Abstimmung über sichere Herkunftsländer Grüne erwarten Scheitern, Gabriel mahnt zu Zustimmung

Nächste Woche stimmt der Bundesrat über die Einstufung der Maghreb-Länder als „sichere Herkunftsstaaten“ ab. Für Asylbewerber aus diesen Ländern hat das weitreichende Folgen. Schon jetzt sorgt die Abstimmung für Zoff.

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Der baden-württembergische Ministerpräsident (Grüne) gehört zu den Skeptikern, was die Einstufung der Maghreb-Staaten als „sichere Herkunftsländer“ betrifft. Quelle: dpa

Berlin SPD-Chef Sigmar Gabriel hat die Bundesländer davor gewarnt, die Einstufung von Algerien, Tunesien und Marokko als sichere Herkunftsländer zu blockieren. „Natürlich hoffe ich, dass auch der Bundesrat dem Gesetz zustimmt“, sagte Gabriel den Zeitungen der „Funke“-Mediengruppe vom Samstag. Eine solche Einstufung heiße nicht, dass das Recht auf Asyl für Menschen aus diesen Staaten wegfalle, betonte der Vizekanzler. „Nur müssen die Betroffenen belegen, dass sie wirklich politisch verfolgt werden“, sagte er.

Die Anerkennungsquote für Asylbewerber aus den drei Maghreb-Staaten sei schon jetzt äußerst gering, zum Teil liege sie unter einem Prozent, sagte Gabriel. Dass die Grünen das Gesetz in der Länderkammer möglicherweise blockieren wollten, könne er nicht nachvollziehen.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer griff die Vorbehalte der Grünen scharf an. „Wenn die Grünen nicht für die Einstufung von Marokko, Tunesien und Algerien als sichere Herkunftsstaaten stimmen, dann machen sie sich zum Gehilfen für massenhaften Asylmissbrauch“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“.

Die Grünen im Bund rechnen damit, dass die Einstufung von Algerien, Tunesien und Marokko als sichere Herkunftsstaaten scheitern wird. „Dafür gibt es nach jetzigem Stand im Bundesrat keine Mehrheit“, sagte der Politische Bundesgeschäftsführer Michael Kellner dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Samstag). „Ich halte das auch für ein gutes Signal.“ Denn in den Maghreb-Staaten würden Menschen unter anderem wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt. „Deshalb können sie nach menschenrechtlichen Standards keine sicheren Herkunftsstaaten sein.“

Die Bundesregierung will Algerien, Marokko und Tunesien per Gesetz als „sicher“ einstufen, um Asylbewerber von dort schneller in ihre Heimat zurückschicken zu können. Der Bundestag hat das Vorhaben bereits gebilligt. Am kommenden Freitag stimmt der Bundesrat darüber ab. Dort sind Union und SPD auf die Stimmen von mindestens drei der zehn Länder mit grüner Regierungsbeteiligung angewiesen. Mehrere dieser Länder haben aber bereits ein Nein oder eine Enthaltung in Aussicht gestellt. Damit steht das Vorhaben auf der Kippe.

In Baden-Württemberg ist deshalb bereits ein Koalitionsstreit entbrannt. Grüne und CDU haben in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, dass die Landesregierung die Neuregelung unterstützen wird, „falls die entsprechenden hohen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen“. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat aber weiter Vorbehalte dagegen.

Innenminister Thomas Strobl (CDU) rief Kretschmann noch einmal auf, sich an die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zu halten. „Ich halte Verlässlichkeit für ein hohes Gut in der Politik. Ich gehe davon aus, Herr Kretschmann sieht das genauso“, sagte der CDU-Politiker der „Heilbronner Stimme“ und dem „Mannheimer Morgen“ (Samstag). Seit den grün-schwarzen Koalitionsverhandlungen habe sich die Menschenrechtslage in den Maghreb-Staaten nicht verändert.

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