Abenteuerliche Finanzpolsterbildung Die Intransparenz der IHK-Transparenzoffensive

Seite 3/5

Eine Rücklage, um Rücklagen auflösen zu können

Der Konzern IG Metall
1. Die Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH (Feho) verwaltet das Milliardenvermögen der IG Metall und sorgt für ausreichende Liquidität bei Streiks. Die Feho legt über ein Cash-Pooling-Verfahren auch das Geld der rund 160 IG-Metall-Verwaltungstellen an.Quelle: IG Metall, eigene Recherchen Quelle: dpa
2. Zur Treuhandverwaltung Igemet GmbH gehören gleich vier verschiedene Gesellschaften. Die erste ist die Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH (GVG). Sie ist zu 100 Prozent im Besitz der IG Metall und zuständig für das Immobilienmanagement der Gewerkschaft, die insgesamt 107 Immobilien an 86 Standorten besitzt. Einen Anteil von 50 Prozent hält die IG Metall an der ... Quelle: dpa
BG-Objektverwaltungsgesellschaft mbH (BGO). Sie besitzt und verwaltet 3000 Quadratmeter Fläche im Internationalen Gewerkschaftshaus ITUH in Brüssel. Quelle: dpa
Gesellschaft Nummer drei im Reich der Treuhandverwaltung ist die Beteiligungsgesellschaft der Gewerkschaften AG (BGAG). Die IG Metall hält an ihr einen Anteil von 30,5 Prozent. Nach dem Desaster um die Gemeinwirtschaft ist die BGAG nicht mehr operativ tätig, sondern nur noch eine Pensionskasse für ehemalige Mitarbeiter. Quelle: dpa
Die vierte Beteiligung unter der Treuhandverwaltung Igemet ist zugleich die kleinste. Die IG Metall hält 1,18 Prozent an der Nachrichtenagentur dpa. Zu sehen ist der Hauptsitz der Agentur in Hamburg. Quelle: dpa
3. Zur Metall-Beteiligungs-Gesellschaft (MBG) gehört die 100-prozentige Tochter Servicegesellschaft mbH. Sie ist zuständig für Mitgliederrabatte und Firmenkooperationen. Einen Anteil von 25 Prozent halt die MBG am... Quelle: dpa
Bund Verlag. Einem Fachverlag für Arbeits- und Sozialrecht. Darüber hinaus gehören zum Komplex der Metall-Beteiligungsgesellschaft noch zwei GmbHs. Nämlich... Quelle: dpa

So weit der Plan. Eine Analyse der Kammerbilanzen offenbart, dass viele dem Ziel zwar auf dem Papier nahekommen, faktisch aber kaum etwas an ihrer Rücklagenpolitik ändern. Anstatt ihr Finanzpolster wirklich abzubauen, benennen sie Bilanzposten um. So fällt auf, dass in den Bilanzen vieler Kammern, unter anderem in Bremen, Nürnberg, Essen, Dresden und Passau, im jüngsten Bilanzjahr 2012 der Posten „Nettoposition“ deutlich gewachsen ist. Das ist verwunderlich, denn dieser Posten darf, Zitat IHK Köln, „nicht größer sein als das zur Erfüllung der Aufgaben der IHK notwendige unbewegliche Sachanlagevermögen“. Er betrifft also vor allem Gebäude – eine Position, die außer nach größeren Baumaßnahmen nicht wächst. Erklären lässt sich die Aufstockung daher meist aus dem Vergleich mit anderen Bilanzgrößen: So stark wie die – ab 2018 verbotene – Liquiditätsrücklage sinkt, steigt die Nettoposition. Die Kammern, die diesen Passivtausch vorgenommen haben, finden dafür zum Teil abenteuerliche Begründungen. Beispiel Essen, plötzliches Wachstum der Nettoposition auf Kosten des Ergebnisvortrags: 4,6 Millionen Euro. Ein Gebäude sei abgeschrieben, da habe man beschlossen, „die Nettoposition an den Wiederherstellungswert anzupassen“. Oder ganz simpel, Nürnberg: „Die Vollversammlung hat beschlossen, die Nettoposition auf die Höhe eines Jahresetats aufzustocken.“ Andere Kammern haben gleich ganz neue Bilanzposten erfunden, um den Rücklagenabbau zu verhindern und Zweckbindung vorzugaukeln: In Saarbrücken heißt der „Rücklage Wirtschaftsförderung und Standortaufwertung“. Elegant auch die „Beitragssenkungsrücklage“ der IHK Mainz. Eine Rücklage, um Rücklagen auflösen zu können – darauf muss man erst mal kommen!

Fragt man den Münsteraner IHK-Mann Schulte-Uebbing nach dem lahmenden Abbau der Rücklagen, gibt er wie viele Kammervertreter auf fast jede Frage eine wie folgt zweigeteilte Antwort: „Ich kann da nur für unsere Kammer sprechen.“ Und: „Wenn Sie in unseren aktuellen Wirtschaftsplan schauen, sehen Sie, dass wir die Rücklagen gerade stark zurückfahren.“ Beides stimmt, irgendwie. Die 80 Industrie- und Handelskammern sind höchst unterschiedlich, in Größe, Aufgabenspektrum und Finanzierung. Aber der Verweis auf diese Unterschiede dient auch dem Schutz der Organisation: Da sich Einzelkritik schlecht verallgemeinern lässt, werden grundsätzliche Vorwürfe gegen die Kammern per se für haltlos erklärt. Ähnliches gilt für den Verweis auf die Zukunft: Es stimmt, dass sich in den Wirtschaftsplänen der meisten Kammern das Ziel findet, die Rücklagen zu reduzieren. Schaut man aber in die Wirtschaftspläne bereits bilanzierter Jahre, finden sich auch da ähnliche Formulierungen. Stattgefunden aber hat der Rücklagenabbau nur selten.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%