Abgelehnte Asylbewerber Migrationsforscher fordern bundesweite Rückkehrberatung

Pünktlich zur Verschärfung der Abschieberegelungen durch den Bundestag kritisiert eine Studie von Migrationsforschern die Schwachstellen der freiwilligen Rückkehrpolitik. 

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Abgelehnte-Asylbewerber Quelle: dpa

Für abgelehnte Asylbewerber ist die Abschiebung nicht die Regel. Sie sollen grundsätzlich erst die Chance erhalten, freiwillig auszureisen. Das ist politisch weitgehend Konsens.

Doch die Chancen auf eine Rückkehrberatung und finanzielle Unterstützung bei der Ausreise sind je nach Bundesland sehr unterschiedlich, wie eine Studie vom Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) zeigt: während Länder wie Bremen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen in der Statistik deutlich mehr geförderte Ausreisen aufweisen als Abschiebungen, setzen andere Bundesländer eher auf restriktive Maßnahmen.

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Sowohl nach EU-Recht als auch nach dem deutschen Aufenthaltsgesetz sollen vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer möglichst ohne Zwang ausreisen. Doch die Potenziale der Rückkehrförderung werden bislang nicht ausreichend genutzt. „Gegenwärtig wird der freiwilligen geförderten Ausreise weder konzeptionell noch in der Vollzugspraxis der Länder ein klarer Vorrang vor der Abschiebung eingeräumt.

Es fehlt zudem in den meisten Bundesländern an Informationen und Beratungsangeboten für Ausreisepflichtige. Infolgedessen werden abgelehnte Asylbewerber bei der Aufenthaltsbeendigung ungleich behandelt“, sagte Jan Schneider, Leiter des SVR-Forschungsbereichs und Co-Autor bei der Vorstellung der Studie „Rückkehrpolitik in Deutschland. Wege zur Stärkung der geförderten Ausreise“.

“Ob ein abgelehnter Asylbewerber eine Beratung oder eine finanzielle Unterstützung für die Rückkehr erhält, darf nicht vom Zufall abhängen“, sagte Schneider. Wenn Bund und Länder konsequent auf Beratung und Rückkehrförderung setzen, könne dies wesentlich mehr Menschen die Ausreise ohne unmittelbaren Zwang ermöglichen. Abschiebungen bedeuteten nicht nur besondere Härten für die Betroffenen, sondern auch einen höheren Aufwand für die Behörden. „Das Beispiel Rheinland-Pfalz zeigt, dass eine klare politische Vorgabe zugunsten der geförderten Ausreise, ein gut strukturierter Beratungsprozess und zusätzliche Landesfördermittel zielführend sind“, sagte Schneider.

EU-Staaten sind nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht verpflichtet, Asylbewerbern ein Visum zur legalen Einreise auszustellen.

Bundesweit fehlten allerdings, so Schneider, noch die strukturellen Voraussetzungen für eine konsequente Priorisierung der geförderten Ausreise, auch wenn sich Bund und Länder im Februar in einem 15-Punkte-Plan für deren Stärkung ausgesprochen haben. „Das fängt bei der fehlenden Information und Beratung der Asylbewerber an“, sagte Schneider. Informationsvermittlung und Beratung hingen von sehr uneinheitlichen konzeptionellen und finanziellen Vorgaben der Landesregierungen ab, ebenso von der Personalausstattung und der Prioritätensetzung der Behörden vor Ort. Dies führe dazu, dass es in Ausländerbehörden zum Teil keine klare Vorstellung über die Zuständigkeit, den Zeitpunkt und den genauen Ablauf einer Rückkehrberatung gebe.

Der SVR empfiehlt einen mehrstufigen Prozess der Rückkehrberatung, die frühzeitig ansetzt. Flächendeckend sollten die zuständigen Ausländerbehörden während des laufenden Asylverfahrens Informations- und Beratungsangebote machen. Zur Sicherstellung einer flächendeckenden Beratungsstruktur sollte die Rückkehrberatung bundesgesetzlich verankert werden.

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