der Herdplatte erwärmt. Bis der merkt, dass es gefährlich heiß wird, ist es für ihn zu spät zu flüchten.

Jedenfalls wünschte Merkel „Glück in der Familie und Spaß mit uns, Deinen Kollegen im Bundeskabinett.“ Und wenn es mal keinen Spaß mache, dann liege das bestimmt „an der noch mangelnden Flexibilität des jungen Kollegen und nicht an der Erfahrung der Älteren“. Nach ihrer Rede klopfte Merkel dem artig aufgestandenen Rösler für alle sichtbar mehrmals anerkennend auf die Schulter, so wie die Tante dem erfolgreichen Abiturienten zur bestandenen Prüfung gratuliert.

"Indiskretionen gehören dazu"

Philipp Rösler Quelle: dpa

Rösler konterte den Hinweis auf mangelnde Flexibilität nicht schlagfertig mit der Vermutung, dass bei ihm das Rückgrat vielleicht noch funktioniere, während die CDU ihren Kurs noch deutlich schneller und an noch mehr Fronten korrigiert als die FDP. Dafür revanchierte er sich mit einer Erzählung aus dem morgendlichen Koalitionsgespräch, wo die FDP „sehr erfolgreich“ abgeschnitten hätte.

Das hätte er zusammen mit dem neu installierten Spitzenmann Rainer Brüderle hingekriegt: „Wir haben das alte Spiel gespielt: guter Bube, böser Bube.“ Fehlte nur der hämische Zusatz: Und die Deppen von der Union sind auf den alten Trick auch noch reingefallen. Man dürfe eben „die Entschlossenheit und den Kampfeswillen der Freien Demokratischen Partei nie unterschätzen“.

Rösler freute sich, dass alle Gratulanten als „echte Gäste“ da seien, „nicht als Leihgäste“. Nicht von Gnaden der Union also, sondern aus eigenem Recht des Geburtstagsjugendlichen waren immerhin 1100 Besucher in die luxuriöse Oldtimergarage Classic Remise gekommen. Den Ort hatte die Partei nicht nur gewählt, weil Rösler privat ein Fan historischer Autos ist und einen über 20 Jahre alten Mini fährt; sondern auch, weil er an dieser Stelle vor genau zehn Jahren seine erste Rede auf dem politischen Parkett Berlins gehalten hatte.

Die Kanzlerin, die Rösler trotz Kritik aus den eigenen Reihen „meine Chefin“ nennt, sei auch „eine der wenigen hier im Saal, die nicht Vorsitzende der FDP werden möchte“ – ein dezenter Hinweis auf die vielen Neider und Intriganten unter den Freidemokraten. Dass Rösler auch rabiat kann, hatte zuletzt der Fraktionschef Rainer Brüderle zu spüren bekommen, dem der Parteivorsitzende vor versammelter Präsidiumsmannschaft anbot, die Nachfolge anzutreten.

Weil Brüderle kniff, steht Rösler nun vorerst unangefochten da. Brüderle wiederum erinnerte in seiner Ansprache, die nicht Brüderles übliche Launigkeit widerspiegelte, sicherheitshalber noch einmal daran, dass die Arbeitsteilung im Wahlkampf zwischen den beiden festgelegt sei: Rösler sei der Mannschaftskapitän, und er, Brüderle, sei die Sturmspitze. Und die Helden, das sind bekanntlich die Torschützen.

Normalerweise, das hatte gleich zu Beginn FDP-Generalsekretär Patrick Döring in seiner Begrüßung verraten, sei Rösler „ein verlässlicher Freund“. Wenn der erst mal jemanden in sein Herz geschlossen habe, „dann muss schon viel passieren, dass sich das ändert – Indiskretionen gehören dazu“.

Man konnte beinahe sehen, wie jeder Gast taxierte, wer da alles gemeint gewesen sein könnte. Denn wenn es danach geht, können sich im Herzen des Vorsitzenden nicht viele Führungsleute der Liberalen eingenistet haben.

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